Die rund 1.500 Kunstwerkes, die vom Zoll in einem Münchner Apartment gefunden wurden, stammen aus dem Nachlass des Dresdner Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt.
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Karin Großmann und Ulrich Wolf
Dresden/München. Der sensationelle Fund von rund 1.500 Bildern „entarteter Kunst“ aus Nazi-Deutschland in München geht auf das Erbe eines Dresdner Kunsthändlers zurück. Bei dem 79 Jahre alten Mann, in dessen Wohnung im Münchner Stadtteil Schwabing die Kunstwerke entdeckt worden waren, handelt es sich um Rolf Cornelius Gurlitt, den Sohn des Dresdner Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Bislang hatte es geheißen, seine Sammlung sei beim Dresdner Feuersturm im Februar 1945 verbrannt. Das Haus in der Kaitzer Straße in der Dresdner Südvorstadt, in dem die Familie damals lebte, wurde tatsächlich ausgebombt und steht nicht mehr.
Teile eines Sensationsfunds
Der Vater von Rolf Cornelius Gurlitt hatte mit von den Nationalsozialisten als „entartete Kunst“ deklarierten Werken gehandelt, unter anderem, um auch von den Nazis nicht beanstandete Kunst zu finanzieren. Allein im Juni 1944 erwarb er in Paris Kunstschätze für über drei Millionen Reichsmark für das „Führermuseum“ in Linz. Der Umschlagplatz für die Werke lag in der hiesigen Gemäldegalerie; der damalige Direktor Hans Posse und sein Nachfolger Hermann Voss waren mit dem „Sonderauftrag“ befasst. Mit beiden war Hildebrand Gurlitt im Geschäft.
Unterdessen rätseln viele, warum die Öffentlichkeit erst jetzt von dem bereits 2011 gemachten Fund erfährt. Regierungssprecher Seibert räumte gestern ein, dass die Bundesregierung „seit mehreren Monaten über den Fall unterrichtet“ ist.
Kunst im Wert von einer Milliarde Euro
In der offensichtlich völlig vermüllten Münchner Wohnung von Rolf Cornelius Gurlitt hatten Zollfahnder Werke von Künstlern wie Picasso, Franz Marc, Henry Matisse oder Max Beckmann entdeckt. Inzwischen sollen sich die Kunstschätze in einem Depot bei München befinden. Der Fund soll eine Milliarde Euro wert sein.
Auch in Zwickau werden die Nachforschungen in München mit Spannung verfolgt. Rolf Cornelius Gurlitts Vater war vor seiner Kunsthändlertätigkeit für die Nazis Direktor des König-Albert-Museums gewesen, den heutigen Zwickauer Kunstsammlungen. Direktorin Petra Lewey sagte, zumindest könne sich nun der Verbleib lange vermisster Bilder klären.
Der Sohn des Dresdner Kunsthändlers Gurlitt soll in München völlig zurückgezogen gelebt haben und nicht mal dort gemeldet gewesen sein. Seinem Pass zufolge war er Österreicher. Tatsächlich hat Gurlitt vier Jahre nach dem Unfalltod seines Vaters im Mai 1960 ein Haus in Salzburg gekauft. „Ich lebe schon 40 Jahre hier, aber Herr Gurlitt war in all dieser Zeit wie nicht vorhanden“, sagte ein Nachbar. (mit dpa)