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Dieses Brauchtum ist ein Knaller

Am Sonnabend gibt’s an vielen Orten der Oberlausitz wieder ein traditionelles Osterschießen. Selbst die Polizei mag den lauten Feuerzauber.

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© Rafael Sampedro

Von Markus van Appeldorn

Oberlausitz. Nirgends im Lande wird das Osterfest mit mehr Getöse begrüßt als in der Oberlausitz. Am kommenden Sonnabend heißt es auch im Südkreis wieder „Feuer frei!“ zum Osterschießen. Mit diesem Brauch vertreiben die Menschen zu Frühlingsbeginn nicht nur böse Geister, sondern schießen gewissermaßen auch Salut zum Fest der Auferstehung Christi.

Besonders aufgeweckt sind die Osterschützen in Kleindehsa/Kötschau. Und wenn sie anfangen, sind auch alle anderen wach. Punkt sechs Uhr am Morgen des Karsamstag scheppert die erste Salve. Und regelmäßig nimmt die Milchkannen-Kanonade erst weit nach Mitternacht ein Ende.

Volksfest-Charakter hat das Osterschießen des JC Berthelsdorf. Der Verein lädt am Sonnabend ab 18 Uhr auf den Sportplatz zum Milchkannendeckelweitschießen für Jedermann. Anschließend werden die Milchkannen am Osterfeuer nach altem Brauch bis zum Morgengrauen des Ostersonntag weiterknallen.

Ordentlich beben wird am Sonnabend auch der Gusseiserne Turm auf dem Löbauer Berg. Die Turmgaststätte bittet Groß und Klein zum Ostereiersuchen und lässt ab 14 Uhr die Kannen knallen. Im Obercunewalder Polenzpark richtet der Schützenverein Cunewalder Tal von 10 bis 18 Uhr das Osterschießen aus.

Und so funktioniert das Osterschießen: Man braucht eine Milchkanne, in die man am Boden oder am unteren Ende ein verschließbares Loch bohrt – als Verschluss kann auch etwa ein Zweig dienen. In die Kanne legt man ein etwa faustgroßes Stück Karbid, gibt ein wenig Wasser darauf und verschließt die Kanne mit einem Deckel und wartet einige Sekunden. Durch eine chemische Reaktion entsteht nun das explosive Gas Acetylen. Wenn man nun das Gasgemisch in der Kanne mit einer Fackel an dem Loch entzündet, speit die Kanne Feuer und der Deckel schießt mit einem lauten Knall davon.

Die richtige Menge von Karbid und Wasser zu treffen – das ist Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Profis bringen es auf Schussweiten von über 100 Metern. Oft böllern die Schützen auch senkrecht in die Höhe – dann müssen sie dem Geschoss nicht mühsam hinterherlaufen.

Die Polizei betrachtet die lautstarke Brauchtumspflege mit viel Wohlwollen. „Das Osterschießen ist für unser Einsatzgeschehen völlig irrelevant“, sagt Thomas Knaup von der Polizeidirektion Görlitz.