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In Roßwein endet die DDR

Der Stacheldrahtzaun auf dem Bahngelände ist abgebaut. Vor einem Jahr liefen die Filmaufnahmen. Am Samstag wird der preisgekrönte Film in der ARD gezeigt.

Von Heike Heisig
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Szenen des historischen Eventfilms "3 1/2 Stunden" sind in Roßwein, Nossen und Görlitz gedreht worden. Am Samstag ist er in der ARD zu sehen, ab Donnerstag schon in der Mediathek.
Szenen des historischen Eventfilms "3 1/2 Stunden" sind in Roßwein, Nossen und Görlitz gedreht worden. Am Samstag ist er in der ARD zu sehen, ab Donnerstag schon in der Mediathek. © ARD Degeto

Roßwein. Sechzig Jahre Mauerbau – dazu gibt es an diesem Samstag einen Themenabend in der ARD. Zur prominentesten Sendezeit um 20.15 Uhr soll dann der Film „3½ Stunden“ von Ed Herzog gezeigt werden. Einige Szenen für diesen historischen Eventfilm wurden vor rund einem Jahr in Roßwein, Nossen und Görlitz gedreht.

Fast so überraschend, wie für die Berliner der Mauerbau vor sechs Jahrzehnten kam, sahen sich die Roßweiner im Sommer 2020 in tiefste DDR-Zeiten zurückversetzt. Es ist der Tag, bevor die Kameramänner und Schauspieler in Roßwein anreisen.

Mitarbeiter der Requisite und Ausstatter haben Stacheldrahtzäune aufgebaut – dem Anschein nach auch über Nacht wie in Berlin. An einem verschlossenen, rostigen Tor hängt ein Blechschild mit dem Emblem der DDR. Darunter steht in vier roten Großbuchstaben: Halt! Staatsgrenze! Passieren verboten.

Unglaubliche Szenen für Passanten

Während die Mitarbeiter der Produktionsfirma noch in der Nähe der Gleise arbeiten und dort einen Fernsprecher anbringen oder das Häuschen für den Grenzposten mit Stuhl und Regalen ausrüsten, wird am Giebel eines alten Lagergebäudes eine weitere Erinnerung lebendig.

Über die Fassade spannen zwei Männer ein riesiges, rotes Banner mit einem Propaganda-Spruch. Noch während das passiert, bleibt ein zufällig vorbeikommender Radfahrer abrupt stehen. Er glaubt nicht, was er sieht.

So geht es auch dem einen oder anderen Roßweiner. Nachdem bekannt geworden ist, dass auf dem Bahnhofsgelände gedreht wird, versuchen viele Neugierige, einen Blick auf die Szenerie und den einen oder anderen bekannten Schauspieler zu erhaschen.

Mittlerweile hat die Geheimniskrämerei ein Ende. Noch bevor der Film „3½ Stunden“ – bei dem damaligen Arbeitstitel ist es nun auch geblieben – am Samstagabend ausgestrahlt wird, ist er ab dem heutigen Donnerstag schon in der ARD-Mediathek zu sehen.

Eine schicksalhafte Frage

Dem Film liegt ein Drehbuch von Beate Fraunholz und Robert Krause zugrunde. Es erzählt von der schicksalhaften Entscheidung, vor der die Reisenden eines Interzonenzuges nach Ost-Berlin am 13. August 1961 stehen: weiterfahren oder aussteigen?

Erst während ihrer Fahrt erfahren sie, dass in Berlin eine Mauer gebaut wird. Ein Gewissenskonflikt, nicht nur für die überzeugte Kommunistin Marlis und ihren regimekritischen Ehemann Gerd.

„3½ Stunden setzt ein leidbringendes Ereignis der deutschen Nachkriegsgeschichte nach einem authentischen Drehbuch eindrucksvoll in Szene und macht Geschichte am Beispiel einzelner menschlicher Schicksale erlebbar“, sagt Christine Strobl, die ARD-Programmdirektorin.

Mit einer großen produzentischen Leistung sei es gelungen, das Furchtbare des Mauerbaus anhand dieser einzigartigen Szenerie des von West nach Ost rollenden Zugs und seiner Passagiere eindringlich zu erzählen.

Preisgeld für weitere Ost-West-Projekte

Mit dem Bernd-Burgemeister-Filmpreis, einem mit 25.000 Euro dotierten Produzentenpreis der Verwertungsgesellschaft VFF, ist „3½ Stunden“ bereits Anfang Juli ausgezeichnet worden. „Mehr als verdient“, findet Christoph Pellander, Redaktionsleiter bei der ARD Degeto, einem 100-prozentigen Tochterunternehmen der ARD. Sie hat den Film für die ARD in Auftrag gegeben.

Das Preisgeld geht übrigens zu gleichen Teilen an die Hochschule für Fernsehen und Film München und die Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf. Es soll in Förderprojekte fließen, um neue Stoffe zu entwickeln, die sich auch künftig dieser Thematik widmen.

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„Es ist wichtig, dass auch weiterhin Ost-West-Geschichten erzählt werden“, sagte Michael Lehmann, Produzent und Vorsitzender Geschäftsführer der Studio Hamburg Production Group, im Zusammenhang mit der Preisverleihung. Produziert hat den Film die Real Film Berlin GmbH in Co-Produktion mit Amalia Film.

Tipp: Der historische Eventfilm „3½ Stunden“, für den Szenen auch in Roßwein, Nossen und Görlitz gedreht worden sind, ist am Samstag um 20.15 Uhr in der ARD und ab Donnerstag schon in der ARD-Mediathek zu sehen.