Von Matthias Klaus
Einer musste aufhören, damit Peter Pohl anfangen konnte. „Das war damals eben so in der DDR die Regel für eine Gewerbegenehmigung“, sagt der Uhrmachermeister. Damals, vor 50 Jahren. Damals wollte sich Peter Pohl selbstständig machen und hatte Glück: In Oderwitz hörte ein Kollege auf, der Görlitzer stieg ein – der Beginn einer langen Handwerkerkarriere. Die endet nun, in Görlitz mit dem Geschäft an der Kunnerwitzer Straße, in Niesky und überhaupt. Oder vielleicht doch nicht ganz? „Ich hoffe, ich bekomme mit meiner Tochter noch einen kleinen Arbeitsvertrag hin und kann ihr ein bisschen helfen“, schmunzelt der 75-Jährige.

Der Görlitzer steht im Geschäft am Zinzendorfplatz in Niesky und nimmt den Goldenen Meisterbrief von der Wand. Die Handwerkskammer hat ihm den verliehen. „Technik interessierte mich schon in jungen Jahren“, erzählt Peter Pohl. So kam er zum Uhrmacherberuf. Anfangs ging es „nur“ um die reine Mechanik, später kamen elektrisch betriebene Uhrwerke hinzu. „Als dann die Quarzuhren aufkamen, hatten wir Lehrgänge an der Hochschule in Zittau“, erinnert sich Peter Pohl. Als Uhrmacher war er immer selbstständig. „Zu DDR-Zeiten standen natürlich die Reparaturen im Vordergrund“, schildert er. Nicht nur die Privatkundschaft war auf seiner Liste, sondern beispielsweise auch die HO in Löbau.
Den Handel gab er zwischendurch auf. „Als ich in Oderwitz angefangen habe, war im Juli schon das Kontingent für das ganze Jahr ausgeschöpft“, sagt er. Peter Pohl steuerte sein Uhrmachergeschäft durch DDR-Zeiten, bekam den Wechsel nach 1989 hin. „Nach der Wende war plötzlich der Handel wieder angesagt“, sagt er. West-Firmen kamen, priesen ihre Produkte an, Peter Pohl reiste auf Messen. „Wir sind mit der gesamten Familie im eigenen Auto nach Osnabrück gefahren“, lacht er.
Die Angebote der Händler damals seien zum Teil sehr großzügig gewesen. Und der Uhrmachermeister hat schnell gelernt: Wenn man geschäftlich überleben will, muss man ganz unterschiedliche Produkte im Angebot haben, eben auch etwas für den kleinen Geldbeutel. „Allerdings gab es da schon mal Schwierigkeiten“, erinnert sich Peter Pohl. Von einer bestellten Ladung Billiguhren funktionierte die Hälfte nicht. Ja, er hat Lehrgeld bezahlt. Teure Uhren werden heute ebenso gekauft, wie früher zu DDR-Zeiten, schildert der Meister. „Es gibt immer einen Teil der Kundschaft, die es sich eben leisten kann“, sagt er. Reparaturen seien heute teuer geworden. „Wenn ich schon im Einkauf für eine kleine Schraube zwei Euro zahlen muss, dann frage ich mich schon, was am Ende übrig bleibt“, sagt Peter Pohl. Dennoch, gerade bei hochwertigen mechanischen Uhren rate er zur Reparatur: „Es kommt halt immer darauf an, welches Modell man hat.“ Ende des Monats schließt das Görlitzer Geschäft. Einen Nachfolger gibt es schon, mit Uhren hat der aber nichts im Sinn. „Schade“, findet“ Peter Pohl. Das Uhrmacherhandwerk, er sieht es als ein aussterbendes. „Früher hatten wir in der Region Niesky-Görlitz 18 Uhrmacher. Heute sind es noch drei“, sagt Peter Pohl. So mancher Kollege habe bereits nach der Wende aufgegeben. Und wer dann doch eine hochwertige Uhr reparieren lassen möchte? Peter Pohl zuckt mit den Schultern. „Die muss dann an den Hersteller direkt eingeschickt werden.“
Der Görlitzer wohnt heute in Niesky, die Familie hatte dort gebaut. Tochter Adina Pohl führt hier das Geschäft. Sie hat in den 1980er Jahren in Glashütte gelernt, und Peter Pohl schaute ihr gern mal über die Schulter, verriet Tipps und Tricks. Das möchte er auch heute noch tun. Und ab und zu trifft er sich mit früheren Kollegen der Innung zu einem Schwätzchen in Löbau, zum Erinnern an alte Zeiten.