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Die Vermessung des Landkreises Meißen

Der Suchmaschinenriese Google fotografiert zurzeit mit speziellen Autos unsere Straßen. Sehen soll man die Bilder aber angeblich nicht.

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© SZ/Screenshot

Von Dominique Bielmeier

Meißen/Radebeul. Dass Google still und heimlich durch die Weltgeschichte fährt, um Straßen, Plätze und noch die letzten abgelegenen Winkel zu fotografieren, kann man nicht behaupten: Knallbunt sind die Autos, die derzeit durch Sachsen fahren. Man erkennt sie schon von Weitem an dem hohen Kameraaufbau auf dem Dach. Gesichtet wurden sie zum Beispiel schon in Dresden-Rähnitz und Cossebaude. Und sie dürften uns noch häufiger begegnen: Von April bis September sollen sie laut Internetseite von Google noch in Sachsen unterwegs sein. Wie übrigens auch in allen anderen deutschen Bundesländern und Städten. Wann genau sie wo fahren, will das Unternehmen aber nicht verraten. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Fotoaufnahmen des Suchmaschinenriesen.

Was fotografiert Google zurzeit im Landkreis?
Als Suchmaschinenbetreiber kennt den US-amerikanischen Konzern wahrscheinlich jeder. Aber Google bietet auch interaktive Landkarten für die Navigation an: Google Maps. Diese haben für viele Straßen eine besondere Funktion: Der Nutzer kann sich die Straße mit ihren Häusern, Autos, Bäumen und sogar Menschen in 360 Grad ansehen, als würde er mittendrin stehen. Für diese „Street View“ – Straßenansicht – müssen Google-Fahrzeuge vor Ort Bilder machen.

Allerdings ist das nicht der Grund für die momentanen Aufnahmen, wie eine Google-Sprecherin auf Anfrage der Sächsischen Zeitung im konzerntypischen Duz-Ton erklärt: „Jeden Tag nutzen Tausende deutsche User Google Maps – und wir möchten sicherstellen, dass ihr den Weg zu den Orten findet, wann immer ihr es wollt. Um dies zu schaffen, müssen wir die richtigen Straßennamen und -schilder, Streckenführungen und Informationen über Geschäfte und andere Orte, die für euch von Interesse sind, verwenden.“ Mit dem aufgenommenen Bildmaterial soll also Google Maps verbessert werden.

Landen die Bilder irgendwann auch bei Street View?
„Wir haben derzeit keine Pläne, das Bildmaterial zu veröffentlichen“, sagt die Google-Sprecherin. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, dass es nicht zu einem späteren Zeitpunkt für Google Street View genutzt werden soll. Denn die Aufnahmen, die man momentan von sächsischen Orten bei dem Dienst findet, sind oft total veraltet. Das liegt zum einen an der Bearbeitungsdauer der Fotos von mehreren Monaten, hängt aber wohl vor allem mit der schwierigen Rechtslage zusammen. Nachdem Street View auch in Deutschland startete, war der Widerstand vieler Menschen groß. Hunderttausende ließen 2010 Aufnahmen ihrer Gebäude verpixeln. Noch heute kann man das in Street View sehen. Ende April 2010 einigten sich Google und das Verbraucherschutzministerium darauf, dass der Konzern Straßenansichten erst online stellen werde, wenn die Widersprüche von Bürgern vollständig berücksichtigt seien. Auch Sammelanträge von Städten und Gemeinden wollte man akzeptieren.

Werden nur Straßen fotografiert?
Nein, Google nimmt tatsächlich eine Art Vermessung der Welt vor: Wo die Street-View-Autos nicht hinkommen, werden Bilder zum Beispiel mithilfe eines Kamerarucksacks, eines Trolleys – eine Art Gepäckwagen mit darauf montierter Kamera für Innenaufnahmen – eines Trikes und sogar mit einem Schneemobil aufgenommen. Denn auch die Antarktis und den Südpol hat Google schon fotografiert. Wer in den 360-Grad-Aufnahmen den „Blick“ nach unten auf den Boden richtet, entdeckt oft, wie das Panorama aufgenommen wurde. Manchmal steht nur ein Stativ auf dem Boden, manchmal hält ein junger Mann mit dunkler Sonnenbrille die Kamera in die Höhe – so auf vielen Aufnahmen in Meißen. Denn auch Privatleute können Bilder zur Verfügung stellen.

Wo kann ich Street-View- Aufnahmen des Kreises finden?
Auf www.google.de/maps gelangt man zunächst zu einer Landkartenansicht. Zieht man das kleine gelbe Männchen unten rechts ins Bild und lässt es an einem Ort fallen, erscheint die Street-View-Ansicht dazu – sofern eine existiert. Wer sich gleich für eine bestimmte Straße oder ein Gebäude interessiert, wird auch bei www.instantstreetview.com fündig.

Wie wird aus den einzelnen Bildern eine 360-Grad-Ansicht?
Das erklärt Google auf seiner Internetseite so: Damit jedes Bild dem richtigen geografischen Standort auf der Karte zugewiesen werden kann, setzt das Unternehmen Signale von Sensoren auf dem Auto, die den GPS-Standort, die Geschwindigkeit und die Richtung messen, miteinander in Beziehung. Um Lücken in den Panoramen zu vermeiden, nehmen nebeneinanderliegende Kameras leicht überlappende Bilder auf, die dann zu einer 360-Grad-Aufnahme zusammengefügt werden. Die Übergänge werden digital so bearbeitet, dass sie möglichst nicht mehr zu erkennen sind. Anhand der Geschwindigkeit, mit der die drei Laser des Autos von Oberflächen reflektiert werden, wird ermittelt, wie weit ein Gebäude oder Objekt entfernt ist. So können Nutzer in der Straßenansicht auf einen weiter entfernten Punkt klicken und gelangen zu einem Panorama des neuen Ortes.

Was, wenn ich von Google fotografiert wurde?
Wer einem Kameraauto von Google begegnet, egal ob im Auto, auf dem Fahrrad oder zu Fuß, kann davon ausgehen, mit großer Wahrscheinlichkeit auch fotografiert worden zu sein – ohne, dass er sein Einverständnis geben konnte. Noch immer gefällt auch nicht jedem die Vorstellung, dass andere Menschen das eigene Haus im Internet lokalisieren können. Über den Link „Problem melden“ in Street View können Nutzer Google mitteilen, wenn sie ihr Haus unkenntlich gemacht haben wollen, erklärt die Sprecherin. „Autokennzeichen und Personen werden automatisch unkenntlich gemacht.“ Ohnehin fragten die Menschen eher an, „warum wir das Street View Bildmaterial für Deutschland nicht aktualisieren beziehungsweise keine neuen Städte hinzufügen und ob eine Unkenntlichmachung eines Hauses rückgängig gemacht werden kann“.