Zwiespältig sind die Reaktionen auf die Traueraktion von Dippser Innenstadthändlern ausgefallen. Um die 30 Geschäfte haben vergangene Woche ihre Schaufenster ungewöhnlich dekoriert. Sie haben Fenster schwarz verhangen, Schaufensterpuppen dunkel angezogen oder Friedhofskerzen aufgestellt. Vor allem haben sie Aushänge an die Scheiben gehängt, mit denen sie ihre Angst zum Ausdruck gebracht haben.
Besonders heftige Diskussionen hat ein Plakat ausgelöst, das im Stil einer Danksagung nach einem Sterbefall gehalten war. Es bringt die Sorge zum Ausdruck, dass die Dippser Innenstadt nach einem langen Leben von 1218 bis 2021 sterben wird. „Wir danken unseren Kunden für ihre jahrhundertelange Treue“ steht dort und ein ironischer Dank an die Bundesregierung, die das Sterben der Innenstadt beschleunige.
Viel Aufmerksamkeit gewonnen
Vereinzelt sind noch Aushänge zu sehen. Die Hauptaktion ist vorbei. Sie hat aber eine heftige Diskussion ausgelöst. Auch Oberbürgermeisterin Kerstin Körner (CDU), die damit erst einmal gar nichts zu tun hatte, berichtet, dass bei ihr das Telefon nicht mehr stillstand. Und in sozialen Medien kochte die Debatte auch hoch. Da gab es zustimmende „Daumen-hoch-Zeichen" und kritische Anmerkungen en gros.
Ein kurzer Dialog von der Facebook-Gruppe Dippoldiswaldeforum steht als Beispiel dafür. Dort schreibt der Nutzer Horst Lischke: „Todesanzeigen sind nicht geeignet, um Aufmerksamkeit zu erreichen.“ Darauf antwortet ihm Steffen Reuter: „Was denn dann Ihrer Meinung nach? Können Sie die Wahrheit nicht vertragen?“ Und "Ines Dirk Künzel" ergänzen: „Darüber lässt sich streiten. Die Dippser Händler haben doch, was sie wollten: Aufmerksamkeit.“
OB Körner will neue Wege finden für Innenstadthändler
Das bestätigt auch Jens Tennert, der Vorsitzende des Handels- und Gewerbevereins Dippoldiswalde, der die Aktion mit unterstützt hat. „Wie hätten wir sonst den Sachsenspiegel auf unsere Lage aufmerksam machen sollen?“ sagt er auf Anfrage von Sächsische.de. Die Fernsehleute haben die Aktion auch aufgegriffen.
Tennert will mit aller Macht auf die Situation kleiner Geschäfte aufmerksam machen. „Wir haben ein Hygienekonzept. Bei uns sind nur wenige Leute im Laden. Das ist doch im Sinne des Infektionsschutzes. Wenn sich dagegen alle beim Discounter treffen, ist das dem Schutz bestimmt wenige zuträglich“, sagt er. Eines ärgert ihn aber an der aktuellen Diskussion, dass sie vor allem auf den Facebook-Seiten stattfindet. „Früher hätte man da den Telefonhörer in die Hand genommen und sich ausgesprochen“, sagt Tennert.
Oberbürgermeisterin Körner sagt dazu: „Auch schon vor dieser Aktion haben wir viele Gespräche geführt. Gerne würde ich gemeinsam mit den Geschäftsleuten neue Wege gehen, sei es digital, oder gute Ideen entwickeln, um nach der Öffnung der Geschäfte wieder viele Menschen in unsere Kernstadt und unsere Geschäfte zu locken. Denn um die Geschäfte zu erhalten, müssen die Dippser auch lokal einkaufen.“
Dipps hat nicht aufgegeben
Sie weist darauf hin, dass sie auch die Sorgen erreichen, zu wenig für die Einhaltung der Corona-Maßnahmen getan zu haben. Auf der einen Seite sei es ein Gebot der Zeit, Kontakte zu minimieren, um die Infektionszahlen so gering wie möglich zu halten. Auf der anderen Seite sind ihr auch die Hygienekonzepte der Einzelhändler bekannt und, dass diese große Anstrengungen unternommen haben, damit die Kunden geschützt werden können.
Körner wünscht sich aber: „Es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass wir als Dippser aufgegeben haben. Wir sollten zusammenhalten, uns unterstützen und in die Zukunft blicken.“ Einen Ausweg für die Händler sieht sie darin, auch den Weg des Onlinehandels zu nutzen. „Eine Plattform dazu gibt es. Ich hoffe, dass Unternehmen diese auch nutzen. Denn das Nach-Hause-Liefern wird auch nach Corona eine Konkurrenz für unseren Einzelhandel bleiben.“ Weiter hofft sie, dass die Dippser auch nach der Pandemie weiter lokal einkaufen. Von ernsthaften Schließungsplänen einzelner Geschäfte sei ihr nichts bekannt.