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So sieht der Flutschutz der Roten Weißeritz aus

Am Beispiel von Ulberndorf ließ sich Staatssekretär Gerd Lippold Schutzmaßnahmen der Landestalsperrenverwaltung erklären.

Von Siiri Klose
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Monika und Dieter Köhler leben direkt neben der Roten Weißeritz. Hier schildern sie Staatssekretär Gerd Lippold und Oberbürgermeisterin Kerstin Körner, wie sie die Jahrhundertflut erlebten.
Monika und Dieter Köhler leben direkt neben der Roten Weißeritz. Hier schildern sie Staatssekretär Gerd Lippold und Oberbürgermeisterin Kerstin Körner, wie sie die Jahrhundertflut erlebten. © Egbert Kamprath

Lauschiger könnte der Termin des Staatssekretärs Gerd Lippold in Ulberndorf nicht sein: Sonnenbeschienen Mittagsruhe und eine baumbeschattete Rote Weißeritz, die harmlos gen Malter plätschert. Und dahinter: Das frisch geweißelte Haus der Familie Köhler zwischen der frisch gepflegten Rasenfläche und den aufragenden Felswänden vom Ziegenrücken.

Gerd Lippold versucht sich vorzustellen, wovon Dieter Köhler gerade spricht: Die 1,20 Meter Höhe, auf die das Wasser vor zwanzig Jahren am 14. August angestiegen war, müssen bis ins obere Drittel der Erdgeschossfenster gereicht haben. "Die Weißeritz hat gebrüllt", erinnert sich Köhler. "Ich habe noch versucht, das Auto wegzufahren. Hab es aber dann sein gelassen und nur in die Garage gerollt."

In Ulberndorf zeigt sich die Problematik des Flutschutzes

Lippold ist Staatssekretär des Ministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, kurz: SMEKUL oder auch Umweltministerium. Zum Pressetermin an das Brückenbauwerk, auf dem der Weißeritzweg über die Rote Weißeritz führt, hatte er am Montag geladen, um zu zeigen, wohin konkret die 3 Milliarden Euro geflossen sind, die Sachsen nach der Jahrhundertflut in den Hochwasserschutz investiert hatte.

Aus einer Brücke werden zwei: Neben dem Teil über der Roten Weißeriotz gibt es das Entlastungsbauwerk mit einer Flutmulde, die überschüssigen Wassermassen einen Ausweg gewährt.
Aus einer Brücke werden zwei: Neben dem Teil über der Roten Weißeriotz gibt es das Entlastungsbauwerk mit einer Flutmulde, die überschüssigen Wassermassen einen Ausweg gewährt. © Egbert Kamprath

"Hier zeigt sich die Schwierigkeit von Flutschutzmaßnahmen besonders deutlich", sagt Stefan Dornack von der Landestalsperrenverwaltung über die Baumaßnahmen, die seine Verwaltung in Ulberndorf betreute: "Tallage, besiedelt, Häuser, eine Bundesstraße." Heißt: Es ist eng. Aber im Hochwasserfall braucht das Wasser Platz - und nimmt ihn sich auch.

"Wir können aber nicht einfach die Ufermauern erhöhen und die Hochwasserwelle immer weiter in den Unterlauf verschieben." Zum technischen Hochwasserschutz gehört deshalb auch ein ökologischer: "Um den Gewässern mehr Raum zu geben."

Das Ende der Kaffeefilterfabrik Filteretta

Am Beispiel der Brücke über der Roten Weißeritz in der Gegend, in der bis 2002 die Kaffeefilterfabrik Filteretta stand, lässt sich gut erkennen, wie Technik und Ökologie ineinander greifen: "Unter der Brücke wäre eine Engstelle. Das wird problematisch, wenn die in einem Hochwasser zugesetzt wird", erklärt Dornack. Das passierte beispielsweise bei Filteretta, als ein verstopfter Übergang für die Überschwemmung des Geländes sorge.

"Die Lösung ist ein zusätzlicher Abfluss, der den Querschnitt für den Fluss vergrößert", sagt Dornack. Heute verläuft ein Flutkanal parallel zur Weißeritz an der B170 und mündet 100 Meter weiter wieder im Flussbett.

Am 16. August 2002 standen die Mitarbeiter der Kaffeefilterfabrik Filteretta in Ulberndorf an der Stelle, an der vor der Jahrhundertflut eine Brücke über die Weißeritz führte.
Am 16. August 2002 standen die Mitarbeiter der Kaffeefilterfabrik Filteretta in Ulberndorf an der Stelle, an der vor der Jahrhundertflut eine Brücke über die Weißeritz führte. © Egbert Kamprath
Die Rote Weißeritz bei Ulberndorf nach dem 14. August 2002: Der Bagger wurde einfach mitgerissen, und die Gummistiefel reichten nicht aus.
Die Rote Weißeritz bei Ulberndorf nach dem 14. August 2002: Der Bagger wurde einfach mitgerissen, und die Gummistiefel reichten nicht aus. © Egbert Kamprath
Am 12. August 2002 regente es unaufhörlich, und die Weißeritz stieg und stieg. Im weiteren Verlauf zerstörte das Wasser die Filtretta-Gebäude.
Am 12. August 2002 regente es unaufhörlich, und die Weißeritz stieg und stieg. Im weiteren Verlauf zerstörte das Wasser die Filtretta-Gebäude. © Ulrike Körber

Zu diesem Bauwerk gehört auch eine Wiese weiter flussaufwärts: Die Filteretta-Fabrik hatte die Flut zerstört. Der Freistaat kaufte das Industriegelände, entsiegelte und renaturierte es. "Dort soll sich das Geschiebe ablagern", sagt Dornack. Also Geröll, Äste und sonstiges Material, das eine Flut mit sich reißt - denn wenn das Wasser Platz bekommt, strömt es langsamer und verliert an Kraft. So wird die Brücke schon im Vorfeld entlastet.

Allein zwischen Ulberndorf und Dippoldiswalde gibt es inzwischen drei solcher Beruhigungsflächen entlang der Weißeritz. Die drei dazugehörigen Bauabschnitte, in den denen unter anderem das Ratsmühlwehr umgebaut, die Altdeponie Froschleite zurückgebaut, Gelände abgesenkt und Ufermauern wiederhergestellt wurden, kosteten zusammen 14 Millionen Euro.

Maßnahmen zahlten sich bereits 2013 aus

Die Maßnahmen zahlten sich bereits beim Hochwasser 2013 aus. "Da hatten wir hier nichts", sagen die Köhlers. Auch durch das Rückhaltebecken Oberpöbel fühlen sie sich jetzt sicher vor Hochwasser trotz der direkten Nachbarschaft zur Roten Weißeritz.

Zu einem optimalen Schutz gehöre aber auch Eigenvorsorge, betont Staatssekretär Lippold und verweist auf das Förderprogramm für private Hochwassereigenvorsorge seines Ministeriums für Besitzer von Bestandsgebäuden.

Informationsfluss hilft, Zeit zu gewinnen

Kerstin Körner, die Oberbürgermeisterin von Dippoldiswalde, betonte zudem, wie wichtig der Informationsfluss im Katastrophenfall ist: "Als 2002 die Flut kam, war meine jüngste Tochter gerade frisch geboren. Und wir hatten kein Wasser, keinen Strom und kein Radio mehr." Neben Warn-Apps wie "Meine Pegel" oder "Nina" vermeldet die Webseite des Umweltministeriums alle aktuellen Pegeldaten.

Stefan Dornack von der LTV, Staatssekretär Gerd Lippold und Oberbürgermeisterin Kerstin Körner tauschen sich über die Schutzmöglichkeiten der Kommune im Katastrophenfall aus.
Stefan Dornack von der LTV, Staatssekretär Gerd Lippold und Oberbürgermeisterin Kerstin Körner tauschen sich über die Schutzmöglichkeiten der Kommune im Katastrophenfall aus. © Egbert Kamprath

Einen hundertprozentigen Schutz gäbe es nicht, sagt Kerstin Körner. "Aber im Vergleich zu 2002 haben wir auf jeden Fall Zeit gewonnen." Die Stadt Dippoldiswalde habe auch einen großen Teil der Flut-Spendengelder zusammen mit dem Technischen Hilfswerk und der Feuerwehr für Feldbetten, Decken und Gulaschkanonen eingesetzt. "Wenn jetzt eine Katastrophe eintreten würde, könnten wir nach einer Evakuierung ziemlich schnell bis zu 150 Menschen unterbringen."