Döbeln
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Mit Maßband zu den Baumriesen

Schulleiter Michael Höhme aus Döbeln hat sich auf die Spuren eines Kollegen begeben. Der widmete alten Bäumen ein ganzes Buch.

Von Jens Hoyer
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Seltene Bäume findet Schulleiter Michael Höhme gleich vor der Haustüre. Im Park des Lessinggymnasiums waren sie wahrscheinlich nach dem Bau der Schule vor 150 Jahren gepflanzt worden.
Seltene Bäume findet Schulleiter Michael Höhme gleich vor der Haustüre. Im Park des Lessinggymnasiums waren sie wahrscheinlich nach dem Bau der Schule vor 150 Jahren gepflanzt worden. © Lars Halbauer

Döbeln. Auf einer Versteigerungsplattform im Internet hatte Michael Höhme, Leiter des Lessing-Gymnasiums, das Büchlein eines Kollegen entdeckt. Dr. Reinhold Herrmann lebte von 1886 bis 1953 und war Lehrer im Döbelner Gymnasium, Naturschutzbeauftragter, Heimatforscher. 1937 hatte Herrmann sein „Baumbuch der Amtshauptmannschaft Döbeln“ herausgebracht, in dem er die alten Bäume in Döbeln und Umgebung beschrieb. Höhme kaufte es antiquarisch. „Das Thema hat mich interessiert“, sagte Höhme. Und es wurde mehr daraus.

Es ist seit vielen Jahren Usus, dass der Traditions- und Förderverein des Lessinggymnasiums seinen übers ganze Land verteilten Mitgliedern Mitteilungen zukommen lässt. Früher in gedruckter Form. Seit einiger Zeit in elektronischer. Die Rubrik „Entdeckungen im 100-jährigen Döbeln“ hat dabei Tradition.

Beitrag im Internet

Bis zu seinem Tod hatte Gerhard Heruth geschichtliche Beiträge dafür geschrieben. Das haben jetzt Höhme und Schüler des Lessing-Gymnasiums übernommen. Mit Herrmanns Baumbuch in der Tasche, ging Höhme auf die Reise zu den Baumriesen. „Ich habe viele abgeklappert. Teilweise musste ich suchen“, sagte Höhme. Am Ende wurde ein großer Beitrag daraus, den Höhme auf der Internetseite des Gymnasiums veröffentlich hat.

Viele der Bäume stehen noch, andere sind gefällt worden. Einer ist allerdings kaum wiederzuerkennen: Die Greußniger Linde, die in Döbeln auf der sogenannten Butterbüchse als Höhenbaum an der Kreuzung der Wege in Richtung Krematorium und Greußniger Stadtgut steht. Die Sommerlinde ist um die 300 Jahre alt. Das sieht man dem Baumrudiment aber nicht unbedingt an. „Die ist in den 1930er Jahren radikal zurückgeschnitten worden“, sagte Höhme. Damals war die Krone heruntergebrochen. Heute wächst die Linde in mehreren Stämmen. Sie war wohl genau so hohl wie eine mächtige Winterlinde, die nur ein paar Hundert Meter entfernt am Weg in Richtung Krematorium steht.

Ein prachtvoller Baum ist die Aueneiche bei Hermsdorf. Sie hat in den vergangenen 80 Jahren ordentlich an Größe zugelegt.
Ein prachtvoller Baum ist die Aueneiche bei Hermsdorf. Sie hat in den vergangenen 80 Jahren ordentlich an Größe zugelegt. © Lars Halbauer
Die Ziescheiche bei Hochweitzschen ist mit etwa 500 Jahren einer der ältesten Bäume in der Region. Sie steht unter Schutz.
Die Ziescheiche bei Hochweitzschen ist mit etwa 500 Jahren einer der ältesten Bäume in der Region. Sie steht unter Schutz. © Lars Halbaue
Die Greußniger Linde wurde wegen Fäulnis und Windbruch vor 90 Jahren kräftig gestutzt. Das ist übrig geblieben.
Die Greußniger Linde wurde wegen Fäulnis und Windbruch vor 90 Jahren kräftig gestutzt. Das ist übrig geblieben. © Jens Hoyer
In Geleitshäuser steht direkt an der Straße in einem Garten Ziegers Linde, die mehr als 300 Jahre alt ist.
In Geleitshäuser steht direkt an der Straße in einem Garten Ziegers Linde, die mehr als 300 Jahre alt ist. © Lars Halbauer

Diese hat im Durchmesser ordentlich zugelegt. Höhme hat nachgemessen. Die Winterlinde am Krematorium hatte zu Herrmanns Zeiten einen Umfang von 4,25 Metern. Der Stamm ist im Laufe von über 80 Jahren auf 5,70 Meter angewachsen.

Nach einem der ältesten Bäume in der Region, der Ziescheiche, hat Höhme ein bisschen suchen müssen. Die ist um die 500 Jahre alt und hatte wohl als Grenzbaum überlebt. Sie steht ein wenig abseits in der Nähe des Friedhofs von Hochweitzschen am Zieschbach. Der Baum hat einen Stammumfang von 6,35 Metern und ist 19 Meter hoch. Die Jahre seien ihm anzusehen, meint Höhme. Seit 1978 ist die Eiche ein Naturdenkmal.

Prächtige Aueneiche

Das Eulen-Zeichen hängt auch noch an zwei alten Bäumen im Döbelner Gebiet. Die Aueneiche ist einer dieser Riesen. Sie steht etwas versteckt in Hermsdorf an einem Weg auf Privatgelände und ist ein Gigant. Geschätztes Alter: mehr als 300 Jahre. Stammumfang 6,70 Meter. Kronendurchmesser und Höhe: jeweils etwa 27 Meter. „Sie wächst und gedeiht“, meint Höhme. Er hat es nachgemessen. Seit 1937 hat sie um 1,70 Meter im Umfang zugenommen.

Höhme widmet sich in seinem Beitrag noch einigen stattlichen Bäumen direkt in Döbeln und der ältesten Ulme am Rittergut in Ebersbach. Zu einer großen Trauerbuche im Park am Schloss Choren hat er ein spezielles Verhältnis. „Mein Großvater war in Choren Lehrer. Die Trauerbuche hat die Schule als Zuckertütenbaum benutzt.“

Trauerbuche in Choren

Ebenfalls unter Naturschutz steht „Ziegers Linde“ in Geleitshäuser. Die hat ein geschätztes Alter von 370 Jahren, wächst in einem Garten direkt an der Hauptstraße und hat einen Stammdurchmesser von 6,50 Metern. Ein Plus von einem Meter in 83 Jahren.

Um seltene Bäume zu sehen, muss der Schulleiter gar nicht weit gehen. Denn das Gymnasium, 1869 als „Königliche Realschule I. Ordnung mit landwirtschaftlicher Abteilung“ eröffnet, hat selbst einen Park. Dort stehen etwa ein Ginkgobaum, eine Hemlocktanne und eine prächtige Eibe. „Es gab damals offenbar den Anspruch, seltene Gehölze zu pflanzen“, sagte Höhme. Den gibt es immer noch. Jetzt sind ein paar seltene Gewächse wie ein Blauglockenbaum, eine Atlas-Zeder, ein Judasbaum und ein Mammutbaum gepflanzt worden. Außerdem stehen seit vergangenem Jahr im Park Schilder, die erklären, was da wächst.

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