SZ + Dippoldiswalde
Merken

Dippoldiswalde: Schläge wegen zu lauter Musik am Busbahnhof

Ein Mann wurde oder fühlte sich provoziert und langte zu. Vom Gericht bekommt der mehrfach vorbestrafte Lokführer trotzdem eine Chance.

 4 Min.
Teilen
Folgen
Symbolfoto.
Symbolfoto. © dpa

Von Walter Neuwirth

Wegen Schädelprellung und einigen Kratzern eine Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus lag im Januar 2020 ein damals 15-Jähriger Jugendlicher. Den Tätlichkeiten, die er erlitten hat, ging ein Streit mit einem Mann voraus. Der Junge und ein etwa gleichaltriges Mädchen hatten sich nach der Schule am Dippser Busbahnhof getroffen, um dort etwas abzuhängen, während der 33-Jährige auf seinen Bus wartete.

Die mitgebrachte Musikbox der Jugendlichen lief dabei offenbar derart laut, dass dies den Mann störte und er die Jugendlichen aufforderte, diesen unangenehmen Krach zu beenden. Dann kam es zur Gewalt.

Dafür musste sich nun der mittlerweile 36-jähriger Deutscher vor dem Amtsgericht Dippoldiswalde verantworten. Dort wurden nun die Aussagen der beiden Jugendlichen verlesen, die inhaltlich jedoch teilweise abwichen vom Geständnis des Angeklagten.

Nicht zu klären war, ob die beiden Jugendlichen den Mann bewusst provoziert und somit in Rage gebracht haben oder ob der 33-Jährige einfach grundlos ausrastete bzw. maßlos überreagierte, als er den 15-jährigen Jungen packte, ihn zu sich zog und ihm dann von der Seite Faustschläge gegen Kopf und Hals versetzte.

Der Angeklagte gestand vor Gericht ohne Umschweife, den Jungen geschlagen und auch die Musikbox beschädigt zu haben, jedoch sprachen er bzw. sein Anwalt von weniger als in der Anklage genannten Fausthiebe. Die Jugendlichen seien seiner wiederholten Aufforderung nach Reduzierung der Lautstärke nicht nachgekommen und hätten ihn damit bewusst weiter provoziert.

Die vom Angeklagten angeblich getragenen und mit Quarzsand gefüllten Handschuhe, ließen sich in der Verhandlung nicht zweifelsfrei bestätigen. Dieser ursprüngliche Verdacht hatte zur strafverschärfenden Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung geführt, weil Quarzhandschuhe als „gefährliches Werkzeug“ gelten.

Gefängniserfahrung und erhöhte Gewaltbereitschaft

Die Betrachtung der persönlichen Vorgeschichte des Angeklagten, von Beruf Lokomotivführer, zeigte einen Menschen mit oftmals erhöhter Gewaltbereitschaft sowie bereits einigen Gefängnisaufenthalten, meist im Zusammenhang mit Gewalt und Überreaktionen. Aufgrund seiner attestierten, gesundheitlichen und psychischen Probleme ist der Dresdner bereits seit Jahren auch freiwillig in ärztlicher Behandlung und sozialer Betreuung gewesen.

Wegen dieses nun erneuten Vorfalles während seiner noch bestehenden Bewährungszeit hätte der Angeklagte vom Grundsatz her nun wohl wieder direkt wieder im Gefängnis landen müssen.

Die Staatsanwaltschaft erkannte jedoch in ihrem Plädoyer - und danach auch das Gericht in seinem Urteil- Ansätze der positiven Stabilisierung des Verhaltens des Angeklagten, weshalb das Gericht, dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgend, den Angeklagten zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilte.

Erkennbar reuiger Angeklagter

Die zuvor verlesenen, weitgehend hoffnungsvollen Umstände der zurückliegenden Bewährungszeit wie auch die Zeugenaussagen der Bewährungshelferin und des Leiters der Betreuungseinrichtung, in welcher der Angeklagte aktuell wohnt, ließen derlei positive Ansätze erkennen. Diese Sozialprognose sowie auch der erkennbare, freiwillige Antrieb, diese Situation zu verbessern, gereichten dem Angeklagten zum Vorteil. Er wird nicht weggesperrt. Amtsrichter Xaver Seitz führte dem erkennbar reuigen Angeklagten dennoch die Konsequenzen vor Augen, die ein weiteres Fehlverhalten mit sich bringen würde.

Lange Bewährungszeit von fünf Jahren

Um die Bewährung in gewisser Weise abzusichern, verfügte das Gericht, den Wohnsitz auf fünf Jahre in der aktuellen betreuten Wohnform zu halten und ordnete gleichzeitig eine lange Bewährungszeit von fünf Jahren an.

Der Angeklagte sowie sein Anwalt akzeptierten dieses Urteil und verzichteten auf Rechtsmittel. Es ist davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft sich ebenso entscheiden wird, womit dieses Urteil dann auch rechtskräftig wäre.