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Dippoldiswalde: Hier gehen Schüler den ersten Schritt in Richtung Beruf

Wie will ich leben? Welcher Job passt zu mir? Wo sind meine Stärken? Bis zum Freitag gehen mehr als 700 Schülern aus dem Kreis diesen Fragen nach.

Von Maik Brückner
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Auf der Bühne in den Parksälen sollten die Schüler  des Heidenauer Gymnasiums kreativ werden. Moderatorin  Babette  Erdmann half dabei mit.
Auf der Bühne in den Parksälen sollten die Schüler des Heidenauer Gymnasiums kreativ werden. Moderatorin Babette Erdmann half dabei mit. © Egbert Kamprath

Viel Zeit bleibt Anni, Madita, Alexandra und Emma nicht. Gut fünf Minuten haben die vier Gymnasiastinnen aus Heidenau, um sich ein kurzes Theaterstück auszudenken, das sie ihren Mitschülern zeigen wollen. Wenig später stehen sie auf der Bühne der Parksäle in Dippoldiswalde und führen ihr Stück "Neu im Freundeskreis" auf. Von der Seite gibt Babette Erdmann Tipps. Die Sozialpädagogin hat selbst Theater gespielt. Heute leitet sie auf der Bühne das Minitheater, das im Rahmen der Aktion "Komm-Auf-Tour" aufgebaut wurde, die noch bis Freitag in den Parksälen läuft.

Ziel der von der Wirtschaftsförderung des Landkreises und der Agentur für Arbeit Pirna organisierten Aktion ist es, Schülern der siebten und achten Klasse ihre Stärken aufzuzeigen. Das geschieht in einem Erlebnisparcours mit vier Stationen, den die Schüler in Gruppen ohne Lehrer durchlaufen, erklärt Veranstaltungsleiter Marcus Stein von der Kölner Firma Sinus, die das Format entwickelt hat. Neben dem Theater ist auch eine "sturmfreie Bude" aufgebaut, die aufgeräumt werden muss. "Hier zeigen sich die Stärken des Alltags", sagt Stein. Nebenan im "Zeittunnel" blicken die Schüler in die Zukunft. Sie philosophieren darüber, wie ihr Leben in zehn Jahren aussehen könnte. "Es geht um Berufs- und Lebensplanung", sagt Stein. Im "Labyrinth" geht es darum, "den Weg durchs Leben zu finden" und Ansprechpartner kennenzulernen.

Im Zeittunnel machen sich die Schüler Gedanken zur Berufs- und Lebensplanung.
Im Zeittunnel machen sich die Schüler Gedanken zur Berufs- und Lebensplanung. © Egbert Kamprath

An allen Stationen wird den Schülern gezeigt, wo ihre Stärken liegen. Verantwortlich dafür sind Reisebegleiter, die von der Firma Sinus, der Agentur für Arbeit, Schulen oder Unternehmen aus der Region gestellt werden. Sie beobachten die Schüler und verteilen Buttons. Für handwerkliches Geschick gibt es zum Beispiel einen roten Button, für gutes Reden einen blauen, für Zahlenfüchse einen gelben. Insgesamt werden sieben Stärken bewertet. Am Ende des knapp zweistündigen Rundgangs müssen sich die Jugendlichen für eine Topstärke entscheiden. Sie erhalten eine kleine Broschüre, den Stärkenwegweiser. In diesem finden sie Ausbildungs- und Studiengänge aufgelistet, die zu ihren Stärken passen.

Das ist kein Diagnoseprojekt

"Das ist kein Diagnoseprojekt", sagt Veranstaltungsleiter Stein. Dafür sei die Zeit zu kurz. Dennoch sei das Projekt geeignet, den Jugendlichen ihre Stärken aufzuzeigen. In den Schulen wird der Tag nachbereitet. Das geschieht im WTH-Unterricht - das Kürzel steht für Wirtschaft, Technik, Haushalt - und in der Berufsorientierung. "Dafür stellen wir Materialien zur Verfügung", sagt Stein. Für ihn und die Veranstalter sind die "Komm-Auf-Tour" der Beginn der Berufsorientierung. Deshalb findet diese "Tour" zu Beginn des Schuljahres statt. Später folgen die Potenzialanalyse und die Berufsberatung mit den Praxisberatern in den Schulen. Und dann folgen unter anderem noch der "Tag der Ausbildung" und die Aktion "Schau rein".

Veranstaltungsleiter Marcus Stein, Oberbürgermeisterin Kerstin Körner, Agenturchef Ronny Beck, Jobcenter-Chef Michael Kühne, Susa-Ausbildungsleiterin Solvig Heller-Hess, Manuela Förster von der Wirtschaftsförderung SOE und Moderator Mark Schlumberger (v.l
Veranstaltungsleiter Marcus Stein, Oberbürgermeisterin Kerstin Körner, Agenturchef Ronny Beck, Jobcenter-Chef Michael Kühne, Susa-Ausbildungsleiterin Solvig Heller-Hess, Manuela Förster von der Wirtschaftsförderung SOE und Moderator Mark Schlumberger (v.l © Egbert Kamprath

Der Veranstalter, die Firma Sinus, hat mit diesem Konzept gute Erfahrungen gemacht. Die Schüler der siebten und achten Klasse können nicht nur ihre Stärken entdecken, sondern auch erste Kontakte zu Unternehmen aus der Region knüpfen, die das Projekt unterstützen, so Stein. Sie stellen Mitarbeiter und Auszubildende zur Verfügung und helfen bei der Vermittlung von Praktika, Ausbildungs- oder dualen Studienplätzen. Heute ist Solvig Heller-Hess mit von der Partie. Sie arbeitet als Ausbildungsleiterin bei der Heidenauer Präzisionsdreherei Susa S. Sauer. Sie schätzt die Gesprächsatmosphäre: "Die Schüler sind lockerer als auf einer Berufsmesse oder beim Elternabend.

"Komm-Auf-Tour" in Dippoldiswalde

  • Die Aktion findet zum vierten Mal im Landkreis statt und läuft in dieser Woche von Montag bis Freitag in den Dippser Parksälen.
  • Dabei kooperieren der Landkreis, die Agentur für Arbeit, die Stadt Dippoldiswalde und das Jobcenter. "Die enge Zusammenarbeit zwischen BA und Wirtschaftsförderung ist einmalig", sagt der Pirnaer BA-Chef Ronny Beck.
  • Insgesamt 922 Schüler aus 21 Gymnasien, Ober- und Förderschulen - vor allem aus der Weißeritzregion - nehmen an der Aktion teil. 35 Schulen hatten sich beworben.
  • Pro Tag gibt es drei Durchgänge mit 50 bis 70 Jugendlichen - das sind zwei bis drei Schulklassen.
  • Die Eltern werden in einem digitalen Elternabend über das Projekt informiert.

Auch Ronny Beck, Regionalleiter der Agentur für Arbeit Pirna, ist von dem Format begeistert: Für manche Schülerinnen und Schüler ist es das erste Mal, dass sie sich mit sich selbst beschäftigen und fragen: Was kann ich gut? Die Entscheidung, wie es später weitergehen soll, sei nicht einfach: Immerhin gibt es 300 Ausbildungsberufe und tausende Studiengänge. "Schülerinnen und Schüler können sich aufgrund dieser Fülle schwerer entscheiden", so Beck. Deshalb sei eine professionelle Vorbereitung wichtig. Auch die Dippser Oberbürgermeisterin Kerstin Körner (CDU) findet die Idee der Aktion gut: Es sei gut, wenn man früh wisse, was man werden will. Schließlich solle jeder seinen Beruf gerne ausüben. "Das versuchen wir, den Jugendlichen mit auf den Weg zu geben."

Auf der Bühne ist indes der Kurzauftritt der vier Heidenauer Schüler beendet. Babette Erdmann bescheinigt Anni, Madita, Alexandra und Emma: "Super, bitte an den Bühnenrand treten und verbeugen". Es gibt Applaus. Die Sozialpädagogin lobt sie und die anderen Schüler: "Super, Klasse, was in kurzer Zeit entstehen kann", und spornt an: "Übung macht den Meister!" Die Reisebegleiter gehen durch die Reihen und verteilen Stärkepunkte - hier fürs Kreativsein und fürs Reden.