Es sieht schon eigenartig aus, wenn auf der Breiten Straße ein Mann im schwarzen Mantel an einem alten Klavier sitzt und beherzt in die Tasten greift. Die Frage „Wer ist das“ beantwortet sich von selbst. „Be-Flügelt“ hat der Mann auf seinem Mundschutz stehen.
Andreas Güstel ist in Döbeln kein Unbekannter. Im Mai vor drei Jahren baute er beim Autofrühling mit seinem Partner Julian Eilenberger auf dem Obermarkt ein Doppelstockklavier auf. Die beiden sind das Duo „Be-Flügelt“ und nennen sich Extrempianisten. Am Montag in Döbeln ging es nicht so extrem zu. Außer, man verwendet dieses Attribut für die Tatsache, dass Güstel immer ein 170 Kilo schweres Klavier im Auto dabei hat. Und öfter mal auspackt. Denn Kunst im öffentlichen Raum ist so ziemlich das Einzige, was dem Musiker in der Pandemie geblieben ist. „Man hat uns die Bühnenbretter entzogen. Das ist Berufsverbot“, meint er. Der Leipziger hatte, wie er erzählte, für seine Frau etwas in Döbeln abgeholt und bei der Gelegenheit sein altes Klavier auf die Breite Straße geschoben.
Klavier im Fahrradhänger
Im schwarzen Zylinder landet das eine oder andere Geldstück oder ein kleiner Schein. Wenn jemand richtig angetan ist, können es auch schon mal 50 Euro sein, erzählte Güstel. Konzerte sind derzeit keine möglich. Die im vergangenen Jahr waren nur mit stark reduziertem Publikum zulässig. „Die Leute sind solidarisch und kaufen mehr CDs“, erzählt er. Im virtuellen Zylinder im Internet landet auch die eine oder andere Spende von Fans. Die staatlichen November- und Dezemberhilfen seien angekommen, so der Musiker. Auch der Ticketverkauf für kommende Konzerte bringt ein bisschen Geld ein, auch wenn die Leute verhalten buchen. Mit seinem Partner Julian Eilenberger schmiedet Güstel Ideen. „Wir wollen mit dem Fahrrad auf dem Elberadweg fahren, mit dem Klavier im Anhänger. Und die anderen Radfahrer sollen uns ziehen helfen.“
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