Dramatische Tierrettung in Glashütte

Es waren dramatische Szenen, die sich am Donnerstagabend auf einem Hof im Glashütter Ortsteil Cunnersdorf abspielten. Dort war in den späten Nachmittagsstunden ein Feuer ausgebrochen, das sich im mit Stroh gefüllten Dachboden schnell ausbreiten konnte. Im Stall darunter befanden sich knapp 100 Tiere.
Jochen Böhme, der diesen Hof bewirtschaftet, wird diese Stunden wohl nie mehr vergessen. Als das Feuer ausbrach, arbeitete er in einem benachbarten Gebäude. "Ich habe keine Flammen gesehen und auch keinen Rauch bemerkt." Plötzlich schlug sein Sohn Alarm. Er rief, dass es in einem der Ställe raucht. Dann ging alles ganz schnell. Böhme beauftrage einen Mitarbeiter, die Feuerwehr zu rufen und rannte los. "Ich bin sofort runter und habe alle Tore aufgerissen und versucht, die Tiere rauszutreiben."

Dazu ging Böhme zunächst in den größeren der beiden Ställe, in dem auch die Mutterkühe standen. "Das Problem war, dass der Wind so blies, dass er den Rauch vor die Tore wehte." Die Tiere weigerten sich, den Stall zu verlassen. Mit Müh' und Not gelang es dem Landwirt, alle Rinder herauszutreiben. Nur ein Tier blieb hartnäckig stehen.
"Das hatten wir schon abgeschrieben." Doch auch dieses Tier hat überlebt, sagt er am Tag danach. Das Tier ist offenbar später, als das Gebäude lichterloh in Flammen stand, doch noch von ganz allein aus dem Stall gelaufen.
Komplizierte Evakuierung
Komplizierter war es, den zweiten Stall zu evakuieren. Dort standen noch 15 Kälber drin. "Die wollten ums Verrecken nicht aus dem Stall". Und die Feuerwehr ließ Böhme nicht in den Stall rein. Stattdessen versuchte die Feuerwehr, die Kälber mit einem Wasserstrahl aus dem Stall zu jagen. Doch auch das war vergeblich.
Letztlich halfen Tricks: "Wir haben Futter vors Tor gelegt". Böhme holte ein Kalb und band es vor dem Stall an. Das überzeugte die anderen Kälber, nach und nach kamen sie aus dem Stall. "Bis auf zwei haben wir so alle rausgeholt." Kurzentschlossen ist Böhme dann doch noch mal in den Stall rein, um auch diese Tiere vor den Flammen zu retten.
Um 22 Uhr hatte Böhme alle unverletzt draußen. In beiden Ställen standen insgesamt 15 Kühe und 80 Kälber.

Auch für seine Helfer und Mitarbeiter ging die Sache vergleichsweise gut aus. Bei neun Helfern ging man zunächst von einem Verdacht auf eine Rauchgasvergiftung aus. Drei mussten sich zur Kontrolle in ein Krankenhaus begeben, zwei konnten es kurze Zeit später verlassen, der Dritte kehrte am Freitagvormittag zurück.
120 Rettungskräfte im Einsatz
Parallel zur Rettungsaktion der Tiere arbeiteten mehrere Feuerwehren aus der Region, um das Feuer unter Kontrolle zu bringen. 120 Rettungskräfte waren unter der Leitung von Glashüttes Feuerwehrchef Veith Hanzsch Donnerstagabend im Einsatz. Ihm halfen Kameraden aus Glashütte, Kreischa, Altenberg, Pirna und Dippoldiswalde.
Unterstützung gab es vom Technischen Hilfswerk und dem DRK aus Glashütte und Dipps. Die Feuerwehren konnte verhindern, dass die Flammen nicht auf das benachbarte Wohnhaus übergriffen und die Rettungsaktion der Tiere gelang. Hanzsch und andere Feuerwehrleute verließen erst in den Morgenstunden den Unglücksort.

Der Einsatz der Feuerwehr ging aber ohne Unterbrechung weiter und sollte voraussichtlich am späten Nachmittag beendet werden. Denn in den Strohballen, die sich weiterhin auf dem Dachboden befanden, waren noch Glutnester. "Diese lassen sich nur sehr schwer löschen, da wir nicht richtig an sie rankommen", erklärte Jörg Paulusch, der am Freitagvormittag die Einsatzleitung innehatte.
Um die Restgefahr zu bannen, sollten die restlichen Ballen auf die benachbarte Wiese gebracht werden. Dort sollen sie auseinandergezogen werden, um die letzten Glutnester zu beseitigen, erklärt Paulusch. "Und mit dem Hubsteiger aus Dipps müssen wir noch die brennenden Balken zu löschen."

Auch die Giebel sollten noch zum Einsturz gebracht werden. "Würden wir sie stehen lassen, könnten sie bei einem Sturm umstürzen", erklärte Paulusch. Für diese Aufgabe brauchte die Feuerwehr aber Radlader und Bagger. "Das Schwierigste war, die Technik zu organisieren", sagte Paulusch mit Hinweis auf den Freitagnachmittag. Letztlich konnten das THW und Firmen aus Glashütte und Freital helfen.

Und was hat Jochen Böhme vor? Er ärgert sich, dass die beiden Gebäude abgebrannt sind. "Es war ein neues Dach drauf, auch die Fußböden waren neu". Der Landwirt kann sich einen Wiederaufbau vorstellen, muss aber erst auf das Gutachten der Versicherung und die Ergebnisse der Polizei abwarten. Diese schätzt den Sachschaden auf mehrere hunderttausend Euro. Unklar ist, warum das Feuer ausgebrochen ist. Hierzu ermittelt die Polizei noch.

Jochen Böhme ist froh, dass seine Nachbarn ihm helfen. Denn ein Teil der Tiere ist dort untergekommen, für die anderen möchte er einen provisorischen Stall errichten. "Damals war das alles nicht so kompliziert", sagt Böhme. Damals, das war 1941, als ein Blitz in eben dieses Gebäude einschlug. "Es brannte am 13. August ab. Im November des gleichen Jahres war das Gebäude wieder komplett aufgebaut."
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