Die Spurs im Finale gegen Klopps Team

Amsterdam. 24 Stunden nach Jürgen Klopp und dem FC Liverpool hat Tottenham Hotspur für das nächste englische Fußball-Wunder gesorgt. Dank des dreifachen Torschützen Lucas Moura zogen die Spurs an einem weiteren denkwürdigen Champions-League-Abend ins Finale gegen die Reds ein und beendeten das Außenseiter-Märchen von Ajax Amsterdam in der sechsten Minute der Nachspielzeit. Die Spurs erreichten ihr erstes Endspiel in diesem Klubwettbewerb am 1. Juni in Madrid durch ein 3:2 und schafften dabei ein ähnlich eindrucksvolles Comeback wie Trainer Klopp und Liverpool tags zuvor beim 4:0-Erfolg nach einer 0:3-Hinspiel-Niederlage gegen den FC Barcelona.
Nach dem Abpfiff stürmten alle Spurs auf den Platz und feierten ihren Hattrick-Helden. Trainer Mauricio Pochettino sank ungläubig auf den Rasen und schlug die Hände vors Gesicht. Tottenham gelang als zweitem Klub in der Königsklasse der Einzug ins Finale trotz einer Hinspiel-Niederlage daheim (0:1) und machte dabei am Mittwoch sogar noch einen 0:2-Rückstand zur Pause wett.
Das Spiel in der stimmungsvollen Johan-Cruijff-Arena stand der Europapokal-Sternstunde vom Vorabend in Sachen Atmosphäre, Dynamik und Geschwindigkeit in nichts nach. Nach den Treffern von Kapitän Matthijs de Ligt in der 5. Minute und Flügelstürmer Hakim Ziyech in der 35. Minte wähnte Ajax bereits im ersten Finale seit 1996. Lucas Moura als Ersatz des weiter verletzten Harry Kane drehte aber mit seinen Toren in der 55., 59. und 96. Minute das Spiel. Während Ajax das mögliche Triple verpasste, winkt der Premier League jetzt ein großer Erfolg im Europapokal. Denn auch in der Europa League ist ein englisches, ja sogar Londoner Endspiel zwischen Eintracht Frankfurts Halbfinalgegner FC Chelsea und dem FC Arsenal durchaus möglich.
Sons Rückkehr tut den Gästen gut
Der ehemalige Hamburger Rafael van der Vaart, der für beide Vereine spielte, vermutete vor der Partie, Ajax müsse irgendwie die Anfangs-Offensive von Tottenham überstehen. Doch das Gegenteil war der Fall. Ajax erwischte einen Traumstart. Dusan Tadic scheiterte zunächst mit einem abgefälschten Schlenzer noch an Tottenham-Keeper Hugo Lloris. Doch nach der anschließenden Ecke hatten die Ajax-Fans Grund zu ohrenbetäubendem Jubel. Lasse Schöne flankte in die Mitte. Verteidiger de Ligt köpfte unhaltbar zum 1:0 ein. Der mit 19 Jahren jüngste Kapitän in einem Halbfinale der Champions League, für den sich im Sommer 2018 angeblich auch der FC Bayern München interessierte, traf bereits im Viertelfinal-Rückspiel und erzielte das entscheidende 2:1 gegen Juventus Turin.
Die Spurs ließen sich von dem Gegentor und der Wahnsinns-Kulisse jedoch nicht lange schocken. Nur eine Minute nach dem Rückstand hatte Heung-Min Son die Chance zum Ausgleich, traf jedoch nur den Pfosten. Beide Mannschaften boten von Beginn an Vollgas-Fußball, lieferten sich packende Zweikämpfe und suchten - wann immer es ging - den Weg nach vorn. Trotz einiger harter Duelle leitete der deutsche Schiedsrichter Felix Brych die Partie souverän. Die Rückkehr des im Hinspiel noch gesperrten einstigen Leverkuseners Son tat den Spurs gut. Er war in jeden gefährlichen Angriff involviert und scheiterte in der 23. Minute aus aussichtsreicher Position an Ajax-Torwart André Onana. Für die Gastgeber verzog Tadic aus spitzem Winkel in der 30. Minute.
Sechs Minuten später machte es Ziyech besser. Nach einem schnellen Angriff über links setzte Tadic den Marokkaner im Strafraum mustergültig ein. Ziyech traf den Ball perfekt und sorgte zum zweiten Mal für ekstatische Freude auf den Rängen. Tottenham gab sich allerdings nicht auf und kam mit einem Doppelschlag zurück ins Spiel. Der Brasilianer Lucas Moura schloss zunächst einen feinen Angriff zum 1:2 ab und traf nach viel Kuddelmuddel im Strafraum zum Ausgleich. Plötzlich musste Ajax mächtig zittern. Die Spurs drängten auf ihr drittes Tor. Doch auch Amsterdam beschränkte sich keinesfalls auf die Defensive. Ziyech verpasste mit einem Pfostenschuss das 3:2. Dann traf Lucas Moura zum dritten Mal. Der Offensivmann krönte sich zum absoluten Matchwinner. (dpa)