Döbeln: Damit Schüler wissen, was sie wollen

Döbeln. Emma, Schülerin der 8. Klasse der Oberschule Am Holländer, weiß, welchen Beruf sie in reichlich zwei Jahren nach Abschluss der Schule ergreifen will. „Ich will Automechatroniker werden“, sagt sie. Leoni will zum Zoll. „Da gibt es keine Bestimmungen zur Mindestgröße wie bei der Polizei“, sagt sie.
Viele in dem Alter wissen noch nicht, welche Laufbahn sie mal einschlagen wollen. Aber das Thema wird ernst genommen. An der Oberschule gibt es, wie an anderen Schulen auch, einen Praxisberater, der sich um alle Facetten der Berufsberatung kümmert.
2019 hat Uwe Schöffel, Küchenmeister und Berufspädagoge, diese Aufgabe übernommen. „Das geht in der 7. Klasse los. Da machen wir eine Potenzialanalyse, bei der wir die Stärken jedes Schülers finden“, erzählte er.
Lehrlingsmangel in Handwerkerberufen
In der 8. Klasse geht es mit der Berufsfindung weiter. Schöffel und die Fachlehrer haben in dieser Woche für drei Tage für die Schüler beim „Fächerverbindenden Unterricht“ ein volles Programm gepackt. Am Montag waren die Vertreter von einer ganzen Reihe von Döbelner Firmen in die Schule eingeladen, um Berufsbilder vorzustellen und Fragen zu beantworten.
Jana Kettner, Geschäftsführerin der Firma Friseur Central in Döbeln, informierte über den Friseurberuf. Früher sehr begeht, wollen heute nur wenige junge Leute Friseur werden. „Das ist mit vielen Handwerksberufen so“, sagte sie.
Die Firma mit sechs Filialen und 29 Mitarbeitern könnte jedes Jahr ein bis zwei Lehrlinge einstellen. Aber es sind nur schwer welche zu bekommen. Der letzte Azubi habe in der Corona-Zeit ausgelernt. In der Zeit habe es auch kaum Ausbildungsmessen gegeben. „Still ruht der See. Ich hoffe, dass es jetzt wieder losgeht und wir wieder Bewerbungen bekommen.“
Firmen gaben sich Klinke in die Hand
Die Bezahlung der Friseurinnen habe sich in den vergangenen Zeit deutlich verbessert, sagte sie. „Ich erzähle auch, worauf wir bei Bewerbungen achten. Nämlich auf die Kopfnoten. Wenn dort eine Vier in Ordnung steht, dann wissen wir, dass der Azubi über den vollen Müllereimer drübersteigt, statt ihn auszuleeren.“
Die Vertreter verschiedener Firmen gaben sich am Montag in der Oberschule die Klinke in die Hand. Pietsch Haustechnik, die Firma Knobloch, das Klinikum Döbeln, die Tischlerei Landgraf, Rewe und die Ostrauer Baugesellschaft informierten über die Berufe, die sie ausbilden. Zu Weimert Bedachung gingen die interessierten Schüler in die Firma.
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Das wahrscheinlich breiteste Angebot hat die Obstland AG offeriert. Der Konzern hat elf Unternehmen vom Obstbau bis zur Baufirma. Sie bildet Personal für den Agrarbereich und den Obstanbau aus, aber auch Mechatroniker und Fachkräfte für Fruchtsafttechnik in der Kelterei und Elektroniker in der Elektro Mutzschen. „Es ist wie überall schwierig, Azubis zu bekommen“, sagte Manja Köditz, Personalchefin von Obstland.
Polizei und Erzieher stehen hoch im Kurs
Am ehesten seien noch Azubis für die Elektrobranche zu interessieren. „Auch die Leisniger Baugilde kann sich nicht beschweren.“ Der Konzern bildet auch Land- und Baumaschinenmechaniker aus – ein interessanter Beruf, aber nicht sehr begeht, so Manja Köditz. Genau wie die Berufe im Obstbau. „Es kommt erst im Alter, dass man zu schätzen weiß, immer draußen zu sein“, sagte sie.
Uwe Schöffel hat den einen oder anderen Trend ausgemacht. Die Polizei steht bei den Schülern hoch im Kurs. Die Mädchen schlagen öfter den Weg zum Erzieher oder in Pflegeberufe ein. Bei den Jungs seien die handwerklichen Berufe wieder im Kommen. „Viele machen nach der 10. Klasse auch ihr Fachabitur“, so Schöffel.
Im fächerverbindenden Unterricht sind die Schüler am Dienstag in die Gläserne Manufaktur nach Dresden gefahren. Am Mittwoch sind Betriebsbesichtigungen geplant. Die Schüler schauen sich bei 16 Firmen verschiedener Branchen um.
Bei Praktikum für Berufe begeistern
Am leichtesten seien die jungen Leute bei Praktika für einen Beruf zu begeistern, sagte Schöffel. „Aber nur, wenn sie merken, es macht Spaß. Der Betrieb muss die Praktikanten auch mal was machen und nicht nur die Halle kehren lassen“, sagte Schöffel.
In die Praxis schnuppern die Schüler auch bei den 14-tägigen Werkstatt-Tagen, zu der die Schüler nach Roßwein ins Mitteldeutsche Fachzentrum Metall und Technik gehen. „Die Schüler bauen einen kleinen Roboter. Das läuft wie bei einer Firma ab. Sie machen eine Planung, müssen auch mal einen Brief verfassen und ein Plakat entwerfen. Sie konstruieren, müssen sägen, bohren und schleifen. Dann wird der Roboter montiert“, sagte Schöffel.
Auch die Bereiche Altenpflege und Soziales werden in Zusammenarbeit mit dem Seniorenheim Kamelienhof in Roßwein beleuchtet.