Görlitz
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Die vergessenen Bauhaus-Maler

Das Schlesische Museum in Görlitz entdeckt Breslauer Maler der Zwischenkriegszeit wieder. In einer spannenden Ausstellung.

Von Ines Eifler
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Die Kunsthistorikerin Johanna Brade forscht seit Jahren zur Breslauer Moderne. Im Hintergrund Werke von Johannes Molzahn.
Die Kunsthistorikerin Johanna Brade forscht seit Jahren zur Breslauer Moderne. Im Hintergrund Werke von Johannes Molzahn. © Nikolai Schmidt

Das Thema Bauhaus zieht. Besonders jetzt, im „Bauhaus-Jahr“. An die 120 Besucher kamen zur Eröffnung der kleinen Sonderausstellung „Avantgarde in Breslau“ im Schlesischen Museum. „Mit so einem Andrang hatten wir gar nicht gerechnet“, sagt Johanna Brade, die sich schon seit vielen Jahren mit den Künstlern der Breslauer Kunstakademie beschäftigt und auch die neue Ausstellung facettenreich zusammengestellt hat. Diese zeigt, welcher kulturelle Aufbruch in den Zwischenkriegsjahren 1919 bis 1933 in Breslau zu spüren war und wie die Moderne Einzug hielt. Große Künstler und Architekten wie Hans Scharoun oder Hans Poelzig engagierte die Stadt damals für diesen Wandel, sodass die in diesen Jahren entstandene moderne Breslauer Architektur der des Bauhauses in Weimar und Dessau in nichts nachstand.

„Nur ist das den wenigsten bekannt“, sagt Johanna Brade, „denn die Bauhauskünstler konnten nach 1945 den Ruf ihrer Schule aufrechterhalten, darauf aufbauen und Bauhaus als Marke erhalten.“ Die Akademie in Breslau aber, viel weiter hinter dem Eisernen Vorhang als Weimar oder Dessau und dazu noch in einem fremdsprachigen Land, geriet in Vergessenheit. Schaut man sich Fotos von Breslauer Gebäuden, Wohnanlagen und Ausstellungen aus den 1920er Jahren an, die in der Ausstellung zahlreich an die Wand projiziert werden, sieht man deutliche Parallelen zur Bauhaus-Architektur, obwohl die Baumeister andere waren.

Auch in die Malerei dieser Zeit in Breslau gibt die Ausstellung Einblick, geprägt von so individuellen Künstlern wie Oskar Schlemmer, der 1929 vom Bauhaus als Professor nach Breslau wechselte und hier seine Geländer- und Treppenszenen entwickelte. Oder Johannes Molzahn, der versuchte, in seinen Gemälden ein allgemeines, positives Menschenbild zu entwerfen. Oder den Brücke-Künstler Otto Mueller, der ab 1919 als Professor an der Breslauer Kunstakademie großen Eindruck auf seine Schüler gemacht haben soll. „Er war unkonventionell, ganz anders als die Professoren, die mit großem Ernst Kunsterziehung betrieben und den Studenten das naturgetreue Abzeichnen beibrachten“, sagt Johanna Brade. Mueller habe seine Schüler zum Abstrahieren und freien Zeichnen angehalten und mit seiner charismatischen Persönlichkeit und expressiven Kunst viele junge Künstler nachhaltig beeinflusst.

Anders als Künstler der Moderne wie Franz Marc, Wassily Kandinsky oder Paul Klee waren die Werke von Otto Mueller lange nicht in großen Kunstausstellungen zu sehen. Nach einer Schau über die Künstler der Breslauer Akademie 2002 in Schwerin war die erste Retrospektive seiner Werke nach mehreren Jahrzehnten 2003 in der Kunsthalle München zu sehen. Schon damals wirkte Johanna Brade am Katalog mit, da sie bereits ein kleines Buch über Otto Mueller in Breslau veröffentlicht hatte. 2004 war dann ihre Ausstellung zur Breslauer Akademie im Schlesischen Museum zu sehen.

Vor allem aber seit der großen Ausstellung „Maler. Mentor. Magier“, mit der das Berliner Museum für Gegenwartskunst, der Hamburger Bahnhof, Otto Mueller und sein Netzwerk vorstellte, ist der Künstler auch einem großen Publikum bekannt. „In Berlin werden Ausstellungen noch einmal stärker wahrgenommen“, sagt Johanna Brade, die auch an dieser Berliner Schau mitwirkte und mehrere Leihgaben des Schlesischen Museums dahin vermittelte.

Dass Ausstellungen über die Künstler der Moderne gerade wieder besonders häufig zu sehen sind – auch im Kaisertrutz war bis Anfang des Jahres eine Expressionismus-Schau zu sehen –, habe verschiedene Gründe, sagt Johanna Brade. Zum einen spielten Jubiläen eine große Rolle. Die für die moderne Kunst so wichtige Zeit liege gerade ein Jahrhundert zurück. „Und wird zum Beispiel das Bauhaus 100 Jahre alt, muss man sich als Museum beteiligen, wenn man wahrgenommen werden will.“ In solchen Jubiläumsjahren gebe es durchaus Kenner und Kunstfreunde, die durchs Land reisen und sich alle Ausstellungen zu diesem bestimmten Thema anschauen. Damit nicht alle Museen das Gleiche zeigen, müsse aber jedes eine Nische finden, so wie das Schlesische Museum den Bezug zur Breslauer Moderne.

Aber auch, dass neue Generationen von Kunsthistorikern nachwachsen und immer wieder andere Aspekte entdecken und interessant finden, führe zu einer regelmäßigen Wiederkehr bestimmter Themen in der Ausstellungslandschaft. Gerade die Moderne mit ihrem expressiven Ausdruck, die intensiven Farben, dem spürbaren Aufbruch spreche vor allem junge Menschen immer wieder aufs Neue an, sagt Johanna Brade. „Die Moderne berührt einfach.“

„Avantgarde in Breslau 1919 bis 1933“ im Schlesischen Museum, Di bis Do 10 bis 17 Uhr, Fr bis So 10 bis 18 Uhr

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