„Corona“ kehrt in den Lindenhof zurück

Waldheim. Mit dem Lindenhof verbindet so mancher Waldheimer schöne Erinnerungen. Der erste Kuss, die Treffen zum Tanz im prunkvollen Ballsaal und die Auftritte der Corona-Band sind legendär.
Der interkulturelle Verein Orutindo will dem Ballsaal nach langer Pause wieder Leben einhauchen. Ein ganzes Stück Arbeit liegt noch vor Tomáš Ondrušek und seiner Frau Amutuhaire Joseline. Das Haus ist in Privatbesitz. Der Verein hat es vom Eigentümer gepachtet.
Zunächst stehen Renovierungsarbeiten auf dem Programm. „Im Ballsaal hat es viele Graffiti-Schmierereien gegeben, die wir zunächst beseitigen müssen. Damit haben wir begonnen“, so Tomáš Ondrušek. Neben dem Ballsaal soll auch das Foyer wieder auf Vordermann gebracht werden. Zur finanziellen Unterstützung hat der Verein Fördergeld beantragt.
Bisher nur Notsicherung
Der Bescheid liege aber noch nicht vor. Die Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises sei gut, so Ondrušek. „Das Interesse ist auch von deren Seite her groß, dass das Gebäude erhalten bleibt. Es wäre schön, wenn wir Geld für einen einheitlichen Farbanstrich bekommen könnten.“ Es sei das erste Mal, dass der Verein für den Lindenhof Fördergeld für die Verschönerung beantrage. Bisher sei das Geld immer in Notsicherungsarbeiten geflossen.
Auch die Waldheimer selbst würden sich sehr für das Gebäude interessieren. „Oft kommen Leute vorbei, um sich hier umzusehen“, sagt Ondrušek. Das liege wohl daran, dass sich zahlreiche Waldheimer im Lindenhof beim Tanzen kennengelernt haben.
„Ende Mai sollen bereits die ersten Veranstaltungen über die Bühne gehen. Neben interkulturellen Bildungsveranstaltungen und Vorträgen planen die beiden auch Konzerte, Workshops und kleine Theatervorführungen.
Eröffnungsball Ende Mai
Losgehen soll es gleich mit einer besonderen Veranstaltung, einem Eröffnungsball am 27. Mai ab 19 Uhr vor allem für all diejenigen, die sich im Lindenhof kennengelernt haben. „Die müssten jetzt alle so um die 65 Jahre und älter sein“, so Ondrušek.
Für die Musik sorgt die Corona-Band von damals. „Wir haben den Kontakt zum ehemaligen Sänger und Leiter der Band Joachim Harms gesucht“, so Tomáš Ondrušek. Als die Corona-Band in den 1950er bis 1970er Jahren im Lindenhof zum Tanz aufspielte, war an das Coronavirus noch nicht zu denken. Vielmehr hatte die Band damals diesen Namen wegen seiner lateinischen Übersetzung „Krone“ gewählt. Da die Musiker teilweise über 80 Jahre alt sind, sei so gut wie sicher, dass sie nur ein kleines Konzert präsentieren können. Anschließend soll Tanzmusik aus dieser Zeit vom Band gespielt werden.
Ausstellung über Ballsäle
Kurz nach dem Eröffnungsball soll am 29. Mai um 15 Uhr eine Kunstausstellung eröffnet werden. Passend zum Lindenhof wird die Kunstfotografin Frauke Stralek aus Braunschweig Bilder zum Thema „Ballsäle“ zeigen - die meisten Häuser seien in einem katastrophalen Zustand. „Zur Ausstellungseröffnung werde ich selbst mit Schlaginstrumenten ein kleines Konzert geben“, so Ondrušek, der auch freischaffender Musiker ist. Die Ausstellung wird bis zum Herbst im Lindenhof zu sehen sein.
Fest steht auch schon der Termin für ein Konzert mit der ukrainischen Geigerin Natasha Shumejko vom Kiewer Orchesters, die derzeit in Prag lebt. Sie wird am 18. Juni im Lindenhof auftreten. Im Oktober sind Theaterworkshops geplant, deren Ergebnis der Öffentlichkeit bei einem Auftritt präsentiert werden sollen. Vorstellen könnten sich die Pächter auch regelmäßige Senioren-Cafés oder die Vermietung des Saales für private Feierlichkeiten.
Ballhaus ist mehr als 100 Jahre alt
Das Gebäude an der Mittweidaer Straße ist im Jahr 1900 als Ballhaus mit großer Gaststätte gebaut worden. In den 1970er Jahren wurde es von der Deutschen Post übernommen und als Fortbildungszentrum genutzt. „Der Ballsaal war damals zu einem großen Tagungsraum umfunktioniert worden“, erzählt Ondrušek.
Er ist froh darüber, dass der damalige Stadtrat Christian Schneider verhindern konnte, dass eine Zwischendecke in den Ballsaal eingezogen wurde. „Das hatte die Post vor, um Heizkosten zu sparen.“ Damit wäre aber die Schönheit des Saales dahin gewesen. Nicht nur die Stuckarbeiten an der Decke wären verschwunden, sondern auch die mannshohen Figuren, die von der Empore auf den Ballsaal schauen. Auch die Buntglasfenster, die dem Raum ein besonderes Flair geben, wären dann nicht mehr sichtbar gewesen.
Dank einer Spende des inzwischen verstorbenen Christian Schneider ist es außerdem möglich geworden, einen Bereich des Saales mit einer Glaswand abzutrennen. „Die Post hatte dort eine massive Zwischenwand einziehen lassen, was aber dem Charakter des Raumes nicht zuträglich war“, so der Pächter.
Bettenhaus musste abgerissen werden
Anfang dieses Jahres war das ehemalige Bettenhaus am Lindenhof im Rahmen einer Ordnungsmaßnahme weggerissen worden. Es hatte lange Zeit der Deutschen Post als Unterkunft für Tagungsgäste und als Kinderferienlager gedient.
Zuletzt stand es viele Jahr leer und verfiel zusehends, sodass es nur noch ein Schandfleck war. Waschbären hatte sich bereits in dem Gebäude eingenistet. Die frei gewordene Fläche soll begrünt und ein kleiner Park angelegt werden.
Verein als Brücke zwischen den Kulturen
Der Verein Orutindo sieht sich als Brücke zum Leben, Brücke zwischen Kulturen, Erdteilen und vor allem zwischen Menschen.
Seine Ziele sind der interkulturelle Austausch zwischen Menschen verschiedener Kontinente und die Förderung von Bildungsprojekten in sogenannten Entwicklungsländern – unter anderem in Uganda. Von dort stammt Amutuhaire Joseline.