Wittichenau. Heut ist Christus von den Toten auferstanden und hat alle bösen Mächte besiegt“, hallte es am Ostermorgen weithin durch die Wittichenauer Straßen. Allerdings auf Sorbisch: „Dens Chrystus z mortwych stany je a poby je wš mocy ze“. An diesem Ostersonntag verkündeten genau 367 Kreuzreiter in der deutsch-sorbischen Prozession die Botschaft der Auferstehung Jesu Christi, in dem sie diese wie seit Jahrhunderten in die Nachbarpfarrei Ralbitz trugen. Während die Ralbitzer wiederum sich auf den Weg nach Wittichenau machten. Es hat auch schon Prozessionen mit 400 und mehr Reitern gegeben. Leider konnten sich diesmal etwa 50 Männer kein Pferd organisieren, da viele Besitzer Angst vor der neuen Pferdeseuche hatten und ihre Tiere nicht hergeben wollten.
Es war die bereits 479. Prozession von Wittichenau nach Ralbitz. Zuvor, also vor der Reformation, hatte es ähnliche Reiterprozessionen noch ins näher gelegene Hoyerswerda gegeben. Die Kreuzeiterzüge sind hierzulande der Höhepunkt der österlichen Liturgie. Die Zeit vor Ostern wird in den katholischen Kirchgemeinden besonders intensiv gelebt. Umkehr, Enthaltsamkeit und Gebet prägen die Fastenzeit seit Aschermittwoch. Und bereits Gründonnerstag beginnt dann in den Familien die eigentliche Osterzeit. In der Wittichenauer Pfarrkirche feiert man zur Heiligen Messe Jesu letztes Abendmahl. Karfreitag gilt als stiller, gebotener Fasten- und Enthaltsamkeitstag, und am Karsonnabend werden die Pferde sorgsam vorbereitet. Besonders aufwendig ist das Zopfflechten für die gestickten Schweifschleifen. Schweif und Mähne werden zuvor gewaschen, das Fell wird gebürstet und gestriegelt. Auch bei Matthias und Andreas Schweda aus Sollschwitz werden pro Pferd etwa zwei Stunden benötigt. Helene Nasdala, die aus Hoyerswerda kommt und Tierärztin werden will und Laura Schweda halfen beim Flechten und beim Führen von insgesamt sieben Pferden mit. Und Karsonnabend ist auch die Zeit des Einreitens. In diesem Jahr war dies besonders angenehm, weil das Wetter großartig mitspielte. Kaum einer im Pulk konnte sich erinnern, schon einmal bei so viel Baumgrün geritten zu sein. „Die Natur ist so weit wie sonst nie“, hörte man öfter.
Am Ostersonntag schließlich hieß es früh raus. Um 5 Uhr morgens feierten die Osterreiter Heilige Messe in der Wittichenauer Pfarrkirche. Dort erhielten die Kreuzreiter die Aufgabe, die Auferstehung zu verkünden und in die Dörfer zu tragen. Beim Gottesdienst wurden auch jene Reiter geehrt, die zum 25. oder zum 50. Mal dabei sind. Auch neue Fahnen wurden geweiht, die von Familien gestiftet werden. Nach einem kräftigen Frühstück und dem Satteln der Pferde wurden schließlich die Männer und Söhne ausgesegnet. Als Botschafter: „Heut ist Christus von den Toten auferstanden und hat alle bösen Mächte besiegt“.
In diesem Jahr waren zwischen Wittichenau und Ostritz mehr als 1550 Reiter unterwegs – von fast 50 000 Besuchern miterlebt. Nichts trübte die Osterfreude.