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Die schwierige Suche nach Asyl-Unterkünften

Der Freistaat will seine Erstaufnahmekapazitäten verdoppeln. Das und die aktuellen Flüchtlingszahlen machen die Suche noch dringender.

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© nikolaischmidt.de

Von Constanze Junghanß und Sebastian Beutler

Landkreis. Immer mehr Asylsuchende kommen nach Sachsen. Der Freistaat will seine Erstaufnahmekapazitäten verdoppeln und sucht jetzt auch private Wohnungen für Flüchtlinge. Das heizt auch in Görlitz und Umgebung die Gerüchteküche an, welche Gebäude demnächst als Erstaufnahmelager oder Asylbewerberheime genutzt werden. Schon seit längerem kreisen die Überlegungen vieler um die zwei Plattenbau-Blöcke auf der Friedrich-Engels-Straße in Weinhübel, die seit zehn Jahren zugemauert und ungenutzt dastehen. 90 Wohnungen sind das, vielleicht könnten hier 600 Asylsuchende Platz finden, heißt es. „Blödsinn“, sagt hingegen ein Sprecher vom Gutburg Mieterservice, der die Gebäude für die Berliner Immobilienfirma Thesaurus verwaltet. „Das ist eine leere Bauhülle, ohne Wasser, Gas, Heizung und Strom.“ Da müsste der Freistaat erst massiv investieren.

Die zuständige Landesdirektion in Dresden hält sich bedeckt. Sie bekommt täglich Anfragen von Bürgern und Journalisten nach diesem oder jenem Objekt im Freistaat, das möglicherweise für die Unterbringung von Asylsuchenden geeignet scheint. Seit Monaten prüfen sowohl die Landesdirektion als auch der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) mögliche Liegenschaften, vorrangig landeseigene. „Diese Recherche hat sich aufgrund der aktuellen Zugangszahlen nochmals verstärkt“, sagt Ingolf Ulrich, stellvertretender Pressesprecher der Landesdirektion. Egal aber, ob der Weinhübler Block, die frühere Grundschule 1 in Biesnitz, die alte Polizeidirektion an der Moltkestraße oder das halb leere neue Kondensatorenwerk gegenüber dem Klinikum darunter sind, aus Dresden gibt es immer die gleiche Antwort. „Da der Großteil der Liegenschaften nach der Prüfung wieder verworfen werden muss, informieren wir nicht über in Prüfung befindliche oder in Prüfung gewesene Liegenschaften.“ Nur wenn es Diskussionen und Streit gibt, wie beispielsweise beim Studenten-Wohnheim Hirschwinkel dringt etwas an die Öffentlichkeit. Der Görlitzer Bürgermeister Michael Wieler jedenfalls legt sich schon eher für den Weinhübler Block fest: „Es gibt derzeit keine Planungen für eine solche Einrichtung“, sagt er. Und der Landkreis hat zwar keine Kenntnis über die Pläne des Freistaates, für sich erklärt er aber definitiv über seine Sprecherin Gerlind Walter: „Der Landkreis selbst beabsichtigt keine Gemeinschaftsunterkunft in der Friedrich-Engels-Straße.“

Doch nicht nur in Görlitz gibt es diese Diskussionen, sondern auch in Reichenbach. Hier dreht sich alles um das frühere Hotel „Reichenbacher Hof“. Einen Hotelbetrieb gibt es hier schon längere Zeit nicht mehr. Das Gerede um das Objekt flammt auch deswegen immer wieder auf, weil es schon dreimal zur Versteigerung aufgerufen wurde, ohne dass es einen neuen Eigentümer fand. 2012 erwarb der Reichenbacher Jens Träger das damalige Ringhotel aus der Zwangsversteigerung. Er hatte große Pläne: Die Abkürzung GL-Hotel stand für Genießen und Leben. Veranstaltungen sollten stattfinden. Sauna, Fitness und Kegelbahnbetrieb neben der Vermietung dem Haus zu neuem Glanz verhelfen.

Daraus wurde jedoch nichts. Das Haus kam erneut zur Versteigerung. Beim ersten Termin boten noch ein Görlitzer Hotelier und auch die Bauen und Wohnen GmbH Reichenbach mit. Doch der Gläubigerbank reichten die gebotenen Summen nicht. Letztlich kam es bei keinem der drei Versteigerungstermine zu einer Einigung. Jens Träger sagt nun auf Nachfrage der SZ, er sei immer noch der Besitzer. Was er mit dem Hotel vorhat, darüber hüllt er sich in Schweigen. „Kein Kommentar“, lautet die knappe Antwort auf die Frage, was er denn zukünftig damit vorhabe. Das gibt vor Ort Anlass zu Spekulationen: In Reichenbach wird hinter vorgehaltener Hand bereits gemunkelt, es könnte ein Asylbewerberheim entstehen.

Zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt könne das der Landkreis aber nicht bestätigen. Allerdings teilt Sprecherin Gerlind Walter auch mit: „Die Landkreisverwaltung ist ständig im gesamten Kreisgebiet unterwegs, um mit Verantwortlichen über mögliche Objekte zur Unterbringung von Asylbewerbern zu sprechen.“ Denn die Zahlen der Asylbewerber werden im Kreisgebiet steigen. Der Kreis Görlitz sei deshalb „um eine gleichmäßige Verteilung“ bemüht. Objekte werden der Behörde auch vorgeschlagen. Dem Landkreis lägen neben Unterkunfts-Angeboten von Städten, Gemeinden und Institutionen ebenso Angebote von Privatleuten vor. Welche das sind, wird nicht genau gesagt. „Diese Objekte werden geprüft“, so Gerlind Walter. Nur soviel: Endgültige Entscheidungen für weitere Unterbringungsmöglichkeiten sind momentan noch nicht getroffen. Im Landkreis werden Asylsuchende dezentral in Wohnungen und in Heimen untergebracht. Im ersten Halbjahr waren das 1160 Menschen. Die Zahlen ändern sich jedoch ständig.

Reichenbachs neue Bürgermeisterin Carina Dittrich (Freie Wähler) sagt, dass aus ihrer Sicht die Stadt nur wenig Handlungsspielraum für eine künftige Nutzung habe. Grund dafür: Das Objekt befindet sich in Privatbesitz. Gespräche mit dem jetzigen Eigentümer fanden bisher nicht statt. „Eine wünschenswerte Nutzung des Gebäudes wäre aus meiner Sicht die Weiterführung als Beherbergungsstätte. Ob das ein Hotel oder eine Pension wäre, ist dabei unerheblich“, so die Bürgermeisterin.