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Die Reichen haben sich in Sicherheit gebracht

Die Gespräche in einem Café in der El-Saadun-Straße im Herzen von Bagdad werden zur Mittagszeit vom Knall einer mächtigen Detonation unterbrochen. Die Cafébesucher schütteln kurz den Kopf, dann wenden sie sich wieder ihrem Tee und den Wasserpfeifen zu.

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Von Hamza Hendawi

Die Gespräche in einem Café in der El-Saadun-Straße im Herzen von Bagdad werden zur Mittagszeit vom Knall einer mächtigen Detonation unterbrochen. Die Cafébesucher schütteln kurz den Kopf, dann wenden sie sich wieder ihrem Tee und den Wasserpfeifen zu. Das Leben müsse weiter gehen, sagen die Menschen in Bagdad, mit oder ohne Bomben. Und sie werden nicht müde zu betonen, dass sie schließlich nicht das erste Mal bombardiert würden.

Schwarzer Rauch

und Sirenengeheul

Während das staatliche Fernsehen patriotische Lieder ausstrahlt, sprechen die Gäste des Cafés über die Ereignisse der Nacht. Zuerst ertönten die Luftschutzsirenen. Dann war das weiße und goldene Leuchten von Flugabwehrfeuer am klaren Nachthimmel zu sehen. Kurz darauf erfüllten Schüsse die Nacht. Und dann fielen die Raketen.

Zum Auftakt der Angriffe, die nach Angaben des Pentagons „Schrecken und Entsetzen“ verbreiten sollen, fielen rund 300 Marschflugkörper auf die irakische Hauptstadt. Jede Explosion ließ die Stadt erzittern. Die Alarmsysteme geparkter Autos sprangen an, Hunde bellten ohne Unterlass. Brände brachen im Präsidentenpalast am Westufer des Tigris aus. Schwarzer Rauch stieg aus anderen Regierungsgebäuden der Metropole auf. Eine Rakete erleuchtete den Himmel wie ein riesiger Blitz. Wieder heulten Sirenen, diesmal jedoch jene von Polizeifahrzeugen und Krankenwagen. Die Luft roch nach Kerosin.

Am Morgen, während Teile der Stadt noch in Flammen stehen, spielen wieder Kinder auf den Straßen oder fahren mit dem Fahrrad. Straßenkehrer sind bei der Arbeit und räumen Scherben und Trümmer weg. Autos fahren in der Stadt – allerdings nur etwa ein Drittel der üblichen Zahl. Rote Doppeldeckerbusse befahren ihre Routen und bringen Menschen zur Arbeit. Kleine Restaurants öffnen, ebenso Gemüsehändler, Bäcker und Friseure.

Die meisten Reichen haben Bagdad verlassen. Sie suchten Zuflucht auf dem Land oder in den Nachbarstaaten Jordanien und Syrien. Diejenigen, die in der normalerweise fünf Millionen Einwohner zählenden Stadt zurückblieben, sind überwiegend Arme. Sie müssen weiter arbeiten, um zu überleben.

Ein Polizist, bewaffnet mit einer Kalaschnikow, betritt das Café in der El-Saadun-Straße und bestellt ein Glas Tee. Er berichtet den anderen Gästen, wie zwei Kampfflugzeuge eine Flugabwehrstellung im Süden des Landes ins Visier genommen hätten. Die Gäste hören aufmerksam zu und nehmen dann ihre Unterhaltungen wieder auf. „Haben wir wirklich irgendetwas, was so viele Raketen rechtfertigt?“ fragt einer von ihnen. (AP)