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Gasthof Obercarsdorf steht zum Verkauf

Der Wirt, Lutz Seifert, will nicht schließen, sucht aber einen Nachfolger für das Haus direkt an der Weißeritztalbahn und der Bundesstraße B170.

Von Franz Herz
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Gastwirt Lutz Seifert möchte seinen Platz gern in neue Hände übergeben.
Gastwirt Lutz Seifert möchte seinen Platz gern in neue Hände übergeben. © Egbert Kamprath

Der Gasthof Obercarsdorf liegt verkehrsgünstig mitten in dem Ortsteil von Dippoldiswalde, direkt an der Bundesstraße B170 sowie der Weißeritztalbahn. Nun steht das Haus zum Verkauf. „Das darf man nicht falsch verstehen. Es ist nicht so, dass wir zumachen. Der Betrieb geht weiter“, sagt Lutz Seifert, der Inhaber.

Generationswechsel steht bevor

„Aber ich bin auf der Suche nach einem Nachfolger – aus Altersgründen“, ergänzt er. Er ist 64 Jahre alt. Da ist es Zeit, sich Gedanken um den Generationswechsel zu machen. Seifert hat den Dippser Makler Steffen Steger beauftragt, einen Interessenten zu finden. Der hat den Gasthof für 330.000 Euro ins Internet gestellt.

Beiden ist aber klar, dass es schwierig wird, einen Nachfolger zu finden, der den Gasthof in der bisherigen Form weiterführt. „Selbst wenn sich ein ernsthafter Interessent meldet, wird er große Schwierigkeiten haben, von einer Bank eine Finanzierung zu bekommen“, sagt Seifert. Er hat aber dennoch Hoffnung, dass er den Gasthof an einen Jüngeren übergeben kann.

Gemeinde hat 1995 den Gasthof verkauft

Er selbst hatte ihn 1995 von der Gemeinde Obercarsdorf gekauft. Der damalige Bürgermeister Karl-Günter Schneider erinnert sich noch daran. „Wie die Gemeinde Obercarsdorf in den Besitz des Gasthofs gekommen ist, weiß ich nicht mehr. Aber die Familie Seifert war für uns die Rettung. So blieb er erhalten. Wir selbst konnten ja keinen Gasthof betreiben“, sagt er.

Treffpunkt für alle, Reiter, Jäger und Karnevalisten

Der Gasthof war vorher schon und dann unter dem neuen Betreiber Treffpunkt für den Ort und auch für benachbarte Dörfer. Dort trafen sich die Reiter nach der Fuchsjagd. Der Obercarsdorfer Karnevalsklub hatte auf dem Saal sein festes Domizil für die alljährlichen Veranstaltungen. Landwirte diskutierten dort mit Politikern. Der damalige Ministerpräsident Georg Milbradt war 2005 zum Kreisparteitag der CDU nach Obercarsdorf gekommen. Das kirchliche Frauenfrühstück fand dort ebenso seinen Platz wie Skatturniere, der sächsische Bioenergietag, Imker- und Jägerversammlungen.

Tradition reicht 200 Jahre zurück

„Es war der kulturelle Mittelpunkt im Ort. Wir waren so froh, dass wir Herrn Seifert als Wirt hatten“, erinnert sich Schneider. Er berichtet von vielen Weihnachtsfeiern oder Tanzveranstaltungen, bei denen man sich auf dem Saal getroffen hat.

So sah der Gasthof Obercarsdorf Mitte der 1990er-Jahre aus, nachdem Lutz Seifert ihn übernommen und saniert hatte. Im Hintergrund dampft die Weißeritztalbahn.
So sah der Gasthof Obercarsdorf Mitte der 1990er-Jahre aus, nachdem Lutz Seifert ihn übernommen und saniert hatte. Im Hintergrund dampft die Weißeritztalbahn. © Archivfoto: Jürgen Schreiber

Die Tradition des Gasthofs reicht weit zurück. Erbaut wurde das Gebäude wohl um 1820, informiert der Wirt in der Ausschreibung für den Verkauf. Es gibt Fotos aus der Zeit um 1900, die den Gaststättenbetrieb dokumentieren. In den Jahren vor der Wende war Lotte Wenzel die treibende Kraft der Gaststätte. Als jedoch ihre Tochter starb, führten die Enkel das Haus noch etwas weiter, ehe es schloss, eine Zeit lang leer stand und dann an die Gemeinde ging.

Direkt am Gasthof führen die Gleise der Weißeritztalbahn vorbei.
Direkt am Gasthof führen die Gleise der Weißeritztalbahn vorbei. © Egbert Kamprath
Im Erdgeschoss liegt die bodenständige Gaststube.
Im Erdgeschoss liegt die bodenständige Gaststube. © Egbert Kamprath
Der Saal im Obergeschoss diente schon unzähligen Vereinssitzungen und Versammlungen als Austragungsort.
Der Saal im Obergeschoss diente schon unzähligen Vereinssitzungen und Versammlungen als Austragungsort. © Egbert Kamprath

Gelernter Koch kam aus Dresden ins Osterzgebirge

Lutz Seifert hat ihm dann neues Leben eingehaucht. Der gelernte Koch stammt aus Dresden und kam der Liebe wegen ins Osterzgebirge, wie er berichtet. Er hat das Anwesen modernisiert und als klassischen Landgasthof geführt. Die Gaststube mit rund 60 Plätzen, der Saal mit gut 100 Plätzen sind ein Treffpunkt. In den vier Pensionszimmern übernachten vorwiegend Geschäftsreisende. Das ist angesichts der Lage direkt an der Bundesstraße nicht überraschend.

Diese verkehrsgünstige Lage war aber in den ersten Jahren eher eine Belastung, erinnert sich Seifert. Erst als 2006 die Autobahn eröffnet und der Transitverkehr auf der B170 nachgelassen hat, wurde es ruhiger. Danach hat er auch einen Biergarten aufgebaut. Seitdem können die Gäste auch gemütlich draußen sitzen.

Die Bimmelbahn dampft direkt am Haus vorbei

Die Weißeritztalbahn dampft auch direkt an dem Haus vorbei. Sie bringt allerdings keinen großen Gästezustrom. „Die meisten fahren doch bis Kipsdorf hoch“, berichtet Seifert. „Es gibt aber welche, die wandern dann bis zu uns runter und kehren ein, ehe sie wieder in den Zug steigen.“

Nun hofft Seifert, dass er einen engagierten Gastronomen findet, der die Tradition weiterführt. Ihm ist aber bewusst, dass das schwierig wird. „Wenn es nicht so wird, naja“, sagt er schulterzuckend. Steffen Steger, der Makler, sieht das ähnlich. Es gibt mehrere problematische Punkte. Erstens sind jetzt viele Gastronomen, die in den 1990er-Jahren neu gestartet sind, in dem Alter, dass sie Nachfolger suchen. Zweitens sind die Jahrgänge, die dafür infrage kommen, geburtenschwach. Deswegen spüren gerade auch Gaststätten den Arbeitskräftemangel. Steger weiß von mehreren Beispielen, wo Investoren alte Gaststätten übernommen haben, aber nicht weiter betreiben, sondern zu Wohnungen umgebaut haben. „Das wäre schade, wenn das bei uns so käme“, sagt Karl-Günter Schneider.