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Die Hobby-Schnaps-Brennerin

Susann Lindner kreiert in der Familienbrennerei Hochprozentiges für Genießer. Jetzt sogar mit Meistertitel.

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© Steffen Unger

Von Hans Leonhardt

Stolz sitzen Susann Lindner und ihr Vater Steffen Lindner in der rustikal eingerichteten Brennerei und das ist auch kein Wunder. Schließlich haben beide vor Kurzem ihren Abschluss als landwirtschaftliche Brennmeister gemacht. Susann ist damit sogar die erste Frau in Sachsen.

Doch wie kommt man als junge Frau dazu, Brennmeisterin zu werden? Für Susann Lindner ist das ganz selbstverständlich. „Das Brennen war schon immer Familiensache, man wächst einfach mit dem Ganzen“. Schon seit mehreren Jahren betreibt die Familie ihre Brennerei in Neukirch. Die Idee dafür kam ganz spontan. Im Urlaub in Österreich entdeckten Steffen Lindner, der eine Fliesenlegerfirma besitzt, und seine Frau Ramona ihre Begeisterung für Apfelmost. Wenig später stand die erste eigene Mostpresse im Hof. Im Herbst veranstalteten die Lindners ein Mostfest und wünschten sich Äpfel aus den eigenen Gärten der Gäste. Stolze 600 Liter Most waren das Ergebnis des Abends. Das war für Steffen Lindner der Anstoß, es mit Schnaps zu versuchen. Seitdem zieht die ganze Familie an einem Strang, wenn es ums Brennen geht. Ziel ist es, immer bessere Produkte herzustellen. Tochter Susann kam während ihres Studiums der Lebensmittelchemie wieder mit dem Thema in Berührung. Nachdem ihr Vater den Facharbeiter als Brenner absolviert hatte, beschlossen beide gemeinsam die Meisterausbildung in Angriff zu nehmen.

Von Mikrobiologie bis Betriebswirtschaft

Anderthalb Jahre lang ging es für Susann nun einmal im Monat neben der Arbeit in Dresden nach Baden-Württemberg und Bayern zum Unterricht. Von Donnerstag bis Samstag lernten die 20 Teilnehmer des Kurses allerhand neues über die Kunst des Brennens. Dabei standen verschiedene Themen von der Mikrobiologie bis hin zur Betriebswirtschaft auf dem Plan. In den letzten Monaten musste dann noch das Meisterstück angefertigt werden. Susann Lindner entschied sich für einen Kürbisbrand. Daran hatte sich die Familie schon einmal mit mäßigem Erfolg versucht. Ihr Anspruch war es diesmal, verschiedene Herstellungsverfahren zu testen und in ihrer Meisterarbeit zu dokumentieren. Dass sie dabei erfolgreich war, beweist nicht nur ihr Meisterbrief, sondern auch die Silbermedaille, die ihr Brand auf der Destillata, einer internationalen Spirituosenmesse in Österreich, gewann.

Doch damit gibt sich die ehrgeizige Susann Lindner noch lange nicht zufrieden. Immer besser sollen ihre Brände werden und da hilft nur ständige Weiterbildung. Der nächste Schritt soll nun die Ausbildung zum Edelbrand-Sommelier in Bayern oder Österreich sein. Dort werden vor allem Geruchs- und Geschmackssinn geschult, um Produkte in Zukunft noch besser einschätzen zu können.

Im Winter herrscht Hochbetrieb

In der heimischen Brennerei in Neukirch gibt es jetzt im Sommer nicht viel zu tun. Im Winter herrscht jedoch Hochbetrieb. Dann kommt Susann Lindner jedes Wochenende von Dresden, wo sie als Gutachterin in der Lebensmittelüberwachung arbeitet, zurück in die Heimat zum Brennen. Manchmal müssen auch Freunde mit anpacken, wie im vergangenen Oktober, als 480 Kilogramm Kürbis darauf gewartet haben, verarbeitet zu werden.

Doch die Arbeit zahlt sich aus. Insgesamt vier Silber- und drei Bronzemedaillen gewannen die Brände aus dem Hause Lindner auf der diesjährigen Destillata. Das ist natürlich auch ein zusätzlicher Ansporn für die Familie. Auf der Suche nach immer neuen Sorten entstehen auch durchaus ungewöhnliche Spirituosen aus Sauerkraut, Knoblauch oder Senfkörnern. Viele Brände, Geiste und Liköre kann man in der Brennerei kaufen, und wer schon immer mal einen Blick hinter die Kulissen werfen wollte, kann sich in Neukirch für einen Brennabend oder eine Verkostung anmelden. Das Auto sollte dann aber lieber zu Hause bleiben.

Brennerei Schusterliebsbrand: Bautzener Straße 22b in 01904 Neukirch; Telefon: 035951 35603