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Aus der Geschichte lernen

Die Wanderausstellung „Gegen das Vergessen“ kommt nach Lommatzsch. Ab 3. September sind Zeichnungen von Thomas Geve in der Kirche zu sehen.

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Die Aufnahme von Alfred Stüber zeigt einen drei Jahre alten Jungen aus Polen jüdischer Abkunft, dessen Eltern und vier Geschwister in Auschwitz liquidiert worden waren.
Die Aufnahme von Alfred Stüber zeigt einen drei Jahre alten Jungen aus Polen jüdischer Abkunft, dessen Eltern und vier Geschwister in Auschwitz liquidiert worden waren. © Alfred Stüber/Gedenkstätten Bu

Von Dagmar Doms-Berger

Lommatzsch. Der Blick geht 80 Jahre zurück: 1941 verhängt das Reich ein generelles Auswanderungsverbot für Juden und beginnt mit ihrer Deportation in die Lager im Osten. Zwei Jahre später können sich auch der 13-jährige Thomas Geve und seine Mutter nicht mehr entziehen. Sie werden nach Auschwitz deportiert.

Der junge Thomas verbringt 22 Monate in den Konzentrationslagern Birkenau, Auschwitz, Groß-Rosen und Buchenwald. Er erlebt die Befreiung im April 1945 in Buchenwald. Noch im Lager beginnt er, das Ungeheuerliche in Bildern festzuhalten.

Ausstellung in Wenzelskirche Lommatzsch

Unter der Schirmherrschaft des Landrats des Landkreises Mittelsachsen Matthias Damm (CDU) und in Zusammenarbeit mit der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora präsentiert die François-Maher-Presley-Stiftung für Kunst und Kultur eine Kollektion mit Zeichnungen von Thomas Geve.

Sie zeigen und beschreiben den Alltag in den Lagern. Zudem werden historische Fotografien von dem damaligen Gefangenen im KZ Buchenwald, Alfred Stüber, gezeigt. Die Ausstellung kommt vom 3. bis 20. September in die Lommatzscher Wenzelskirche. Es ist die siebte Station der Wanderausstellung.

Die Vernissage findet am 11. September, 17 Uhr, in Anwesenheit des Landrats Ralf Hänsel und des Präsidenten des Sächsischen Landtags Matthias Rößler und des Superintendenten Andreas Beuchel statt.

Fotos dokumentieren auf "tief berührende Weise"

An diesem Tag findet auch das Gedenken an die von der SS kurz vor Kriegsende erschossenen 35 Zwangsarbeiter und einen 16-jährigen Jungen statt. Er hatte angeblich eine Schreibmaschine gestohlen und wurde von der Zivilbevölkerung denunziert. Die Erschießung fand vor der Kirche statt.

Die Einführungen zur Ausstellung und zum Gedenken an die Opfer der Erschießungen halten Bürgermeisterin Dr. Anita Maaß und Pfarrer Dietmar Saft. Dr. Anita Maaß: „Die Erinnerung an die NS-Schreckensherrschaft verpflichtet uns als Enkelgeneration dazu, Demokratie, Frieden und Freiheit dauerhaft zu schützen.“

Thomas Geve ist heute 92 Jahre alt.
Thomas Geve ist heute 92 Jahre alt. © privat
Die Ausstellung ist vom 3. bis 20. September in der Lommatzscher Wenzelskirche zu sehen.
Die Ausstellung ist vom 3. bis 20. September in der Lommatzscher Wenzelskirche zu sehen. © PR

Landrat Ralf Hänsel (Meißen) über die Ausstellung: „Die Erinnerung wachhalten und mahnen gegen das Vergessen – das gebietet uns unsere Geschichte. Je weniger Zeitzeugen dies wahrnehmen können, desto wichtiger werden Ausstellungen wie „Gegen das Vergessen“. Ich freue mich, dass die Stadt Lommatzsch dieser eindrucksvollen Ausstellung im Landkreis Meißen einen Raum bietet.“

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Millionen Menschen verloren in dem von Deutschen und ihren Helfern verübten Zivilisationsbruch ihr Leben. „Die Zeichnungen von Thomas Geve sowie die Fotos von Alfred Stüber dokumentieren auf tief berührende Weise, was geschehen ist und doch niemals hätte geschehen dürfen. Es liegt in unseren Händen, die Erinnerung daran wachzuhalten und aus der Geschichte zu lernen“, so Matthias Rößler, Präsident des Sächsischen Landtags. Zur Ausstellung ist auch ein Begleitbuch erschienen.

Zwangsarbeiter in Lommatzsch erschossen

Lommatzsch 1945: Von kriegerischen Auseinandersetzungen weitgehend verschont, brach im Frühjahr 1945 der Krieg mit Wucht über die Stadt Lommatzsch herein. Die Kampflinien schwankten.

Damals lebten viele Zwangsarbeiter in Lommatzsch. Viele Flüchtlingstrecks kamen in die Lommatzscher Pflege. Kranke und Verwundete wurden nach der Bombardierung von Dresden auch in Lommatzsch gepflegt. Am 26. April kam es nach kurzer Einnahme der Stadt durch die Sowjetarmee zu Plünderungen von Geschäften.

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In der Folge erschoss die Waffen-SS am 29. April 1945 an der Lommatzscher Stadtkirche 35 Zwangsarbeiter und den Flüchtlingsjungen Heinz Leichtweiß aus Ostpreußen. Im Jahr 2006 führte der ehemalige Pfarrer Roland Hartzsch ein Konfirmandenprojekt durch, in dem er die schrecklichen Ereignisse aufarbeitete. Eine Gedenkplatte aus Glas an der St. Wenzel Kirche, die Pfarrer Hartzsch anbringen ließ, mahnt und erinnert an dieses schreckliche Ereignis.