Bautzen
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Die Krötenretter

Die Zahl der Amphibien geht zurück. Zwei Guttauer engagieren sich deshalb ehrenamtlich.

Von Kerstin Fiedler
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Nur wenigen Fröschen mussten Christine und Christian Röder an diesem Morgen zwischen Guttau und Kleinsaubernitz über die Straße helfen, damit sie zu ihrem Laichgewässer kommen.
Nur wenigen Fröschen mussten Christine und Christian Röder an diesem Morgen zwischen Guttau und Kleinsaubernitz über die Straße helfen, damit sie zu ihrem Laichgewässer kommen. © SZ/Uwe Soeder

Guttau. Beinahe hätten sie die kleine Rotbauchunke übersehen. Denn die hatte sich unter einem Blatt im Eimer versteckt und ganz schnell ihre Abwehrhaltung eingenommen. Doch Christine Röder entgeht nichts. Erst holt sie die Blätter aus dem Eimer, dann ganz vorsichtig die geschützte Rotbauchunke. Christine Röder ist seit gut 14 Tagen gemeinsam mit ihrem Mann Christian an der Straße zwischen Guttau und Kleinsaubernitz unterwegs, um die Krötenschutzzäune zu kontrollieren und den Kröten, Fröschen, Molchen und Lurchen über die Straße zu helfen. Die Rentner machen dies ehrenamtlich.

Die kleinen grünen Zäune zwischen Guttau und Kleinsaubernitz gibt es seit zwei Jahren. Sie sind 1 460 Meter lang. Und diese Strecke gehen Christine und Christian Röder jeden Morgen gegen 7 Uhr ab – einmal hin, einmal zurück. Wobei es manchmal fast lebensbedrohlich ist, diese Straße zu kreuzen. Es gibt Fahrzeuge, die rasen, als ob es eine Autobahn ist. An diesem Tag in der vergangenen Woche konnten sie fast einen Unfall beobachten. Ein weißer Audi überholte trotz Sperrstreifen und bergan zwei Lkw vor der Kuppe. Röders konnten nur mit dem Kopf schütteln. Dabei weiß Christian Röder um die Sorgen der Lkw-Fahrer. Denn er war viele Jahre als Berufskraftfahrer unterwegs. Allein 13 Jahre als Fahrer für Sprengstofftransporte in Schweden. Nach der Wende arbeitete er in Frankfurt am Main, von wo aus er deutschlandweit unterwegs war.

Seit knapp 40 Jahren in Guttau

Röders leben erst seit 1981 in Guttau. Auch wenn das eine lange Zeit ist, sagen sie, dass es ein Zufall war, dort hinzuziehen. Kennengelernt haben sich die beiden in Bautzen. Er stammt zwar aus Aue, war zu seiner Dienstzeit bei der Armee aber in Bautzen stationiert. Sie stammt aus Prischwitz, hat Bauwesen studiert. Und zu der Zeit waren Wohnungen knapp. „Wir sind dann irgendwann über die Dörfer gefahren und haben gefragt, wo wir ein Haus bauen können. Denn mittlerweile hatten Röders zwei Kinder. Und so kamen sie nach Guttau. Christian Röder war jedoch nicht nur Berufskraftfahrer. Er hatte Forstfacharbeiter gelernt, später war er Besamungstechniker. Christine Röder hat 20 Jahre in Bautzen im Tiefbau als Bauleiterin gearbeitet, bevor sie dann bis zur Rente in der Bauverwaltung der Stadt Bautzen war. Ihre Projekte waren unter anderem die Herrenteichsiedlung oder Auritz. Einfach hatten sie es nie, sagen beide, wollen aber nicht jammern. Um Geld dazuzuverdienen, haben sie Tiere gehalten und später verkauft. Urlaub gab es selten. Den ersten an der Ostsee vergessen sie nicht. „Damals mussten wir die Kröten zusammenhalten, heute zählen wir sie“, sagt Christian Röder verschmitzt.

An diesem Morgen werden Röders von Annett Hertweck begleitet. Sie ist Geschäftsführerin des Fördervereins im Biosphärenreservat, der sich für den Amphibienschutz engagiert. Seit vielen Jahren werden Anfang März die Amphibienschutzzäune aufgestellt. Die bei Guttau erst seit Kurzem, nachdem Annett Hertweck beobachtet hat, dass über diese Straße viele Frösche in ihr Laichgewässer wechselten. Doch in den vergangenen Jahren verzeichnen die Naturschützer eine rückläufige Zahl der Tiere. So waren auch an diesem Morgen nur wenige Tiere über die Straße zu bringen. Insgesamt waren es vier, drei Knoblauchkröten und die Rotbauchunke.

Jeden Morgen, auch am Wochenende

Bei Röders hat sich eine Arbeitsteilung herausgestellt: Sie bückt sich, um Laub, Spinnen und Käfer aus den Eimern zu entfernen. „Manchmal ist es ein richtiges Käferbordell, wenn alle übereinandersitzen“, sagt sie lachend. Wenn sich ein Frosch eingefunden hat, nimmt sie ihn erst einmal in einen extra Eimer. Dann registriert ihr Mann den Fund und schreibt ihn ein. „Meine Frau lässt mich nicht an die Frösche“, sagt er schmunzelnd. „Ich würde mich nicht richtig verabschieden, wenn ich sie wieder aussetze“, lachen dann alle. Dass Christine und Christian Röder sich jeden Morgen auf den Weg machen – auch sonnabends und sonntags – das hat etwas mit ihrer Tierliebe zu tun und damit, dass sie auf ihrem Grundstück schon immer Frösche hatten. „Die haben sich im Herbst in unseren Kohlekeller begeben und kamen im Frühjahr kohlrabenschwarz wieder raus“, sagt Christine Röder. Zwei besonders große Frosch-Exemplare gibt es bei Röders im Bad – allerdings sind die aus Keramik. Damit sie auch wissen, um welche Gattung es sich bei den gefundenen Tieren handelt, hat Christian Röder ausgedruckte Bilder und eine Broschüre mit, oder aber die 67-Jährigen schauen später im Internet nach.

Für Annett Hertweck ist diese ehrenamtliche Hilfe unbezahlbar. „Wir haben ja insgesamt über 22 Kilometer solcher Zäune zu betreuen“, sagt sie. Derzeit bietet die Naturschutzstation Östliche Oberlausitz Führungen an den Krötenschutzzäunen an. Wer noch Straßenabschnitte kennt, an denen viele Amphibien wandern und noch keine Zäune stehen, kann dies melden.

Nächste Führungen: 13.4. Kreba/Trebus, 14.4. Kaschel, 20.4. Tschernske, 21.4. Zimpel, 28.4. Kaschel