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Die versteckte Dienststelle

Die SZ erinnert an Gebäude und Menschen, die jeder kennt, die aber nicht mehr da sind. Heute: die ehemalige Zittauer Bahnpost.

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© Jens Böhme

Dietmar Rößler

Zittau. „In alle Welt – aus aller Welt“, lasen Zittauer Reisende, ehe sie mit der „Deutschen Reichsbahn“ Dresden erreichten, in Leuchtschrift auf dem Dach des Postgebäudes Dresden 6 kurz vor dem Bahnhof „Neustadt“. Auf ihrem Rückweg gab es bei der Ankunft in Zittau keine solche Dachbotschaft. Aber an einem Postamt fuhren die Reisenden dort auch vorbei: An dem Postamt Zittau 2.

Die heutige Ansicht
Die heutige Ansicht © Thomas Eichler

Rückblende: In einer Zeit, als ausschließlich die Post Nachrichten beförderte, gab es ein dichtes Netz an „amtlichen Postämtern“ im Land. Mitunter waren das „Hingucker“. Wie das „Kaiserliche Hauptpostamt“ in Zittau oder eben das Hauptpostamt 6 in Dresden, das 1995 sogar in die Denkmalliste aufgenommen wurde, wegen „hoher künstlerischer und gestalterischer Qualität, der Architekturmoderne in Westeuropa in nichts nachstehend“ (Sächs. Denkmalspflege). Zahlreiche Ansichtskarten und Fotos dokumentieren Postämter deutschland- ja sogar weltweit.

Das Postamt Zittau 2 jedoch spielte nicht in dieser Liga. Im Gegenteil: Auf den zahlreichen Ansichtskarten, die es vom Zittauer Bahnhof gibt, scheint man das Postamt regelrecht „absichtlich ausgespart“ zu haben. Warum eigentlich? Richtig hässlich war das in den 1920er Jahren entstandene Postgebäude eigentlich nicht. War es vielleicht strategisch bedeutsam? Und durfte aus Geheimnisschutz nicht abgebildet werden? Das ist heute nicht mehr wichtig. Auch das Gebäude war nach 1989 nicht mehr wichtig. Es wurde bald nicht mehr gebraucht und verfiel. Im Oktober 2004 riss man es schließlich ab.

Damit waren über 150 Jahre Postgeschichte am Bahnhof vorbei. Mit dem Siegeszug der Bahn hatte seinerzeit bekanntlich die Postkutsche „ausgespielt“. Postsachen wurden nun per Bahn transportiert. Und die Post musste deshalb natürlich am Bahnhof präsent sein. Zuerst war sie im Bahnhofsgebäude untergebracht, schließlich im eigenen Amtsgebäude.

Gern genutzte Selbstverständlichkeit

Für den umliegenden Stadtteil und die zahlreichen Beschäftigten im Bahnhof und des Phänomen- bzw. Roburwerkes war der nahe liegende Postservice lange Zeit eine gerne genutzte Selbstverständlichkeit. Übrigens hatte Zittau eine ziemlich lange Zeit sogar drei Postämter.

Heutzutage ist das alles anders. In Zeiten von Smartphones hat jeder sein eigenes „Post-Office“ in der Hosentasche. Daher brauchte man diese Dienststelle nicht mehr. Auf dem Gelände hat inzwischen die Schmalspurbahn „einige Weichen in die Zukunft“ gestellt. Das „Bahnpostamt“ ist mittlerweile Zittauer Stadtgeschichte – aber Geschichte, die man in Erinnerung behalten sollte.