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Margot Berthold übt jetzt den Ruhestand

Die Leiterin verlässt die Döbelner Musikschule. In 32 Jahren hat sie einiges erlebt und bewegt. Und manchmal war sie bockig.

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Die Leiterin der Döbelner Musikschule Margot Berthold geht in den Ruhestand.
Die Leiterin der Döbelner Musikschule Margot Berthold geht in den Ruhestand. © Lutz Weidler

Von Dagmar Doms-Berger

Döbeln. Ihr Name wurde stets in einem Atemzug mit der Musikschule genannt, ihre freundschaftliche Art mit dem „Herzen am richtigen Fleck“ von vielen geschätzt. Über 30 Jahre hat sie die Musikschule Döbeln mit geprägt. Nun geht Margot Berthold (62) in Rente.

Ihr Schreibtisch in Döbeln ist fast leergeräumt. An der Wand über dem Computer hängt noch der Kalender. „Es ist Zeit, ‚glückwärts‘ zu gehen“, steht auf dem Kalenderblatt. Irgendwie passend, meint sie. Sie ist noch ganz überwältigt von den vielen Abschiedsbekundungen der letzten Tage. Es waren sehr emotionale Momente.

1990 kam Margot Berthold an die Döbelner Musikschule und widmete sich der neu etablierten musikalischen Früherziehung, die es bis dato nicht gegeben hatte. Die Kleinen an die Musik heranzuführen, ihnen die Musik in ihrer breiten Vielfalt schmackhaft zu machen, sollte bis zum Ende ihrer Berufslaufbahn ihr größtes Anliegen bleiben.

1995 übernahm sie die künstlerische Leitung, fünf Jahre später komplett, bis 2009 infolge der Kreisreform die Musikschulen unter dem Dach der Kultur gGmbH zusammengefügt wurden. Seitdem ist sie Leiterin der Musikschule Mittelsachsen. Die Zuständigkeit für Döbeln blieb.

Sie hat sich nie als Chef gefühlt

Was sie an der Leitungsposition gereizt hat, beschreibt sie so: „Weil ich wusste, dass ich in dieser Position etwas bewegen kann und dass ich ein Organisationstalent bin.“ Außerdem mag sie es, die Fäden in der Hand zu halten. In der Döbelner Zeit habe sie sich aber nie als Chef gefühlt. Einen Unterschied zwischen festangestellten und Honorarlehrern hat es für sie nicht gegeben. „Wir waren ein Dreamteam“, sagt sie mit etwas Wehmut.

Dass die Musikschule Döbeln ihre Selbstständigkeit aufgeben musste, wurmt sie bis heute. Den damit verbundenen Übergang in die neue Struktur der Kultur gGmbH beschreibt Margot Berthold als schmerzhaft.

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„Ich war damals der Meinung, dass ich wüsste, wie eine Musikschule funktioniert.“ Doch allein schon wegen der Größe des neuen Landkreises mit 60 Musikschulstandorten und den damals noch rund 2.600 Schülern sei es ein Kraftakt gewesen.

Die Musikalische Früherziehung war immer ein besonderes Steckenpferd der Musikschulleiterin.
Die Musikalische Früherziehung war immer ein besonderes Steckenpferd der Musikschulleiterin. © Dietmar Thomas
Als die Musikschule im Jahr 2009 für eine Sanierung mit dem kompletten Mobilar ausziehen musste, beweist Margot Berthold Humor.
Als die Musikschule im Jahr 2009 für eine Sanierung mit dem kompletten Mobilar ausziehen musste, beweist Margot Berthold Humor. © André Braun
Während Corona  macht Margot Berthold mit Trennscheibe und Spuckeimern das Spielen  von Blechblasinstrumenten
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Während Corona macht Margot Berthold mit Trennscheibe und Spuckeimern das Spielen von Blechblasinstrumenten möglich. © Dietmar Thomas
Zum 30-jährigen Bestehen der Musikschule haut Margot Berthold auf die Pauke.
Zum 30-jährigen Bestehen der Musikschule haut Margot Berthold auf die Pauke. © Dietmar Thomas

Ins Wanken geriet damals auch ihr Selbstverständnis des Chefdaseins. „Es wurde von mir erwartet, dass ich die Chefrolle herauskehre.“ Und genau das war so gar nicht ihre Art, ist es bis heute nicht.

„Die Sandwich-Position zwischen Geschäftsführung und Mitarbeiter war mit meinem kollegialen Führungsstil sehr schwierig. Ich habe oftmals ganz schön darunter gelitten, aber auch viel gelernt“, sagt sie. Warum sie in den Momenten nicht aufgegeben hat, schreibt sie ihrer „Bockigkeit“ zu, die sie in solchen Situationen an den Tag legt. Das habe ihr geholfen.

Zahl der Schüler stark gesunken

Dass Geld an den Musikschulen den Rhythmus bestimmt, ist nicht in ihrem Sinn. Und es passt ihrer Meinung nach überhaupt nicht mit dem Recht auf musikalische Bildung zusammen. Die Ursache dafür ist bekannt: „Wir haben keine Lobby“, sagt sie.

Das Bild politischer Entscheidungsträger sei doch so: „Wir klimpern nachmittags ein bissel herum, haben lange Ferien und wollen auch noch Geld.“ Es sei völlig falsch, dass die Musikschulen immer noch im Freizeitbereich angesiedelt seien.

In dem Zusammenhang bedient sie gern das Bild von der Musikschule als Dorf, durch das eine Sau nach der anderen getrieben wird. Für das Sau-Treiben, sprich Projekte, gebe es immer wieder genügend Geld, aber für die eigentliche Dorferhaltung, die ja die Basis für das andere ist, werde nicht genügend getan.

Die Zahl der Musikschüler gesamt ist auf 1.800 gesunken. Gebraucht würden vor allem Lehrer. Ein großes Problem. Nach Corona hatten sich allein in Döbeln acht Honorarlehrer verabschiedet. Die fehlen natürlich.

Eine hauptamtliche Stelle war zum Schuljahresende vakant geworden. „Diese konnten wir Gott sei Dank wieder besetzen und haben damit auch eine Lehrerin für Klarinette und Musikalische Früherziehung“, so Berthold.

Mehr Zeit zum Musizieren und Reisen

Das mit dem Ruhestand müsse sie wohl erst noch lernen, meint sie. Ihre künftige Funktion als Vorsitzende des Fördervereins sei ihre Loslass-Therapie. Wieder mehr Zeit zum Musizieren zu haben und mehr Zeit für Grillabende mit Freunden, darauf freue sie sich ganz besonders. Ihre Reisen mit ihrem Mann zu den Vulkanen dieser Erde wolle sie fortsetzen. „Von den 4.500 haben wir ja erst 72 gesehen.“

Ihr Nachfolger für die Musikschule Döbeln steht schon fest. „Er ist das ganze Gegenteil von mir: jung und männlich“. Was sie sehr freut ist die Tatsache, dass der junge Musiker mit seiner Familie nach Döbeln ziehen wird. Auch daran hatte sie ihren Anteil, indem sie bei der Wohnungssuche nachgeholfen hat.