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Wo Leisnigs erste Kinderkrippe stand

Im Haus der Familie Günther in Lesnig wurde vor 100 Jahren ein Säuglingsheim eröffnet. Das Kuriose: Helga Günther war viele Jahre lang Leiterin einer Kita in Leisnig.

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Helga und Erich Günther blättern in einer Festschrift des Leisniger Tageblattes von 1931. Aus der haben sie erfahren, dass in ihrem Haus an der Gorschmitzer Gasse 21 einmal ein Säuglingsheim gewesen ist. Das wurde heute vor 100 Jahren eröffnet.
Helga und Erich Günther blättern in einer Festschrift des Leisniger Tageblattes von 1931. Aus der haben sie erfahren, dass in ihrem Haus an der Gorschmitzer Gasse 21 einmal ein Säuglingsheim gewesen ist. Das wurde heute vor 100 Jahren eröffnet. © Dietmar Thomas

Leisnig. Wer heute an der Gorschmitzer Gasse entlanggeht, wird am Zaun des Grundstückes Nr. 21 die Reproduktion einer Festschriftseite in A3-Format finden. Helga und Erich Günther haben diese anfertigen lassen und machen Neugierigen damit ein Stück Stadtgeschichte zugänglich.

Genau genommen geht es um ihr Haus. Dass das einmal ein Städtisches Säuglingsheim gewesen ist, war sogar Helga Günther neu. Dabei hat sich die heutige Rentnerin mit dem Thema „Kitas in Leisnig damals und heute“ sogar aus beruflichen Gründen beschäftigt.

Nichts hat mehr an diese Nutzung erinnert

1964 hat die Leisnigerin als Kindergärtnerin in der Kita am Eulenberg, die erst vor ein paar Wochen das 65-jährige Bestehen gefeiert hat, angefangen. Danach hat sie ihr gesamtes Berufsleben lang Kinder auf dem ersten Stück ihres Lebensweges begleitet.

Als Leisnigs letzte Kindereinrichtung in DDR-Zeiten 1984 in einer ehemaligen Villa am Bahnhofsweg entstand, war sie dabei. Später durfte sie dieses „Haus voller Kinder“, die Kita Sonnenschein, bis zu ihrem Rundestand mit 62 Jahren leiten. An diese Zeit erinnert sie sich gern. Dass sie einmal in einer ehemaligen Kita wohnen wird, hat damals keiner gedacht.

An die Zeit als Säuglingsheim hat auch nichts mehr erinnert, als die Günthers die Immobilie gekauft und saniert haben. Ungewöhnlich fanden sie rückblickend zwar die hohen Zimmerdecken. Doch das erklärten sie sich auch damit, dass das Haus anfänglich eine Kaserne der Husaren gewesen sein soll.

Ältere erinnern sich: Liegen standen im Garten

An die spätere Nutzung für Krippenkinder, so sagt Helga Günter, könnten sich einige alte Leisniger noch erinnern. „Zum Beispiel daran, dass im Garten Liegen standen.“ 17 Kinder bis zu zwei Jahren hätten damals in diesem Säuglingsheim betreut werden können. Konzipiert war es für „uneheliche“ Kinder. Der Platz kostete pro Tag 1,50 Reichsmark für Leisniger und 2,50 Reichsmark für Kinder von außerhalb.

Das Haus an der Gorschmitzer Gasse 21 in Leisnig hat Vergangenheit. Die Seite aus der Jubiläumsausgabe des Leisniger Tageblattes, die darüber berichtet, hat Familie Günther reproduzieren lassen. Sie wird heute am Zaun hängen.
Das Haus an der Gorschmitzer Gasse 21 in Leisnig hat Vergangenheit. Die Seite aus der Jubiläumsausgabe des Leisniger Tageblattes, die darüber berichtet, hat Familie Günther reproduzieren lassen. Sie wird heute am Zaun hängen. © Dietmar Thomas

Das alles steht in einer Sonderausgabe des Leisniger Tageblattes. Es wurde im Januar 1931 aus Anlass des 125-jährigen Bestehens der Zeitung herausgegeben. Darin findet sich neben Grußworten, Dutzenden Anzeigen, in denen Geschäftsleute ihre Waren und Dienstleistungen empfehlen, auch eine Art Ortschronik.

Kindergarten gab es offenbar schon früher

Die Details zum Haus Gorschmitzer Gasse 21 sind unter der Überschrift „Die Armen-, Wohlfahrt- und Jugendpflege Leisnigs“ zu finden. Darin berichten die damaligen Autoren auch von einer sogenannten Kleinkinderbewahranstalt. Die soll es schon im Jahr 1843 gegeben haben.

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Später hätten Stiftungen den Bau einer Kinderpflege angeregt. Diese Einrichtung soll sich dann in dem Eckhaus Gorschmitzer Gasse 27, also nur ein paar Meter vom späteren Säuglingsheim entfernt, befunden haben.

Gefunden hat den Sonderdruck des Leisniger Tageblattes übrigens die Cousine von Helga Günther, und zwar auf dem Dachboden ihres Hauses in Gersdorf. Sie fand, dass die schon arg in Mitleidenschaft gezogene Festschrift bei den Leisnigern in guten Händen ist.