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Die politische Reste-Rampe

Von Politikverdrossenheit gibt es nur bei einer Fraktion keine Spur. Woran mag das liegen, fragt sich SZ-Redakteur Andreas Weller in seiner Kolumne. 

Von Andreas Weller
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Andreas Weller
Andreas Weller © René Meinig

Für viele politische Parteien ist es eine schwierige Zeit. Die CDU ist einigen ihrer bisherigen Anhänger nicht mehr konservativ genug. In Dresden verlassen drei Männer die SPD-Fraktion, weil die Sozialdemokraten irgendwie zu sozial sind. Bei den Linken führt ein wechselseitiges Missverständnis zur Flucht aus der Fraktion.

Nur eine Fraktion steht wie ein Fels in der Brandung: die FDP. Vom Wahlergebnis her dürfte sie gar keine Fraktion sein, weil nur drei Stadträte in den Rat gewählt wurden, aber mindestens vier benötigt werden. Der vierte Mann wurde anfangs mühsam gesucht. Jetzt sind es sechs – und damit genausoviele wie bei der SPD. Gut, mit der SPD will sich aktuell wohl niemand vergleichen. Aber die FDP hat sich verdoppelt. Und sie scheint offen nach allen Seiten. Einer kam von der AfD dazu und diese Woche sogar ein Linker. Ja, zur FDP!

Irgendwas ist da mit der FDP. So was wie Vorweihnachtsglitzern. Gut, schwarz-gelb geht in Dresden ja immer irgendwie. Aber jetzt hat Oberbürgermeister Dirk Hilbert, selber FDP-Mann, auch noch alle Räte auf eine „gelbe Suppe“ eingeladen. Wahrscheinlich, um Weitere zu infiltrieren. Das ging zwar daneben, weil er sich dann lieber mit ein paar Brötchen in sein Zimmer zurückgezogen und die Stadträte mit der Karotten-Ingwer-Suppe alleine gelassen hat.

Dennoch fragen wir uns, woher kommt die Anziehungskraft der FDP-Fraktion? Ist es die Aura von Vorturner Holger Zastrow? Kann eigentlich nicht sein, denn politisch ist er eher auf dem absteigenden Ast, wird nicht mal mehr in seiner Partei geliebt. Der Wechsler von links, Gerhard Besier, hat einen Fingerzeig gegeben. Es sei bei den Linken argwöhnisch beäugt worden, dass er nicht so viel Zeit habe und kaum an Sitzungen teilnimmt. Bei der FDP gehe das. Auf der faulen Haut liegen und Politiker spielen – wie geil ist das denn? Geht nur in der FDP, mögen manche denken. Aber Zastrow beteuert, es gibt auch Fleißige bei ihm. Böse Zungen werden jetzt sagen, vielleicht ist das Geheimnis des Erfolgs schlicht: Holgers Reste-Rampe. Aber das wäre ziemlich böse.