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Die Künstlerin, die keine sein will

Die Pesterwitzer Keramikerin Annekathrin Gerloff erwartet zu Ostern wieder viele Neugierige. Ein Werkstattbesuch.

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Annekathrin Gerloff in ihrer Pesterwitzer Werkstatt. Jedes ihrer Exponate ist ein Unikat.
Annekathrin Gerloff in ihrer Pesterwitzer Werkstatt. Jedes ihrer Exponate ist ein Unikat. © Karl-Ludwig Oberthür

Wer das Grundstück von Annekathrin Gerloff in Pesterwitz betritt, wird von Keramik in die Arme genommen. Das Schaufenster an der Straße nach Freital wirbt mit Einzelstücken. Den Weg durch den Garten zur Kellerwerkstatt flankieren – einer Eskorte gleich – Kugeln mit Lurchen, Fröschen und Vögeln, liebevoll aus Ton geformt.

Die Keramikmeisterin betreibt ihre Töpferei seit 1993. Jedes Exponat – überwiegend als Gebrauchskeramik – ist ein Unikat: von Hand auf der Scheibe mit linkem Fuß gedreht, freundlich hell glasiert, im Dekor klassisch glatt, oft mit Hand filigran zugeschnitten oder gar mit zartem Weinlaub belegt – eine Verneigung vor Pesterwitz, wo der Wein sein Zuhause hat und jährlich zum Fest einlädt. „Eine Künstlerin bin ich nicht“, wiegelt Gerloff ab. Sie sei eine Handwerkerin, so die 53-Jährige. Sie hat in Kamenz und Bischofswerda ihren Beruf erlernt und in Meißen den Meisterbrief erworben.

Eine Gerloff-Spezialität ist die Durchbruchkeramik, die „sehr viel Fingerfertigkeit braucht“, betont die Meisterin, bei der die Farben Braun, Grün, Blau und Orange dominieren. Die Werkstatt gleicht einem Künstleratelier und ist zu einem Fixpunkt in Pesterwitz avanciert, vor allem zu Ostern, aber auch zu Weihnachten oder zum traditionellen Weinfest. „Selbstverständlich entsteht manches nach Kundenwunsch“, sagt Annekathrin Gerloff. Die Käufer und Auftraggeber kommen aus Freital und Umgebung, auch aus Dresden, „meist, um ein Geschenk für Geburtstage, Hochzeiten, Firmenjubiläen, für die Wohnung oder für den Garten zu bestellen“.

Die Keramik wird bei 1 140 Grad gebrannt. Doch bevor der Elektroofen bestückt werden kann, ist handwerkliches Können gefragt. „Der Ton wird mit Wasserzusatz auf der Töpferscheibe behutsam geformt, bevor jedes Teil eine Nacht luftgetrocknet wird“, gibt die Meisterin Einblick.

Danach werde mit einer Schlinge abgedreht. „Mittels Skalpell entstehen Muster aller Art – auch Weinlaub samt Trauben, die aus dem lederharten Ton ausgeschnitten werden“, schildert sie den Arbeitsvorgang. Mit einem Schwamm verputzt die Keramikmeisterin ihre Unikate, beseitigt Fingerspuren, Grate und Unebenheiten. Je nach Größe müssen die kleinen Kunstwerke danach bis zu drei Wochen an der Luft trocknen, erst dann erfolgt der Schrühbrand im Ofen.

Das Glasieren in einem Bottich mit in Wasser gelösten Metalloxyden sei Erfahrungssache, richte sich auch nach Farbgeschmack, Ton und Temperatur, ist zu erfahren, bevor der Glattbrand stattfindet“.

Die „Töpferei Pesterwitz“, so auf dem Logo mit TP und Weinlaub symbolisiert, verarbeitet jährlich zwei Tonnen Ton aus Thüringen. „Allerdings“, wirft Gerloff ein, „muss ich mich neu orientieren, denn das Material entspricht nicht mehr den Anforderungen.“ Und der Ton müsse rotbrennend sein. Die Keramikmeisterin braucht nur wenige Werkzeuge. Zwei Töpferscheiben aus Meißen, dazu eine Holzschiene und eine Abdrehschlinge. Für Wein- und Blumendekor, auch für Tiere, sei ein Skalpell nötig und Pinsel für feine Lasuren.

Ein Kuriosum und Hingucker zugleich: der fröhliche Keramik-Weingeist. Er sei Antwort auf Halloween, „denn Gespenster sollen keine Furcht, sondern Fröhlichkeit erregen“, folgert Annekathrin Gerloff. (P. Salzmann)

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