Dresden. Der Richter ist da, nur eine fehlt: Regine Töberich. Die Marina-Garden-Investorin hört sich am Dienstag nicht mit an, wie ihre Klage gegen die Stadt Dresden abgewiesen wird. Welche Gründe dagegen sprechen, bis zu 24 Millionen Euro Schadenersatz zu bekommen. Für ein Wohnprojekt an der Elbe, mit dem sie sich seit zehn Jahren beschäftigt, das bis heute aber nicht gebaut werden konnte.
Wäre das Hochwasser 2013 nicht gekommen, vielleicht würden zwischen der Leipziger Straße und dem Elberadweg bereits die Bagger rollen. Doch die Flut ist für die Stadtverwaltung und die rot-grün-rote Ratsmehrheit Anlass gewesen, die Pläne der 52-Jährigen auf den Kopf zu stellen. Der Stadt ging der Hochwasserschutz, den Töberich eingeplant hatte, nicht weit genug. Ein Architekturbüro aus den Niederlanden legte einen neuen Entwurf vor, nachdem Töberich nicht mehr mit der Stadt zusammenarbeiten wollte.
Wie weit neue Häuser an die Elbe heranreichen dürfen, damit hat sich das Dresdner Landgericht allerdings gar nicht beschäftigt. Vielmehr ging es um die Frage, ob die Bauaufsicht eine Bauvoranfrage der Architektin vom Oktober 2014 zu lange liegen gelassen hat, um den Hochwasserschutz nur ein paar Monate später doch noch durchsetzen zu können. Richter Steffen Hintersaß, der das Urteil am Dienstag verlas, machte deutlich, dass diese Frage völlig unerheblich ist. Denn die Antwort auf eine Bauvoranfrage gebe einem Investor lediglich zu verstehen, wie die Chancen auf dessen Vorhaben stehen. Eine Baugenehmigung sei das noch nicht. Die könnte am Ende völlig anders aussehen. Außerdem gebe es keine Bearbeitungsfrist wie für einen Bauantrag.
Bei den ersten beiden Verhandlungsterminen klang das noch ein wenig anders. Damals stellte der Richter fest, dass die Bauvoranfragen hätten bestätigt werden müssen. Relevanter sei aber, wie stark die Hochwasserlinien in den Jahren 2002 und 2013 voneinander abgewichen sind, hieß es noch im März.
Ob Töberich das Urteil nun anfechten wird, ist ungewiss. Eine Anfrage der Sächsischen Zeitung ließ sie bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Dafür äußerte sich das Rathaus. „Mit der Entscheidung des Gerichts ist diese Forderung nunmehr zurückgewiesen worden“, heißt es aus der Pressestelle. Von einem Erfolg traut sich aber noch niemand zu sprechen, solange das Urteil nicht rechtskräftig ist.
Deutlichere Worte finden dagegen die Fraktionsvorsitzenden von Linken und Grünen, die von Töberich mitverantwortlich gemacht werden für das Scheitern von „Marina Garden“. André Schollbach (Linke) begrüßte die Entscheidung des Gerichts. „Dieses Bauvorhaben hätte für den Hochwasserschutz erhebliche Nachteile gebracht“, sagte er. Deshalb sei es richtig gewesen, „den Interessen der Allgemeinheit den Vorrang vor den kommerziellen Interessen einer einzelnen Person zu geben“. Thomas Löser von den Grünen geht noch einen Schritt weiter und legt der Investorin nach dem Gerichtsurteil eine Entscheidung nahe: „Wenn Frau Töberich die Absicht hat, ein Projekt zu entwickeln, könnte sie sofort bauen“, sagte er. Es gebe einen Bebauungsplan und einen fertigen Entwurf. „Falls Frau Töberich jedoch nicht die Absicht haben sollte zu bauen, kann sie ihr Grundstück immer noch verkaufen.“
Bis dahin liegen die Pläne für das „Elbviertel“, wie es die Stadtverwaltung nun nennt, auf Eis. Geplant sind zwischen 52 und 136 Wohnungen, Büros, eine Kita und Ateliers für die Kreativwirtschaft. Zwischen dem Elberadweg und den Gebäuden soll eine etwa 80 Meter breite, terrassenförmige Freizeit-Grünfläche angelegt werden, zum Beispiel für Tennisplätze. Diese kann im Falle eines Hochwassers überschwemmt werden. Daran schließt sich ein Bereich für Hochwasserschutzanlagen an. Die Rede ist von einer einen Meter hohen Mauer, die bis zur Marienbrücke reichen und laut Stadtplanungsamt kaum ins Auge fallen soll.