Köln/Essen/Berlin. Bei der Suche nach dem flüchtigen zweiten Bahn-Attentäter setzen die Terror-Fahnder auf Hilfe aus der Bevölkerung. Das Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlichte dazu gestern ein neues Fahndungsplakat. BKA-Präsident Jörg Ziercke sagte dem Auslandsfernsehen der Deutschen Welle, auch im Ausland werde die Suche nach dem flüchtigen Libanesen verstärkt. Nach Erkenntnissen seiner Behörde hat sich der 20-Jährige mit hoher Wahrscheinlichkeit noch am Abend der gescheiterten Anschläge in Richtung Libanon abgesetzt. Laut NDR weist die Spur des Verdächtigen in die Hauptstadt Beirut. „Solange wir den zweiten Täter noch nicht haben, dauert die Gefahr an“, sagte Ziercke dem Nachrichtensender n-tv.
Kontakte zur NPD?
Zusammen mit einem 21-jährigen Libanesen, der in Kiel festgenommen worden war und in Untersuchungshaft sitzt, soll der 20-Jährige am 31. Juli einen Kofferbomben-Anschlag auf zwei Regionalzüge der Bahn versucht haben. Die Bomben detonierten nur wegen eines technischen Fehlers nicht.
Nach NDR-Informationen gehen die Ermittler weiter von einer möglichen Verwicklung der islamistischen Organisation „Hizb ut-Tahrir“ in die Anschlagspläne aus. Filmmaterial belegt Kontakte der NPD zu der islamistischen Organisation. So soll NPD-Chef Udo Voigt im Oktober 2002 eine Rede auf einer Veranstaltung der „Hizb ut-Tahrir“ gehalten haben. Nach Recherchen von „Tagesschau.de“ hatte der sächsische NPD-Funktionär Holger Apfel im Februar 2003 im NPD-Organ „Deutsche Stimme“ ein Interview mit dem „Hisb ut-Tahrir“-Repräsentanten Shaker Assem geführt. Apfel ist Chef der NPD-Landtagsfraktion.
Die Bundesregierung hat sich gestern bereit erklärt, den Sicherheitsbehörden mehr Geld für den Anti-Terror-Kampf zur Verfügung zu stellen. Die Innenminister des Bundes und der Länder wollen sich in der kommenden Woche bei einer Sondersitzung mit der Terrorismus-Bekämpfung beschäftigen. Einig war sich das Bundeskabinett darüber, dass die Terror-Prävention – etwa durch eine weitergehende Kontrolle des Internets – verstärkt werden muss. Falls die Finanzierung nicht allein durch Umschichtungen erreicht werden kann, werde auch zusätzliches Geld für die anfallenden Personal- und Sachkosten bereitgestellt, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg.
Unterdessen setzten die Ermittler die Durchsuchung des Hauses im Kölner Stadtteil Ehrenfeld fort, in dem der 20-Jährige gewohnt haben soll. Wie schon am Vortag hielt sich das BKA mit Stellungnahmen zurück. Nach Angaben der Kölner Universität war der Verdächtige dort nicht eingeschrieben und hatte auch keinen Deutschkurs belegt. Laut WDR wollte er im Januar aber über das Studentenwerk einen günstigen Wohnheim-Platz bekommen. Der Geschäftsführer des Studentenwerks, Peter Schink, bestätigte, dass sich der Name des Verdächtigen auf einer 8 000 Namen umfassenden Liste mit Bewerbern befunden habe.
ICE nach Drohung geräumt
In dem ICE der Deutschen Bahn, der gestern nach einem anonymen Drohanruf kurz vor dem Hauptbahnhof Hannover gestoppt worden war, saßen etwa 800 Reisende. Sie mussten den Zug verlassen. Beamte der Bundespolizei durchsuchten den Zug rund eine Stunde lang mit Sprengstoffspürhunden, fanden nach Angaben eines Polizeisprechers aber nichts. Fernverkehrszüge über Göttingen seien umgeleitet worden und hätten dadurch etwa 20 Minuten Verspätung gehabt, sagte ein Bahnsprecher.
Der Unbekannte habe bei der Feuerwehr in Hannover angerufen und „eine unspezifische Drohung“ gegen den ICE 682 München–Hamburg ausgesprochen, teilte die Polizei mit. Daraufhin wurde der Zug angehalten. Busse brachten die Fahrgäste zum Hauptbahnhof Hannover. (dpa)