Von Franz Herz
Dippoldiswalde. Der Küchentisch von Sachsens SPD-Vorsitzendem und Wirtschaftsminister Martin Dulig dürfte eines der am weitest gereisten Wohnmöbel im Freistaat sein. Seit drei Jahren tourt der SPD-Chef mit dem Tisch durchs Land, um daran mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Am Montagabend stellte er diesen ins Hotel am Heidepark in Dippoldiswalde. Rund 60 Gäste sind gekommen, um der Diskussion an diesem Tisch zu folgen. Daran haben acht Leute Platz. Fünf Politiker von der SPD waren von Anfang an da: die sächsische Gleichstellungsministerin Petra Köpping, die Landtagsabgeordnete Dagmar Neukirch, die Dippser Stadträtin Karelli Krischker sowie Moderatorin Caroline Max und Dulig selbst. Drei Plätze blieben frei. Die waren aber bald besetzt von wechselnden Gästen, die den Politikern ihre Anliegen ins Gesicht sagten.
Rommi Peter, Lehrerin am Förderschulzentrum Osterzgebirge, schilderte die Probleme an ihrer Schule. Das Durchschnittsalter der Lehrer liegt bei 50, und die jüngeren Jahrgänge sind in der Lehrerschaft dünn gesät. Die Lösung des Personalproblems mithilfe von Seiteneinsteigern sorge für Unruhe. „Die bekommen in drei Monaten die grobe Richtung vermittelt, wo wir jahrelang gelernt haben. Die Frage ist: Was tun wir langfristig damit eigentlich unseren Kindern an?“, wollte sie wissen. Katrin Jungnickel, die Leiterin der Oberschule Schmiedeberg, sprach dieselben Probleme an: „Wir bilden Referendare, Praktikanten und Seiteneinsteiger aus. Der Zeitaufwand dafür geht über das Mögliche hinaus“, sagte sie. Sie forderte insgesamt mehr Wertschätzung für die Lehrer und ihre Arbeit. Die Probleme ziehen sich durch alle Schularten, stark betroffen sind auch die Berufsschulen, wie Günter Siebert aus Freital darlegte.
Martin Dulig gab offen zu, dass die Regierung mit der Einstellung von Seiteneinsteigern nur die größten Probleme repariert und sich gleichzeitig um eine dauerhafte Lehrerausbildung kümmern muss. Auch er sprach sich für mehr Wertschätzung für die Lehrer aus. Allerdings bezweifelt er, ob die Verbeamtung der Pädagogen hier weiterhelfen kann. „Dann hätten wir eine Dreiklassengesellschaft im Lehrerzimmer. Wir brauchen neue Entwicklungen für angestellte Lehrer“, sagte er.
Auch die Schulschließungen der vergangenen Jahre wurden kritisiert. Ludwig Kühnel aus Bärenstein nannte das Beispiel der früheren Schule in seinem Heimatort, die in gutem Zustand ist und für die derzeit Mieter gesucht werden. Mit dem Wegfall der Schule und der Eingemeindung gehe die Identität des Ortes verloren.
Andreas Mannschatz, Chef der Schmiedeberger Gießerei, mahnte den Minister, die Unternehmen im ländlichen Raum nicht zu vernachlässigen. Sie sind das Rückgrat der Orte. Die Gießerei zum Beispiel sichert für 300 Familien die Existenz. Hier entgegnete Dulig, dass die Leuchtturmpolitik der ersten Jahre nach der Wende schon lange vorbei sei. Jetzt werden bei der Förderung durch sein Ministerium mehr Kleinunternehmen und Mittelständler bedacht. Dulig erinnerte auch daran, dass die industrielle Tradition Sachsens ihre Wurzeln nicht in Dresden oder Leipzig hat, sondern im Erzgebirge. Dort ist aus dem Bergbau die nachfolgende Industrie entstanden, die heute noch die wirtschaftliche Stärke Sachsens ausmacht.