Von Sabine Ohlenbusch
Quitzdorf. Im Sommer 2010 begann der See zu kippen, das habe ich beim Angeln bemerkt“, beschwört Sven Kretschmer. Seit fünf Jahren beschäftigt den 47-Jährigen die Wasserqualität der Talsperre Quitzdorf. Dabei lässt der beharrliche Nieskyer keine Informationsveranstaltung und kein Bürgerforum aus, die zum Thema angeboten wird. Da aber die Landestalsperrenverwaltung seiner Auffassung nach nicht angemessen reagiert hat, holt er sich nun Hilfe aus der Politik. Sven Kretschmer hat einen Termin mit dem Landtagsabgeordneten Lothar Bienst (CDU) vereinbart.

Die SZ ist bei diesem Treffen am Mittwoch dabei. Zunächst gibt der Talsperrenaktivist das geballte Wissen preis, das er sich über die Jahre hinweg angelesen hat. Lothar Bienst nimmt die Einwände des besorgten Bürgers durchaus ernst: „Ich bedanke mich für Ihre Aktivität. Ich höre heute zum ersten Mal von Ihrem Engagement und werde Ihren Problemen nachgehen.“ Dass er sich dazu ein wenig Zeit ausbedingt, ist nur allzu verständlich: Das Thema vollständig zu durchdringen braucht seine Zeit.
Der jährliche Befall des Wassers durch die einzelligen Blaualgen betrifft seit dem Jahr 2010 Angler, Badegäste und Anwohner gleichermaßen. Sie sind gesundheitsschädlich und sorgen für einen fauligen Geruch um den See. Eine große Menge Phosphate im Wasser begünstigen die Ausbreitung der Cyanobakterien, wie die Blaualge eigentlich heißt. Doch das Problem ist vielschichtig, im wahrsten Sinne des Wortes. Denn starke Regenfälle spülen immer wieder Ackerland von den umliegenden Feldern in den See. Dadurch setzt sich Schlamm am Grund des Sees ab. Mit der Erde wandert der Dünger ins Wasser, dies sind die Phosphate.
Kurzfristig sind der Landestalstellenverwaltung auch Erfolge dadurch gelungen, die Phosphate aus dem Wasser zu fällen. Im Sommer 2013 reduzierte sich die Menge der Cyanobakterien um mehrere Tonnen. Durch große Einschwemmungen nach den Hochwassern desselben Jahres explodierte allerdings die Belastung durch die Einzeller wieder – unmittelbar nach dem Abschluss der Versuche.
Auf lange Sicht können wohl nur zwei Arten von Maßnahmen helfen: Weniger Phosphate müssen in den See gelangen und die Verlandung muss behoben werden. Da niemand dem Regen gebieten kann, müssen menschenmögliche Maßnahmen in den Fokus rücken.
Die Landwirte sind sicher nicht glücklich darüber, dass 40 Prozent der Phosphate aus dem 175 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet des Sees weggeschwemmt werden. Sie halten auch Randstreifen ein. Dies bestätigt Ekkehard Knoenagel vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie der SZ bereits 2012. Er merkt an, dass auch die zuführenden Bäche und Gräben ausgeräumt und vom Wildwuchs befreit werden müssten. Dann könnten sie genügend Niederschläge aufnehmen und die Felder würden nicht überspült.
Aber auch das mechanische Abtragen der Sedimente spielt eine Rolle für das Gleichgewicht des Sees. Je flacher der See ist, desto höher steigen die Wassertemperaturen. Dadurch sinkt der gelöste Sauerstoff und Fische können nicht mehr überleben. Die Landestalsperrenverwaltung hat angekündigt, bis 2015 verschiedene bauliche Maßnahmen zu prüfen, das Wasserklima wieder ins Lot zu bringen. Die effektivste, aber auch teuerste Variante wäre, Ablagerungen mit Baggern zu entfernen. Sebastian Fritze, der Betriebsleiter Spree/Neiße, hat bereits voriges Jahr geäußert, die Talsperre sei der härteste Fall, den er kenne.
Hier will Lothar Bienst auch ansetzen: „Wenn eine so große Maßnahme geplant ist, muss sie im Landeshaushalt berücksichtigt werden.“ Doch das ist auch eine Frage der Priorität. Ob dazu Schwimmbagger eingesetzt werden könnten, wie Sven Kretschmer vorschlägt, bleibt abzuwarten. Aber bis Anfang Oktober kann er vom Landtagsabgeordneten mit einer Antwort rechnen. Damit ist er vorerst zufrieden.