Gute Nachrichten für die Weißtanne

Im vergangenen Jahr haben Förster und Archäologen ein gemeinsames Projekt gestartet, um zu erforschen, wie der natürliche Wald in früheren Jahrhunderten ausgesehen hat. Vor allem die Förster haben daran großes Interesse, denn sie erhoffen sich Erkenntnisse, wie der Wald aussehen sollte, um in der erwarteten Klimaerwärmung zu bestehen. Im Mittelalter war das Klima zeitweise wärmer als heute. Wenn der Wald wieder so zusammengesetzt wird wie damals, könnte er auch unter etwas wärmeren Bedingungen bestehen, ist der hoffnungsfrohe Gedanke dahinter.
Auf die Nähe von Wald und Bergbau kommt es an
Der Forstwissenschaftler Paul Gebert ist beim Sachsenforst der zuständige Referent für dieses Thema. Er arbeitet dabei mit dem Landesamt für Archäologie zusammen, wo sich Klaus Cappenberg um die Erforschung des mittelalterlichen Waldes kümmert. Weiter sind Wissenschaftler der Universität Greifswald an dem Projekt beteiligt. Sie konzentrieren sich auf fünf Pilotregionen im Osterzgebirge. Das sind Dippoldiswalde, der Hochwald bei Schmiedeberg und Oberfrauendorf, das Pöbeltal, der Grünwald bei Schellerhau und die Hegelshöhe bei Bärenstein. Alles Regionen, wo früher auch Bergbau geherrscht hat. Auf diese Nähe von Wald und Altbergbau kam es den Forschern an. Denn die Grubenhölzer und die Meiler um die Gruben sind wichtige Quellen, um zu erfahren welches Klima einst geherrscht hat und welche Bäume früher gewachsen sind.
Es gibt deutlich mehr Weißtannen als gedacht
Dabei haben Mitarbeiter von Sachsenforst schon eine überraschende Entdeckung gemacht. Es gibt im Osterzgebirge mehr Weißtannen als gedacht, informierte Gebert. Die Baumart ist sehr selten geworden. In den 1990er-Jahren haben Forstmitarbeiter sie sachsenweit erfasst. Damals kamen sie im Freistaat auf einen Bestand von gerade noch rund 2.000 Altbäumen. Mehrere Hundert stehen im Osterzgebirge, viele konzentriert im Pöbeltal. Wegen dieser Bäume wurde sogar der Standort des neuen Hochwasserschutzdamms um rund 100 Meter weiter nach oben verlegt.

Die Greifswalder Forscher wollen Bohrkernproben aus den Bäumen nehmen. Um diese Arbeiten vorzubereiten, haben die Förster nochmal alle Weißtannenvorkommen zusammengetragen und sind darauf gekommen, dass sie rund 40 Prozent mehr davon haben, als die Zahlen aus den 1990er-Jahren ergeben hatten. „Dementsprechend war die Erfassung 1992/93 unvollständig“, schließt Gebert. Und er könnte sich noch weitere bisher unbekannte Weißtannenvorkommen vorstellen. „Es ist nicht auszuschließen, dass womöglich bei noch genauerem Hinschauen in unsere Wälder auch weitere Alttannen lokalisiert werden können“, teilt er mit. Vor allem in schattigen Hang- und Schluchtwäldern, die schwer zugänglich sind, wäre das vorstellbar.
Weißtannen wurzeln tiefer als Fichten
Das Ziel ist, dass die Tanne schnell wieder die Rolle als eine Hauptbaumart einnimmt, die sie einst hatte. Sie ist weniger empfindlich gegenüber dem Borkenkäfer. Sie wurzelt tiefer und kann deswegen Stürmen mehr Widerstand entgegensetzen und auch bei Trockenheit noch Wasser finden, wo die Fichte mit ihren flachen Wurzeln keines mehr erreicht. Wenn es wieder so warm wird, wie es im Mittelalter war, dann wäre die Tanne geeignet, um die Wälder zu erhalten.
Um genau zu erforschen, wie sich der Wald früher zusammengesetzt hat, planen die Wissenschaftler im Rahmen von Archaeoforest noch viele weitere Untersuchungen. Sie wollen die Jahresringe mittelalterlicher Hölzer aus den Bergwerken in Dipps und Niederpöbel mit denen heutiger Bäume vergleichen, die Überreste alter Holzkohlemeiler suchen und analysieren sowie alte Karten und Forstunterlagen durchsehen, um daraus Rückschlüsse auf das Wetter vor einem knappen Jahrtausend zu ziehen. Die könnten Hinweise geben, wie der Wald sich auf das Klima der Zukunft einstellen kann.