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Die Wunde verheilt

Modellfotos/Computeranimationen unter – http://www.vivico.de/deutsch/Presse/Bildarchiv/index.php? – Und dann zu „Lehrter Stadtquartier“ Ein Haus beschleunigt die Wundheilung Berlin. Der neue Hauptbahnhof zieht unerwartet schnell Investoren an.

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Modellfotos/Computeranimationen unter – http://www.vivico.de/deutsch/Presse/Bildarchiv/index.php? – Und dann zu „Lehrter Stadtquartier“

Ein Haus beschleunigt die Wundheilung

Berlin. Der neue Hauptbahnhof zieht unerwartet schnell Investoren an.

Sven Siebert

Es ist immer noch eine groteske Szenerie: Inmitten der Millionen-Stadt, der Regierungsmetropole, der Hauptstadt eines der mächtigsten Länder der Erde klafft ein Loch. Wer Berlin mit der Bahn erreicht und den neuen Hauptbahnhof erwartungsvoll verlässt, findet sich in märkischer Steppe – am Horizont zwar die Regierungsbauten, vor der kathedralenhaften Eisenbahnstation aber nur provisorischer Asphalt, umzäunte Sandflächen, verkrautete Grundstücke.

Doch zwei Monate nach der Eröffnung des spektakulären Bahnhofs deutet sich an, dass sich an dieser Ausnahmesituation bald etwas ändern könnte. Schneller als von den pessimistischen Berliner Projektentwicklern erwartet haben Investoren Interesse entwickelt.

Fachleute schätzen nach einem Bericht des Berliner „Tagesspiegels“, dass die neuen Bauherren in der direkten Umgebung des Bahnhofs für Grundstückskäufe und Neubauten rund 500 Millionen Euro ausgeben werden. „Die Eröffnung des größten Kreuzungsbahnhofs Europas hat die Nachfrage deutlich angekurbelt“, sagt Holger Lippmann, Geschäftsführer des Berliner Liegenschaftsfonds.

Das ist eigentlich kein Wunder. Wo auf dem früheren Mauerstreifen lange Zeit nur Sandstürme das Wirbeln üben konnten, wo niemand hinging, der nicht gerade auf der milliardenteuren Bahnhofsbaustelle arbeitete, sind plötzlich Menschen! Zehntausende ergossen sich während der Fußballweltmeisterschaft aus den gläsernen Portalen des Bahnhofs auf die unbestellten Vorplätze.

Auf dem eisernen Steg über die Spree, über den man zu Fuß Kanzleramt, Reichstag und Brandenburger Tor erreichen kann, drängelten sich plötzlich Fußballfans, Touristen, Bundestagsmitarbeiter, Familien, Kinder – sogar Berliner sollen unter ihnen gewesen sein.

Die Berliner sind bekanntermaßen grundsätzlich skeptisch gegenüber Neuerungen eingestellt. In den Zeitungen der Hauptstadt wurde diskutiert, wozu man bitte mitten im Nirgendwo einen neuen Bahnhof brauche, der darüber hinaus nahverkehrstechnisch schlecht angeschlossen ist.

Jetzt gibt der Bahnhof selbst eine Antwort. Er schafft sich die Stadt, die ihn in ihrer Mitte braucht. Offenkundig hat es in den vergangenen Wochen auch den einen oder anderen potenziellen Geldgeber auf das Areal verschlagen. Es gelingt, den bisherigen „Unort als Ort zu positionieren“, wie Wilhelm Brandt, Sprecher der bundeseigenen Entwicklungsgesellschaft „Vivico“, sagen würde.

Brandt berichtet von einer sprunghaft gestiegenen Nachfrage nach den hier gelegenen Grundstücken. Die noch leeren Grundstücke entlang der Spree ließen sich nun schnell vermarkten. Mittelständler seien aufmerksam geworden und an den geplanten Immobilienangeboten interessiert.

Der Bahnhof wirke als „städtebaulicher Antriebsmotor“ und entwickele eine „Wahnsinnsdynamik“, sagt Brandt. Vor allem Hotels und Büros werden entstehen. Auch ein Hochhaus, in das vermutlich die Zentrale der Bahn AG einziehen wird. Es sieht so aus, als bildete sich in Berlin nun neben Kurfürstendamm, Potsdamer Platz, Friedrichstraße und Alexanderplatz ein fünftes innerstädtisches Zentrum.

Wie lange das dauert, will der Vivico-Sprecher nicht vorhersagen. Die „Wunde“ in der Mitte Berlins werde aber zuwachsen.