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Die neue Masche der Autodiebe

Im Landkreis Bautzen verschwinden immer mehr Fahrzeuge – vor allem jene, die sich ohne Schlüssel öffnen lassen.

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© Steffen Unger

Von Marleen Hollenbach

Bautzen/Kamenz. Gerade noch hatte das Auto an der Steinstraße in Bautzen gestanden. Am Sonnabendmittag parkte der Besitzer das schwarze Fahrzeug dort. Als er aber am späten Sonntagabend weiterfahren wollte, fehlte von seinem Wagen jede Spur. Diesen Fall nahm die Polizei Anfang Januar auf. Es ist einer von vielen. Immer wieder melden die Beamten gestohlene Autos im Landkreis Bautzen. Vor allem auf VW, Skoda, Audi und BMW stehen die Diebe – und auf Fahrzeuge, mit einem besonderen System.

Wie die Polizeidirektion in Görlitz mitteilt, verschwinden jetzt im Landkreis Bautzen häufig Autos, die schlüssellos betrieben werden. Das sind Fahrzeuge, die sich von allein öffnen. Der Fahrer muss nur den Schlüssel bei sich tragen und sich so seinem Auto nähern. Wie viele Diebstähle tatsächlich diese Fahrzeuge betreffen, lässt sich aus der Kriminalstatistik der Polizei nicht genau herauslesen. „Wir können uns aber sicher sein, dass die mechanischen Zeiten des klassischen Schraubendrehers mehr und mehr der Vergangenheit angehören“, erklärt Polizeisprecher Thomas Knaup. Heutige Diebesbanden, so meint er, kommen mit moderner Technik und teilen sich die Arbeit, damit es schnell geht.

Wie die Diebe die schlüssellosen Systeme überlisten, weiß Thomas Kubin vom ADAC in Sachsen. „Das Problem bei diesen Systemen ist, dass sich das Signal vom Fahrzeugschlüssel leicht abfangen lässt“, sagt er. Und so läuft der Diebstahl ab: Eine Person begibt sich mit einem sogenannten Reichweiten-Verlängerer in die Nähe eines Autoschlüssels, stellt sich also neben eine Wohnungstür oder vor ein Restaurant. Das Signal des Schlüssels wird verlängert. Eine zweite Person steht am Fahrzeug. Sobald das Signal bis zum Auto reicht, kann die Person das Fahrzeug normal öffnen, den Motor starten und losfahren. Die Geräte zum Verlängern der Reichweite sind nicht teuer, der Diebstahl hinterlässt keine Spuren, meint Thomas Kubin. Schon vor einiger Zeit hat der ADAC auf dieses Problem hingewiesen und die Hersteller aufgefordert, die Systeme sicherer zu machen. „Bisher ist das nicht erfolgt. Es gibt also noch keine Fahrzeuge, bei denen dieses KeylessSystem als diebstahlsicher angesehen werden kann“, erklärt Kubin.

Lenkkralle kann nicht schaden

Was aber können Autobesitzer unternehmen, wenn sie sich schon für ein schlüsselloses Modell entschieden haben? Die Polizei rät dazu, den Schlüssel immer in einem abgeschirmten Behälter aufzubewahren. Das Auto steht in einer abgeschlossenen Garage am sichersten und eine Lenkradkralle kann auch nicht schaden. „Alles was Zeit kostet, mehr Aufwand bedeutet oder die Gefahr erhöht, entdeckt zu werden, kann Diebe abschrecken“, so Thomas Knaup. Laut dem ADAC ist es bei einigen Fahrzeugen auch möglich, das System deaktivieren zu lassen.

Ronny Zeiler ist Verkaufsleiter beim Autohaus Elitzsch, das unter anderem Verkaufsstellen in Kamenz und in Hoyerswerda besitzt. Dass vor allem schlüssellose Fahrzeuge entwendet werden, kann er nicht bestätigen. „In der Regel hört man doch von älteren Autos, die verschwinden“, meint er. Zeiler bietet Fahrzeuge der VW-Gruppe an, also jene, die bei Autodieben sehr beliebt sind. Um nicht selbst Opfer von Dieben zu werden, hat das Autohaus vorgesorgt. Für die Ausstellungsflächen wurde ein Wachdienst engagiert. Diese Maßnahme hat bislang gut geholfen.

Doch nicht nur das Autohaus will sich schützen. Auch bei Kunden spielt das Thema Sicherheit eine immer größere Rolle, erklärt der Verkaufsleiter. „Die Leute sind dafür sensibilisiert und fragen häufiger nach“, sagt er. Ronny Zeiler bietet seinen Kunden verschiedene Systeme an, die sie bei einem Neuwagen gleich miteinbauen oder bei ihrem Gebrauchtwagen ergänzen können. Es gibt zum Beispiel einen Schalter, der ins Fahrzeug integriert wird. Nur der, der weiß, wo sich dieser befindet, kann den Wagen starten. Ein anderes System verhindert, dass eine fremde Person die Schaltung bedienen kann. „Man muss aber auch sagen, dass es nie eine hundertprozentige Sicherheit gibt“, erklärt er.

Mehr Autodiebstähle

Wie notwendig Überlegungen zur Sicherheit sind, verdeutlicht ein Blick auf die Polizeistatistik. Allein bis Anfang Dezember wurden nach Angaben der Polizeidirektion in Görlitz in den beiden ostsächsischen Landkreisen mehr als 400 Fahrzeuge gestohlen – fast ein Viertel mehr als 2016. Noch liegen keine Ergebnisse für das gesamte Jahr 2017 vor. Diese Statistik, so der Polizeisprecher, müsse noch erstellt werden. Dafür weiß Thomas Knaup schon, wo die Diebe zuletzt besonders häufig zugeschlagen haben. Vor allem Städte wie Görlitz oder Zittau nennt er. Doch es gibt auch hier im Landkreis Schwerpunkte.

Auffällig viele Autos werden in Hoyerswerda geklaut. Die Stadt Bautzen ist ebenfalls sehr häufig Tatort. Allein im Jahr 2016 registrierte die Polizei im Stadtgebiet insgesamt 24 Fälle. Bei vier weiteren blieb es bei einer versuchten Tat. „Für das Jahr 2017 ist für das Stadtgebiet mit einer Zunahme der Fallzahlen zu rechnen“, so Thomas Knaup.