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Die Talk-Show-Beauftragte

In der Flüchtlingspolitik vergreift sich Sahra Wagenknecht im Ton. Mal wieder, meinen auch einige ihrer Genossen.

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© dpa

Von Peter Heimann, Berlin

Sahra Wagenknecht, die Talk-Show-Beauftragte und nebenher Chefin der Linksfraktion, bekam nicht ganz zu Unrecht Beifall von der eigentlich falschen politischen Seite. „Ganz richtig! Schuld hat maßgeblich die verfehlte deutsche Flüchtlingspolitik. Frau Wagenknecht, kommen Sie zur AfD“, twitterte ausgerechnet André Poggenburg, Landeschef und Rechtsaußen der AfD in Sachsen-Anhalt.

Aktueller Anlass: eine Mehrfach-Äußerung von Wagenknecht zur Flüchtlingspolitik nach dem Anschlag in Ansbach. Wagenknecht redete nicht zum ersten Mal völlig anders, als es das linke Parteiprogramm vorgibt. Dort steht etwa der sehr bemerkenswerte Satz: „Wir fordern offene Grenzen für alle Menschen.“ Jetzt allerdings meinte die Linke, die Ereignisse der letzten Tage zeigten, „dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern mit erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges ‚Wir schaffen das‘ uns im letzten Herbst einreden wollte“. Für viele ihrer Genossen passte die Aussage in ihr Wagenknecht-Bild. Schon mehrfach hatte die Oppositionsführerin viele Genossen mit solchem Gerede gegen sich aufgebracht. „Wer sein Gastrecht missbraucht, der hat sein Gastrecht eben auch verwirkt“, hatte sie nach den Silvesterübergriffen in Köln erklärt – wiederholte es nach heftiger innerparteilicher Kritik aber nicht mehr. Auch dieses Mal redet sie von „Missverständnissen“ und „Fehlinterpretationen“ – wie man es von der AfD kennt: erst provozieren, dann einlenken.

Verärgert sind viele, besonders in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, wo sich die Linke bald bei Wahlen behaupten muss. Peter Ritter, Ex-Landeschef in Meckpomm, warnte seine Parteifreunde schon vor Sahra-Besuchen: „Ich hoffe, niemand aus meinem wahlkämpfenden Landesverband lädt diese Genossin zu irgendwas ein.“ Verärgert sind auch jene, die Rot-Rot-Grün für eine Option nach der Bundestagswahl 2017 ansehen. Andere meinen schlicht: Wagenknecht sei gar keine Politikerin. Einst hatte die FAZ gespottet: Wagenknecht sei „längst zur Paris Hilton der Linkspartei geworden, berühmt dafür, berühmt zu sein – für was auch immer“.