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Die Normalfamilie ist noch kein Auslaufmodell

Das Leben in einer Familie ist in Deutschland immer noch die populärste Lebensform. Das belegt ein aktueller Datenreport des Bundesfamilienministeriums.

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Von Susanne Ruhland

Berlin. Trotz des Trends zum Single-Leben und zunehmender Kinderlosigkeit ist die „Normalfamilie“ in Deutschland immer noch die populärste Lebensform. Dabei hält das Netzwerk zwischen den Generationen im Allgemeinen zuverlässig, auch wenn die Kinder schon längst aus dem Haus sind. Das geht aus einem Datenreport hervor, den Bundesfamilienministerin Renate Schmidt und der Präsident des Statistischen Bundesamts, Johann Hahlen, gestern in Berlin vorgestellt haben.

Vier von fünf Kindern wachsen bei Eltern auf

„Familie ist lebendig und hat Zukunft“, betonte Schmidt. So leben der Statistik zufolge trotz eines seit Jahrzehnten anhaltenden Rückgangs immer noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung (54 Prozent) in einer Familie mit Kindern. Vier von fünf Kindern wachsen bei ihren verheirateten Eltern auf, etwa drei Viertel aller Jungen und Mädchen mit Geschwistern.

Die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften stieg von 1991 bis 2000 um gut die Hälfte auf 2,1 Millionen. Vor allem junge kinderlose Paare leben ohne Trauschein zusammen. Wenn Kinder kommen, entschließen sie sich – vor allem in Westdeutschland – dann doch zur Ehe. Auch der Anteil der allein Erziehenden nahm zu, meist (86 Prozent) sind es die Mütter. Drei Viertel von ihnen haben aber bereits eine Ehe hinter sich, nur 25 Prozent sind ledig.

Immer größer wurde in den letzten Jahren auch die Zahl der Singles. Rund ein Fünftel der Bevölkerung lebt in einem Einpersonenhaushalt, darunter viele Verwitwete und Studierende. So lebte gut ein Viertel (27 Prozent) der Älteren zwischen 65 und 75 Jahren allein, von den über 80-Jährigen sogar weit über die Hälfte (61 Prozent). Relativ häufig ist das Alleinleben auch unter den Jüngeren: So sind es bei den 25- bis 29-Jährigen fast ein Viertel (24 Prozent). Allerdings ist in dieser Altersgruppe aber ein gutes Drittel (34 Prozent) schon verheiratet.

Überhaupt besteht Schmidt zufolge bei jungen Leuten ein großes Bedürfnis nach dem klassischen Lebensmodell: Knapp 80 Prozent wünschten sich eine eigene Familie, vielleicht nicht unbedingt im Ehestand, aber doch mit Kindern. Die Familienministerin hebt auch hervor, dass die Wertschätzung der Familie über die Jahrzehnte „rasant“ zugenommen habe. Für 90 Prozent der Menschen bedeute sie den wichtigsten Ort im Leben, in den 50er Jahren habe das nur für 50 Prozent gegolten.

„Familie endet nicht

an der Wohnungstür“

Auch die Klage, die wachsende Zahl von Single-Haushalten führe zu einer Vereinzelung in der Gesellschaft, hält Schmidt für „zu kurz gegriffen“ und verweist auf den Zusammenhalt über Generationen und Wohnorte hinweg: „Die Netzwerke halten!“

„Die Familie endet ja nicht an der Wohnungstür“, sagt auch Heribert Engstler, Autor des Datenreports „Die Familie im Spiegel der amtlichen Statistik“. Er zeige, dass die Strukturen für die Mehrzahl der Bevölkerung halten und die Generationen durch ein „dynamisches Netzwerk“ verknüpft sind, auch wenn jeder sein eigenes Leben führt. So wohnen 61 Prozent der Eltern zwischen 40 und 85 Jahren im gleichen Ort wie ihre erwachsenen Kinder, zwölf Prozent sogar im gleichen Haus und 19 Prozent in der Nachbarschaft. Weiter als zwei Stunden entfernt vom nächsten Kind sind nur zehn Prozent der Eltern. (AP)