Werden Vereine abgezockt?

Vor wenigen Tagen landete ein ungewöhnlicher Brief im Kasten der Familie Rogall. Absender war der Bundesanzeiger Verlag aus Köln. Er forderte den von Matthias Rogall geleiteten Verein "Kinder in ihrer Freizeit" auf, Jahresgebühren für die Führung des Vereins im Transparenzregister zu leisten.
Rogalls Frau Gabriele, die für die Buchhaltung im Verein zuständig ist, war überrascht. Noch nie hatte sie etwas von diesem Register gehört. Sie machte sich kundig und zahlte schließlich "zähneknirschend" die geforderte Gebühr von 2,50 Euro pro Jahr. Doch Fragen blieben.
Denn ihr Verein ist bereits im Vereinsregister Dresden gelistet. Wenn sich im Verein etwas ändert, wie zum Beispiel die Satzung oder die Vorstände, muss das der Vereinsvorsitzende über einen Notar an das Vereinsregister melden. Ein Verein könne auch finanziell überprüft werden, weil er Steuererklärungen an das Finanzamt abgibt, erklärt Gabriele Rogall. Und auch die Mitglieder dürfen in die Bücher sehen. Wieso muss sich der Verein nun auch noch in dieses Register eintragen? "Wiehert da der Amtsschimmel", fragt sie.
Saechsische.de hat im Bundesfinanzministerium nachgefragt.
Wer hat das Transparenzregister eingeführt?
Es geht auf eine Initiative der Europäischen Union zurück. In Deutschland wurde es 2017 angelegt. Damit sei ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung geschaffen worden, sagt Kristina Wogatzki, Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. Über dieses Register sollen alle Wirtschaftsteilnehmer ausreichend viele Informationen über ihre Vertragspartner erhalten. Das funktioniere aber nur, wenn das Register einen hochwertigen und vollständigen Datenbestand aufweisen kann. Deshalb werden auch Vereine einbezogen.
Wer wird in das Register aufgenommen?
Aufgelistet werden hier GmbHs, Aktiengesellschaften, Stiftungen, Offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Trusts. Meldepflichtig sind aber auch eingetragene Vereine (e. V.) und wirtschaftliche Vereine.
Welche Daten werden über Vereine geführt?
Neben dem Namen des Vereins wird dort der Vorstandsvorsitzende mit Vor- und Familienname, Vorstandsfunktion und Vertretungsbefugnis und in bestimmten Fällen die Staatsangehörigkeit aufgeführt. Diese Daten zieht das Transparenzregister aus dem Vereinsregister. Jeder Verein ist deshalb aufgefordert, die Daten aktuell zu halten, heißt es in dem Schreiben, das Gabriele Rogall erhalten hat.
Wer baut das Register auf?
Mit dem Aufbau wurde der Bundesanzeiger Verlag beauftragt. Er schreibt die Vereine an und verlangt für die Veröffentlichung im Register Gebühren. Für Vereine sind 2,50 Euro pro Jahr fällig. Um Aufwand und Kosten zu sparen, erhebt der Verlag die Gebühr für mehrere Jahre zusammen. Diese Gebühr decke den Verwaltungsaufwand und werde in ihrer Höhe regelmäßig überprüft, versichert Ministeriumssprecherin Wogatzki.
Können sich Vereine von der Gebühr befreien lassen?
Grundsätzlich muss jede Einheit, die im Transparenzregister geführt wird, eine Gebühr entrichten. Seit 2020 ist es möglich, sich davon befreien zu lassen. Der Antrag dazu muss per E-Mail oder über die Internetseite des Transparenzregisters gestellt werden. Ob ein Verein von der Gebühr befreit wird, hängt nicht von dessen Rechtsform ab, sondern ob dieser steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, so Wogatzki.
Darf die Gebühr rückwirkend erhoben werden?
Ja. Das Bundesfinanzministerium verweist auf eine "sparsame Wirtschaftsführung". Um Kosten und Aufwand gering zu halten, kann ein Bescheid Gebühren über mehrere Jahre erfassen. "Zugleich dürfte dies im Interesse der Vereine liegen, nicht jedes Jahr einen Gebührenbescheid zu erhalten, um nicht jedes Jahr mit dem Verwaltungsaufwand der Zahlung von sehr kleinen Beträgen belastet zu werden", so Sprecherin Wogatzki.
Müssen Vereine auf die Schreiben des Bundesanzeiger Verlages reagieren?
Ja. Im Zweifelsfalle gibt es Gebührenbescheide, die vom Bundesanzeiger Verlag vollstreckt werden, so das Bundesfinanzministerium.
Kann ich kostenfrei ins Transparenzregister schauen?
Für Vereine und Bürger ist die Einsichtnahme in das Transparenzregister gebührenpflichtig. Bestimmte Behörden haben unter bestimmten Voraussetzungen einen gebührenfreien Zugang zum kompletten Datenbestand.
Wie geht es weiter?
Gegenwärtig wird ein sogenanntes Auffangregister geschaffen. Nach einem Beschluss der Bundesregierung soll es zu einem Vollregister umgestaltet werden, um die Geldwäsche zu bekämpfen. Später soll das deutsche Transparenzregister mit denen anderer EU-Länder vernetzt werden.
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