Von Eric Weser
Gröditz. Die Menschentraube fällt auf. Nicht nur wegen der knallroten Jacken und Helme. Sondern vor allem wegen des bekannten Gesichts in ihrer Mitte: Thomas de Maizière. Der deutsche CDU-Innenminister ist am Montag in seinem Wahlkreis unterwegs. Voriges Jahr um diese Zeit hatte er mit dem Glaubitzer Strahlmittel-Hersteller Ervin ein Stahlunternehmen besucht. Diesmal sind es Gröditzer Schmiedewerke.
Knapp 189 Millionen Euro hat der mit 717 Beschäftigten größte Gröditzer Arbeitgeber 2015 umgesetzt, erklärt die Werksleitung ihrem Gast. Rund 84 000 Tonnen Stahlprodukte seien vertrieben worden. Mehr als die Hälfte ihres Geschäfts mache man im Ausland, das Gros davon in China. De Maizière interessiert, wie die Produkte aus Gröditz dorthin kommen.
Die Bahn spiele kaum eine Rolle, so die Werksleitung. Zwar habe das Unternehmen eine Gleisanbindung. Für die Belieferung des Elektro-Stahlwerks mit Schrott sei die auch wichtig. Von den Produkten, die das Werk verlassen, gehen nach Schätzung von Vertriebs-Chef Andreas Scharf aber nur fünf bis zehn Prozent auf die Schiene. „Das Problem ist die geringe Flexibilität.“ Probleme entstünden immer dann, wenn die Fracht umgeladen werden müsse.
Für 60 Euro nach Shanghai
Das sei auch das Problem beim Riesaer Hafen und dessen Schiffsterminal. Nach dem hatte sich CDU-Landtagsabgeordneter Sebastian Fischer erkundigt, der mit in de Maizières Tross dabei war. „Wir befinden uns derzeit in Gesprächen, ob wir das Terminal nutzen“, so Schmiedewerk-Manager Scharf. Allerdings seien dabei eben Verladevorgänge vom Lkw aufs Schiff und in die andere Richtung nötig. „Für bestimmte Transporte könnte es Sinn machen, wir müssen das aber genau durchrechnen.“
Die Verschiffung der Schmiedeprodukte dagegen über die Weltmeere sei dagegen vergleichsweise einfach – und verhältnismäßig günstig. Rund 60 bis 70 Euro je Tonne koste der Frachttransport vom Hamburger Hafen ins Tausende Kilometer entfernte Shanghai. Die knapp 500 Straßenkilometer von Gröditz bis nach Hamburg schlügen dagegen mit 20 bis 25 Euro je Tonne zu Buche. Der Versand nach Portugal schlage mit 200 Euro die Tonne zu Buche. „Das muss man sich mal überlegen.“ Etwa 25 bis 30 pro Tag schicke das Gröditzer Werk täglich mit Produkten in Richtung A 14 los. Womit man wieder beim Thema B 169 sei, so Thomas de Maizière.
Doch der Minister vertieft das Thema nicht, denn es steht noch einiges auf dem Programm. Der Werksrundgang etwa. Es geht vorbei an einer 250 000-Euro-Schiffs-Motorwelle, einem Klassiker der Gröditzer Produktpalette. „Wir sind eine von vier Schmieden weltweit, die so etwas können“, sagt Werkschef Robert Kühn. In der Schmiede lässt sich de Maizière die gewaltige 6 000-Tonnen-Presse vorführen.
Später schaut er einer Werkstoffprüferin bei der Arbeit mit einem Ultraschall-Gerät über die Schulter. Danach zeigen die Gröditzer eine ihrer großen Investitionen: ein neues Ringwalzwerk, das aus Bochum nach Gröditz umgesetzt wird. Die Maschinen sollen die bestehende Gröditzer Ringproduktion erweitern, sodass größere Durchmesser produziert werden können. Die Ringe können an verschiedensten Stellen zum Einsatz kommen – von der Holzpelett-Herstellung, im Inneren von Windrädern, als Bahnräder. Im November soll es die neue Anlage ihren Betrieb aufnehmen.
Der vermutlich interessanteste Teil von de Maizières Besuch, er findet allerdings danach statt. Hinter verschlossenen Türen. Vielleicht kommt dabei auch die Umstrukturierung zur Sprache, die derzeit nicht nur Gröditzer Schmiedewerker, sondern auch andere Mitarbeiter im Konzern Georgsmarienhütte bewegt. Die Pläne seien im Frühjahr angekündigt worden, heißt es vom Betriebsrat. Einzelheiten würden derzeit beraten. Co-Werkschef Andreas Scharf sagte, dass die Maßnahmen nicht außergewöhnlich seien. Führen sie Personalabbau in Gröditz? „Nein, eigentlich nicht.“