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Die Juristin für den Chefposten

Barbara Lüke will aus der Aufbaubank in Dresden ins Pulsnitzer Rathaus wechseln. Dort will sie auch ihre Verwaltungserfahrung ausspielen.

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© Matthias Schumann

Von Reiner Hanke

Pulsnitz. Die letzten Schneeflecken tauen gerade im Garten von Barbara Lüke in Pulsnitz. Bis sie dort wieder pflanzen und häckeln kann, wird die Bürgermeisterwahl in Pulsnitz vorbei sei. Vielleicht bleibt dann nur noch wenig Zeit fürs Hobby. Denn sie gehört zu den Kandidaten für den Rathauschef. Ein Job, der voll fordert. „Wir sind hier fast so etwas wie Selbstversorger“, sagt Barbara Lüke während des Gesprächs am wuchtigen Holztisch im Obergeschoss des Hauses. Ein Fenster gibt den Blick in den Garten frei. Dort wächst bald alles, was man braucht: vom Spinat über Zucchini bis Bohnen, zählt Barbara Lüke auf. Es ist still im Haus an dem Morgen. Die neunjährige Tochter Dianah lernt längst in der Grundschule in Oberlichtenau. Ehemann und Jurist Wolfgang Lüke ist als Professor an der Technischen Universität Dresden schon im Dienst. An den Wänden hängen Porträts, Landschaftsbilder und ein Bild auf einen gigantischen Rangierbahnhof.

Ob die berufliche Laufbahn der Juristin in diesem Frühjahr neue Gleise nimmt, steht noch nicht fest. Der Vorsatz, sich kommunalpolitisch zu engagieren, schon. Der hat sich vor einem Jahr entwickelt. Sie habe die Demonstrationen in Dresden beobachtet und die Flüchtlingspolitik. Vor diesem Hintergrund habe sie nicht mehr Zuschauerin bleiben wollen: „Ich bin auch von Bürgern angesprochen worden und denke, gerade auf kommunaler Ebene lässt sich noch viel bewegen, was die Menschen ganz direkt berührt.“ Geboren ist die 48-Jährige in Hildesheim und arbeitete vor dem Wechsel im Jahr 2000 nach Sachsen für eine Bank in Frankfurt am Main. So kenne sie sich gut mit Förderverfahren und Stadtentwicklung aus. Damals siedelte sie auch komplett nach Sachsen um und zog zu ihrem Mann nach Pulsnitz. Barbara Lüke ist parteilos und tritt als Einzelkandidatin an. Sie habe sich bei allen großen Parteien als Kandidatin vorgestellt, um frühzeitig für eine gute Zusammenarbeit zu werben. Mittlerweile hat sich die CDU entschieden, sie zu unterstützen. Die Pulsnitzerin arbeitet bei der Sächsischen Aufbaubank seit vielen Jahren in leitender Position. Derzeit ruht die Tätigkeit wegen des Wahlkampfes. Sollte sie ins Rathaus einziehen, werde sie ihre ganze juristische und Verwaltungserfahrung für Pulsnitz in die Waagschale werfen, verspricht sie.

Auch mal unbequem sein

In den vielen Gesprächen mit Pulsnitzern habe sich ein großes Thema heraus kristallisiert: Das ist die Sicherheit. Es sind die Versäumnisse der Politiker in Land und Bund, die bis ins Lokale durchschlagen. Verloren gegangenes Vertrauen bei den Bürgern sei nicht so leicht zurückzugewinnen. Das Ergebnis seien Bürgerwehren, die Angst vor dem Zustrom der Asylbewerber und vor dem Verlust von Lebensqualität haben. Es fehle Vertrauen in den Staat, der Situation gewachsen zu sein. Ein Bürgermeister sei dem durchaus nicht ausgeliefert. Er müsse gegensteuern: „Ich denke, es ist wichtig, die Stimme zu erheben und unbequem zu sein.“ Sie sei es gewohnt in ihrem Job bei der Aufbaubank, mit solchen Situationen umzugehen: Nüchtern zu analysieren, Argumente zu sammeln und Lösungswege anzubieten, um Pulsnitzer Interessen bei den Verantwortlichen durchzusetzen. Ob das nun beim Kreis ist in Flüchtlingsfragen oder in der Polizeidirektion, wenn es um mehr Polizeipräsenz geht. Da helfen keine zwei Treffen: „Wir müssen das immer wieder deutlich machen.“

Eine Kommune dürfe sich aber nicht nur auf die gesetzlichen Aufgaben konzentrieren, sondern müsse für ein gutes Lebensgefühl sorgen. Dabei wird die Innenstadt ein weiteres Thema für Barbara Lüke sein. Besucherfreundlicher soll sie werden. Dafür müssten z. B. Hindernisse für Kinderwagen oder Rollatoren abgebaut und kostenlose Kurzzeitparkplätze eingerichtet werden. Wichtig sei, den Raum zwischen Markt und Schlossteich zu öffnen, um das Flanieren attraktiver zu machen. Außerdem stören sie einige Ruinen im Stadtbild. Sie sehe durchaus rechtliche Möglichkeiten, auf die Eigentümer Einfluss zu nehmen und wenn nötig, Druck auszuüben. Damit die Sanierung in Gang kommt, entweder mit Eigentümer oder mit Investoren. Sollte der Einzug ins Rathaus nicht klappen, dann werde sie wieder in ihren Job bei der Aufbaubank zurückkehren. Und es bleibt mehr Zeit für den Garten.