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Die Suche nach dem Anfang

Polen. Noch immerforschen Deutsche aus den ehemaligenOstgebieten nach ihren Geburtspapieren.

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Von Cornelia Sommerfeld

Wann und wo er geboren wurde, weiß Ernst Eckert natürlich, mit seiner amtlichen Geburtsurkunde beweisen kann er es aber nicht. Das Dokument ist offenbar in den Wirren der Nachkriegszeit abhanden gekommen. Eckert stammt aus Boyadel, dem heute polnischen Bojadla in der Nähe von Zielona Góra (Grünberg). 1940 geboren, flüchtete er als Kleinkind mit den Eltern und fünf Geschwistern. Was sich damals in Boyadel abspielte, weiß Eckert nicht: „Die Eltern haben zu Lebzeiten zu wenig erzählt“, sagt er. Nur, dass die Familie gerade am Geburtstagstisch der Mutter saß, als polnische Milizen in ihr Haus kamen und der Familie zwei Stunden Zeit zum Packen gaben.

Eckert verschlug es nach mehreren Stationen in Sachsen schließlich Ende der 50er Jahre nach Zittau, wo er auch seine Frau kennen lernte. Heiraten konnte Eckert auch ohne originale Geburtsurkunde. Zuvor musste das Zittauer Standesamt jedoch Anfragen an verschiedene Stellen nach dem Verbleib der Geburtspapiere richten. Zuletzt hatte er eine Bescheinigung aus Polen als Urkundenersatz erhalten. Eine amtliche Bescheinigung aus DDR-Zeiten besitzt Eckert nicht.

Unterschiedliche Erfolge

Vor drei Jahren fuhr er zum ersten Mal nach Boyadel. Bei der zweiten Reise vor einem Jahr versuchte er, etwas über den Verbleib seiner Papiere zu erfahren. „Wir sind nach Kleinitz (Klenica) gefahren, um die Taufbücher einzusehen“, sagt Eckert. Der Pfarrer, so Eckert, habe eher abweisend reagiert. „Er hat nur gesagt, dass er keine Verzeichnisse habe, sondern dass die im Zentralarchiv in Zielona Gora seien.“ Aber dort gebe es aus Boyadel jedoch keine Papiere mehr, teilt Archivleiterin Iwonna Petzold-Michalek mit. Rund 450 Anfragen pro Jahr erhalte ihr Archiv. Wie viele Deutsche im heutigen Polen nach Papieren suchen, ist unbekannt.

Groß ist die Nachfrage auch in Niederschlesien. Der Erfolg ist jedoch schwer kalkulierbar. „Manchmal kommen Leute und finden sehr viel, manchmal leider auch nicht“, sagt Dorota Sokolowska, Leiterin der Auskunftsabteilung des Zentralarchives in Breslau. „Vieles ging verloren. Die Anfragen werden aber in jedem Jahr mehr.“ Eine Anlaufstelle in Deutschland ist auch das Standesamt I in Berlin. Hier gehen monatlich 300 bis 400 Briefe mit verschiedenen Anfragen zu den Ostgebieten ein.