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Die neuen Meissenerinnen

Die Manufaktur will wieder stärker ausbilden. Bis zu 15 Lehrlinge sollen jährlich aufgenommen werden. Die SZ sprach mit drei von ihnen.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Moeller

Meißen. Eine knarrende Holztreppe geht es hinauf, dann einen langen Flur entlang. Der Korridor führt in einen weiten Raum. Angenehm ruhig ist es hier. Optisch erinnert alles an das Kunst-Zimmer aus der Schule. Ein paar junge Frauen blicken kurz auf, um sich dann wieder konzentriert ihrer Arbeit zu widmen. Sie sind die neuen Meissenerinnen – angehende Porzellanmaler.

Etwa zwei Wochen befinden sich die Lehrlinge jetzt schon in der Obhut von Kordula Hieronymus. Seit 39 Jahren bildet die 55-Jährige – in der Manufaktur als Zeichenlehrerin bekannt – Porzellanmalerinnen aus. So ist sie auch für das Auswahlverfahren für die Ausbildung verantwortlich. Wer sich bei der Manufaktur Meissen bewirbt, muss dies mit einer Mappe tun. Diese sollte verschiedene künstlerische Arbeitsnachweise enthalten. Machen diese neugierig, folgt die Einladung zu einem einwöchigen Test.

Talent muss da sein

„Ich erwarte nicht, dass ein noch junger Mensch mir hier eine Bewerbungsmappe mit Zeichnungen vorlegt, die perfekt sind“, sagt Kordula Hieronymus. Es müsse aber Potenzial erkennbar sein, Vielfältigkeit und besonders das Vermögen, eine Aufgabe mit hohem Zeitaufwand geduldig und konzentriert zu erfüllen. Fakt sei jedoch auch: „Wichtigste Voraussetzung ist ein gewisses Talent. Ohne dieses kann man diesen Beruf nicht erlernen.“

Danaé Herold hat es geschafft, einen der Ausbildungsplätze in der Manufaktur Meissen zu ergattern. Die 19-Jährige malt leidenschaftlich gern und kam auf die Idee, Porzellanmalerin zu werden, weil ihre Großmutter das Weiße Gold aus Meißen mit Vorliebe sammelt. Danaé Herold nimmt bereits regelmäßig Aufträge für Arbeiten mit Spraydosen entgegen. Der Kontrast zum Porzellanmalen fällt stark aus: Plötzlich gibt es Vorgaben, ein meist ungleich kleineres Format und es muss filigraner gearbeitet werden. „Ich freue mich auf die akribischen, aufwendigen Naturzeichnungen. Das ist eine Herausforderung, man muss ein Gefühl dafür entwickeln“, sagt Danaé Herold,

Echtes Meissener kommt später

Von jenem Gefühl dürfte die 22-jährige Andrea Freytag bereits etwas besitzen. Sie hat eine Ausbildung zur Glasmalerin erfolgreich abgeschlossen, erhielt ein Stipendium und absolvierte ein Praktikum in England. Porzellanmalen jedoch, mit seinem Detailreichtum, habe sie schon immer interessiert, zudem sei es auf Dauer als freischaffende Glasmalerin schwierig. „Zum Nachteil ist es für Andrea mit Sicherheit nicht, dass sie schon Glasmalerin gelernt hat. Sie hat Erfahrung, kann vielleicht gewisse Parallelen ziehen“, sagt Kordula Hieronymus.

Mit weitaus weniger Erfahrung startet die erst 17 Jahre alte Vanessa Franke in die Ausbildung. Lange wusste sie nicht, was sie machen sollte. Irgendwas Gestalterisches sollte es sein. In der Familie war ihr künstlerisches Talent bekannt – nicht zuletzt, da sie bei einigen Verwandten die Wohnzimmerwände gestaltet hat. Aus dem Verwandtenkreis kam dann auch die entscheidende Idee: Meissener Porzellan.

Bis die Auszubildenden erstmals auf dem teuren Material aus echtem Meissener arbeiten dürfen, werden noch einige Monate vergehen. „Die ersten Striche sind ernüchternd. Man muss sich diese Qualität erarbeiten“, sagt Kordula Hieronymus über die dreieinhalbjährige Ausbildung. Bis dahin sei es wichtig, eine gemeinsame Sprache zu finden.