Die wichtigsten Ereignisse des Jahres 2018 in Sachsen
Ein "Hutbürger", ein geleakter Haftbefehl und natürlich Chemnitz. Ein ausführlicher Jahresrückblick.
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Sachsen hat 2018 immer wieder überregional die Schlagzeilen bestimmt. Doch auch abseits der politisch aufgeladenen Diskussionen ist viel passiert. Eine Auswahl der wichtigsten Ereignisse:
Januar
2. Januar: Der Lausitzer Traditionsbetrieb Waggonbau Niesky (WBN) teilt mit, dass er trotz guter Auftragslage Insolvenz anmelden musste. Im September übernimmt der slowakische Güterwagenhersteller Tatravagonka in Poprad - und sichert die rund 300 Arbeitsplätze.
2. Januar: Auf dem Twitter-Account des AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier wird ein rassistischer Kommentar über Noah Becker, den Sohn der Tennis-Legende Boris Becker, gepostet. Maier erklärt, ein Mitarbeiter sei dafür verantwortlich.
10. Januar: Einen Monat nach Entdeckung eines toten Säuglings in Niederau (Landkreis Meißen) ist die Mutter gefunden. Gegen die 30-Jährige wird Haftbefehl wegen Verdachts des Totschlags erlassen. Sie gibt zu, das Kind auf einem Feld abgelegt zu haben.
17. Januar: Das Debakel der Landesbank Sachsen kommt den Freistaat weniger teuer zu stehen als ursprünglich angenommen. Wegen erfolgreicher Wertpapierverkäufe muss das Land seinen Garantiefonds von 2,75 Milliarden Euro nicht in voller Höhe ausschöpfen, teilt das Finanzministerium mit.
18. Januar: Das Orkantief "Friederike" fegt über Sachsen und sorgt für erhebliche Schäden. Die Deutsche Bahn stellt den Zugverkehr gänzlich ein. Zahlreiche Haushalte müssen zeitweise ohne Strom auskommen.
31. Januar: Am Landgericht Dresden beginnt der Prozess gegen den sogenannten Moschee-Bomber. Er hatte 2016 Rohrbomben an einer Moschee und dem Dresdner Kongresszentrum explodieren lassen. Sein Motiv: Rassismus. Der 31-Jährige wird im August zu neun Jahren und acht Monaten Haft verurteilt.
Februar
1. Februar: Die Stadt Freiberg beschließt, einen Zuzugsstopp für anerkannte Flüchtlinge zu beantragen. Sie sei bei der Integration an eine Kapazitätsgrenze gestoßen. Im Sommer treffen Stadt und Landkreis eine Vereinbarung zur Flüchtlingsverteilung.
5. Februar: Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) stellt sich bei einem ersten "Sachsengespräch" in Aue den Fragen der Bürger. Er wolle ein Ministerpräsident zum Anfassen sein. Im Laufe des Jahres folgen viele weitere "Sachsengespräche".
21. Februar: Der Bundesgerichtshof entscheidet endgültig in einem Mordfall mit Kannibalismus-Hintergrund: Ein früherer Mitarbeiter des Landeskriminalamtes wird zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Fall hatte jahrelang die Justiz beschäftigt.
27. Februar: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hält Diesel-Fahrverbote in Städten für grundsätzlich zulässig. In der Folge dieses Grundsatzurteils werden im Laufe des Jahres in verschiedenen deutschen Städten Fahrverbote angeordnet.
März
1. März: Nach dem Fund eines toten Babys in Wilkau-Haßlau steht die 33 Jahre alte Mutter vor Gericht. Die Kindergärtnerin wird im Mai wegen Totschlags durch Unterlassen zu drei Jahren Haft verurteilt.
7. März: Im Prozess gegen die rechtsextreme "Gruppe Freital" verhängt das Oberlandesgericht Dresden lange Haftstrafen. Die sieben Männer und eine Frau werden unter anderem wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung schuldig gesprochen. Sie hatten 2015 fünf Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und politische Gegner verübt.
9. März: Die sächsische Staatsregierung nimmt 1,7 Milliarden Euro in die Hand, um dem Personalmangel an den Schulen zu begegnen und den Lehrerberuf attraktiver zu machen. Neue sowie bereits beschäftigte Lehrer unter 42 Jahren können künftig verbeamtet werden.
18. März: Archäologen haben erstmals in Sachsen eine vollständige bronzezeitliche Siedlungslandschaft entdeckt. Sie ist mehr als 3000 Jahre alt. Im Tagebau Nochten stießen sie auf Reste einer Wohnsiedlung, eines Wirtschaftsareals und eines Bestattungsplatzes.
22. März: Wegen einer Brandserie in einem Wohnhaus in Döbeln wird eine 70 Jahre alte Frau zu neun Jahren Haft verurteilt. Sie soll die Feuer aus latentem Ausländerhass gelegt haben. Bei einem Brand starb eine 85 Jahre Mieterin.
29. März: Sachsen erlebt die schwerste Grippewelle seit Jahren. In der Saison 2017/18 werden am Ende 47 765 Erkrankte und 176 Tote gemeldet.
April
6. April: Der Deutsche Wetterdienst kündigt Wärme und viel Sonnenschein für Sachsen an - eine Vorhersage, die fast für das gesamte Jahr zutreffen wird. Natur und Landwirtschaft leiden unter der Dürre, Freibäder freuen sich über bestes Badewetter.
18. April: Ein halbes Jahr nach der Explosion in einem Leipziger Wohnhaus beginnt ein Prozess gegen einen Mieter. Der 29-Jährige hatte Feuer gelegt, um bei der Hausratversicherung abzukassieren. Das Landgericht Leipzig verurteilt ihn zu dreizehneinhalb Jahren Haft.
20. April: Ausnahmezustand im beschaulichen Ostritz an der deutsch-polnischen Grenze: Neonazis aus ganz Deutschland reisen zum Festival "Schild & Schwert" an. Dagegen wird vielfältig protestiert. Im November gibt es ein zweites derartiges Festival.
27. April: Der Feinkost-Hersteller Homann sagt den Umzug nach Sachsen ab. Die Unternehmensgruppe Theo Müller teilt mit, dass stattdessen rund 200 Millionen Euro in die bestehenden Standorte Dissen, Bad Essen, Bottrop und Rogätz investiert werden sollen.
Mai
8. Mai: Die umstrittenen Schließungspläne für den Siemens-Standort in Görlitz sind endgültig vom Tisch. Unternehmensführung, Gesamtbetriebsrat und IG Metall einigen sich auf einen Zukunftspakt für die schwächelnde Kraftwerks- und für die Antriebssparte. Görlitz soll zur weltweiten Zentrale für das Industriedampfturbinengeschäft ausgebaut werden.
14. Mai: Im "Sachsensumpf"-Prozess werden die beiden Angeklagten wegen uneidlicher Falschaussage zu Geldstrafen verurteilt. Eine frühere Referatsleiterin des Verfassungsschutzes soll 14000 Euro zahlen, ein ehemaliger Kriminalist 7000 Euro. Sie sollen vor einem U-Ausschuss falsche Angaben gemacht haben.
16. Mai: Fußball-Bundesligist RB Leipzig und Trainer Ralph Hasenhüttl haben sich getrennt. Der Club habe dem Wunsch des Trainers nach vorzeitiger Vertragsauflösung entsprochen, teilt der Verein mit. Nachfolger wird für ein Jahr Ralf Rangnick, danach soll Julian Nagelsmann übernehmen.
23. Mai: Der Fund einer Fliegerbombe wird in Dresden zu einer dreitägigen Nervenprobe. Eine Entschärfung missglückt zunächst, Dämmmaterial gerät in Brand. Rund 9000 Menschen müssen bei Verwandten und in Notunterkünften ausharren.
14. Juni: Die Leipziger Studentin Sophia L. will nach Nürnberg trampen. Sie kommt nicht an. Später wird ihre Leiche in Spanien gefunden. Ein aus Marokko stammender Lastwagenfahrer wird unter Mordverdacht festgenommen.
25. Juni: Die Kohlekommission der Bundesregierung kommt erstmals zusammen. Das Gremium soll ein Datum für den Ausstieg aus der Stromgewinnung aus Kohle sowie die Rahmenbedingungen für den Strukturwandel in den Revieren festlegen.
27. Juni: Das Rettungsschiff "Lifeline" einer Dresdner Hilfsorganisation darf nach tagelanger Blockade auf hoher See einen maltesischen Hafen anlaufen. Es hat 230 Migranten an Bord. Gegen den deutschen Kapitän beginnt ein Prozess in Malta.
Juli
4. Juli: Der Bundesgerichtshof bestätigt die Verurteilung des Mörders von Heike Wunderlich zu lebenslanger Haft. Der Mann hatte die damals 18-Jährige im April 1987 in einem Waldstück in Plauen vergewaltigt und getötet. Erst nach fast 30 Jahren führte eine DNA-Spur zu ihm als Täter.
9. Juli: Fünf Ex-Manager des Finanzdienstleisters Infinus werden wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs und Kapitalanlagebetrugs zu Freiheitsstrafen verurteilt. Sie sollen ein Schneeballsystem betrieben und Anleger um rund 312 Millionen Euro betrogen haben.
August
8. August: Bei der Polizei sind wegen "Absaufen! Absaufen!"-Rufen von Pegida-Anhängern zahlreiche Anzeigen eingegangen. Sie richteten sich gegen die Dresdner Seenotretter "Mission Lifeline". Ermittlungen gegen die Rufer werden geprüft.
14. August: Die CDU will den Schutzstatus des Wolfes senken und fordert bessere Möglichkeiten für Eingriffe in die Wolfspopulation. Der Bund solle das Wolfsmanagement länderübergreifend anpassen. Auffällige Wölfe müssten schnell geschossen werden können, verlangen die Christdemokraten.
16. August: Während eines Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werden Fernsehreporter von der Polizei aufgehalten. Es hagelt Kritik. Zuvor hatte ein Pegida-Demonstrant mit Deutschland-Hütchen vehement verlangt, nicht gefilmt zu werden. Später wird bekannt, dass der "Hutbürger" beim sächsischen Landeskriminalamt arbeitet.
26. August: Chemnitz gerät bundesweit in den Fokus. Am Rande des Stadtfestes wird ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen. Tatverdächtig sind Asylbewerber. Es kommt zu Demonstrationen, bei denen Rechtsextreme und Hooligans den Ton angeben. Die Polizei hat die Lage anfangs kaum im Griff. Es folgen Hitlergrüße, Attacken auf Ausländer und Anschläge auf Restaurants. Sachsens Regierungschef verurteilt Rechtsextremismus, sagt aber auch: "Es gab keinen Mob, keine Hetzjagd und keine Pogrome." Über den Begriff Hetzjagd entbrennt eine Diskussion, nach der der Verfassungsschutzchef seinen Hut nehmen muss. Chemnitz kommt wochenlang nicht zur Ruhe.
29. August: Im Internet kursiert der Haftbefehl gegen einen Tatverdächtigen im Fall des getöteten Deutschen in Chemnitz. Ein Dresdner Justizvollzugsbeamter gibt zu, das Dokument weitergegeben zu haben. Er wird vom Dienst suspendiert.
September
1. September: Begleitet von Gegenprotesten gibt es in Chemnitz eine gemeinsame Kundgebung der AfD und des ausländerfeindlichen Bündnisses Pegida. Dabei sind auch Demonstranten der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz. Die Polizei beziffert die Zahl der Demonstranten insgesamt auf 8000.
3. September: Bands wie die Toten Hosen und Feine Sahne Fischfilet laden zu einem Gratis-Konzert gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Gewalt nach Chemnitz. Die Veranstalter sprechen von 65 000 Besuchern beim #wirsindmehr-Konzert.
12. September: Die Justiz wendet im Fall der Hitlergrüße von Chemnitz Schnellverfahren an. Mehrere Männer werden nacheinander wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilt.
13. September: Der Fraktionschef der CDU im Landtag, Frank Kupfer, tritt zurück. Er ist an einer Depression erkrankt. Als Nachfolger wählt die Fraktion nicht den von ihm und Regierungschef Kretschmer favorisierten Kandidaten, sondern den Innenexperten Christian Hartmann.
18. September: Drei Wochen nach dem Tod eines 35-Jährigen in Chemnitz wird der Haftbefehl gegen einen der Verdächtigen aufgehoben. Ein zweiter Verdächtiger bleibt in U-Haft, nach einem dritten Mann wird international gefahndet.
Oktober
1. Oktober: In Sachsen und Bayern werden sechs Männer wegen des Verdachts der Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung festgenommen. Sie sollen zusammen mit einem weiteren, bereits in U-Haft sitzenden Mann die Gruppe "Revolution Chemnitz" gebildet haben.
16. Oktober: Mit einem Informationstag startet der bundesweite Wettbewerb um den Titel der europäischen Kulturhauptstadt 2025. Im Rennen sind acht Städte, darunter die sächsischen Vertreter Dresden, Zittau und Chemnitz.
27. Oktober: Martin Dulig bleibt für weitere zwei Jahre Vorsitzender der sächsischen SPD. Der 44-Jährige wird auf einem Parteitag in Dresden mit knapp 84 Prozent im Amt bestätigt. Dulig führt die sächsischen Sozialdemokraten seit 2009.
November
1. November: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besucht erstmals Chemnitz. Er verurteilt das Verbrechen am Rande des Stadtfestes ebenso wie die rechten Kundgebungen.
1. November: Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) will mit einer eigenen Landesverkehrsgesellschaft den Nahverkehr im Freistaat künftig zentral regeln. Bisher wird der ÖPNV von fünf Zweckverbänden organisiert.
3. November: Die slawische Minderheit der Sorben und Wenden in der Lausitz hat ein eigenes Parlament gewählt, den Serbski Sejm. Welche Rolle und welchen Einfluss es künftig haben wird, ist noch unklar. Dem Dachverband Domowina will es keine Konkurrenz machen.
6. November: Die Bahnstrecken Dresden-Prag und Leipzig-Chemnitz sind im Bundesverkehrswegeplan in die Top-Kategorie mit gesicherter Finanzierung hochgestuft worden. Zudem sollen die Verbindungen von Dresden nach Görlitz und von Görlitz nach Cottbus von einem neuen Elektrifizierungsprogramm profitieren.
14. November: Der Schauspieler Rolf Hoppe ist gestorben. Der König aus dem Kultfilm "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" wurde 87 Jahre alt.
16. November: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht Chemnitz. Hunderte Menschen protestieren gegen sie und ihre Politik. Merkel ruft die Menschen zur Abgrenzung gegen Rechtsradikale auf.
25. November: Das Verwaltungsgericht Dresden erklärt Kopfnoten in Schülerzeugnissen teilweise für verfassungswidrig. Das Kultusministerium will an den Noten festhalten und prüft, diese Entscheidung anzufechten.