Merken

Die wollen nur fressen

Zurzeit sieht man Igel auch tagsüber, obwohl sie eigentlich nachtaktiv sind. In Not sind die Tiere aber nicht – meistens.

Teilen
Folgen
© dpa

Von Susanne Sodan

Löbau. Gerade noch dem Sensenmann entkommen. Der letzte kleine Patient, den Karin Schönlebe aus Löbau gepflegt hat, hatte eine Begegnung mit einer Motorsense. Zurückgeblieben ist nur eine kleine Verletzung, deshalb hat Karin Schönlebe den Igel aufgenommen und gepflegt. „Ich bin kein Tierarzt“, sagt sie. Ist ein Igel stärker verletzt, bringt sie ihn zum Veterinär oder in den Tierpark. Für kleinere Notfälle aber betreibt sie eine Auffangstation im Keller ihres Hauses in Löbau. Der Igelkeller.

Karin Schönlebe engagiert sich seit 1982 als Naturschutzhelferin. Bei der Stadt Löbau arbeitet sie als Sachbearbeiterin für Umwelt, Landschaft und Gewässerschutz. Zurzeit sind noch viele Igel in den Gärten, auf den Fußwegen und an den Straßenrändern unterwegs, hat sie beobachtet. „Sie sind wegen der Temperaturen noch aktiv“, erklärt sie. Zwar war das Wetter in den vergangenen Wochen immer wieder verregnet und trüb, es gab aber auch milde Tage. „Die Igelmännchen fangen jetzt an, den Winterbau zurechtzumachen“, erklärt Karin Schönlebe. Die Weibchen sind nach der Aufzucht der Jungtiere noch auf Futtersuche für sich selbst. Und die Jungigel suchen nach einem eigenen Revier. „Man sollte also nicht jeden Igel, den man sieht, wegsammeln“, sagt Frau Schönlebe. Zumal das auch Gefahren bergen kann: „Es wird sehr unterschätzt, dass Igel auch Krankheiten übertragen können, zum Beispiel Lungenwürmer“, sagt die Tierschützerin.

Auch Catrin Hammer vom Görlitzer Tierpark rät, die Tiere in Ruhe lassen. Viele besorgte Tierfreunde würden dennoch annehmen, die Tiere wären krank oder unterernährt und bedürften menschlicher Hilfe. Das sei allerdings in den wenigsten Fällen notwendig. Selbst junge Igel im Alter zwischen drei und vier Wochen verlassen oft tagsüber für kurze Zeit das Nest, erklärte Frau Hammer. Sie finden allein zurück und benötigen keine Hilfe. Da die Fortpflanzungszeit der Igel zwischen Mai und August liegt, können bis in den späten Herbst hinein noch kleine Stachelträger gesichtet werden.

Mitnehmen sollte man Igel nur, wenn sie verletzt sind, oder wenn man bei Minusgraden ein Tier entdeckt, das deutlich zu klein ist. Etwa 300 Gramm sind dafür ein Grenzwert. Dann sind auf jeden Fall auch die Wildtierauffangstationen bei den Tierparks in Görlitz und Zittau eine Anlaufstelle. Ansonsten ist es sogar verboten, Igel einfach mitzunehmen, sagt Carin Hammer, denn sie zählen zu den geschützten Arten. Für die Tiere bedeute das in unbegründeten Fällen auch viel Stress. Helfen kann man den Igeln viel mehr, in dem man ihnen im Garten Versteckmöglichkeiten in Form von großen, geschützten Laubhaufen oder isolierten Holzkisten anbietet und auf den Einsatz von Insektiziden verzichtet.

Nimmt man tatsächlich einen Igel auf, sollte man ihm keinesfalls Milch geben, rät Karin Schönlebe aus Löbau. Viel besser: Wasser, Katzenfutter und – wenn man rankommt – Mehlwürmer. Den Igel, der dem Sensenmann begegnet ist, hat sie bereits in die freie Wildbahn entlassen. Sie versucht, die Tiere an dem Ort ins Freie zu lassen, wo sie entdeckt wurden. Die Tiere haben ja ein festes Revier, zu dem sie immer versuchen zurückzukehren. (mit SZ/ag)

Die Wildtierauffangstation des Naturschutz-Tierparks in Görlitz ist unter 0160 90954800 erreichbar. Weitere Informationen zum Thema Igel gibt es auch im Internet.