Döbeln
Merken

Platznot: Roßweiner Helfer schlagen Alarm

Die Leitungen von aktiver und Jugendfeuerwehr halten nicht länger still. Ohne Umbauten im Depot wollen sie nicht länger Verantwortung tragen.

Von Heike Heisig
 5 Min.
Teilen
Folgen
In diesem Raum müssen sich bei Alarm zehn, 20 oder mehr Feuerwehrleute umziehen. Noch enger war es bisher bei der Jugendwehr Roßwein.
In diesem Raum müssen sich bei Alarm zehn, 20 oder mehr Feuerwehrleute umziehen. Noch enger war es bisher bei der Jugendwehr Roßwein. © Dietmar Thomas

Roßwein. In dieser Woche wird der Schaltraum im Feuerwehrgerätehaus an der Goldbornstraße geräumt. Doch es zieht nicht etwa die Elektroheizung aus oder die elektrischen Verteiler, sondern die Einsatzkleidung der Jugendfeuerwehrleute. Diese mussten sich bisher nämlich in den Technikräumen umziehen.

Ein unhaltbarer Zustand, vor allem aus Sicht des Unfallschutzes. Das sagte Georg Riedel, der nicht nur selbst Roßweiner Feuerwehrkamerad ist, sondern sich nach besuchtem Lehrgang auch in Sachen Unfallschutz gut auskennt. Er warnte davor, die Appelle der Wehrleitung weiterhin in den Wind zu schlagen.

  • Sie haben Hinweise, Kritik oder Lob? Dann schreiben Sie uns per E-Mail an [email protected]

Erst vor ein paar Monaten hatte Jugendfeuerwehrwart Gunter Marschner in einer Stadtratssitzung das Wort ergriffen und die unzumutbaren Umstände geschildert, unter denen sich der Feuerwehrnachwuchs umziehen muss.

Zurzeit keine weiteren Aufnahmen in die Wehr möglich

Vorige Woche zur Ratssitzung stand er wieder auf. Nichts habe sich an der Situation geändert. Er sagte, dass er mittlerweile an der Feuerwehrarbeit interessierte Kinder und Jugendliche wegschicken muss, weil Roßwein keine Möglichkeit hat, den Nachwuchs entsprechend unterzubringen.

Wehrleiter René Bernhard geht es genauso. Auch er schickt ausgebildete Feuerwehrleute – also potenzielle aktive Einsatzkräfte, die in Roßwein mitarbeiten wollen – weg. Für weitere Aufnahmen fehlen Umkleidemöglichkeiten und Sanitärräume. „Wenn das so weitergeht, haben wir bald die Zustände wie in Haßlau, sind kaum oder gar nicht mehr einsatzfähig, weil uns die Leute fehlen“, sagte Bernhard.

Im Moment haben die Feuerwehrleute gerade mal 30 Zentimeter Platz, um sich umzuziehen. Das mag genügen, wenn zwei, drei Leute im Raum sind. Aber nicht, wenn zehn oder 20 kurz hintereinander an die Spinde rennen und dann zu den Fahrzeugen sprinten müssen, weil die Zeit läuft, um an einen Unfallort zu kommen.

Von einer mittlerweile vorgeschriebenen Trennung von Privat- und Einsatzkleidung können die Feuerwehrleute nur träumen. Diese und andere Standardforderungen lassen sich in den jetzigen Räumen an der Goldbornstraße nicht erfüllen.

Kurzfristige Lösung für die Jugendwehr

Offenbar hat Georg Riedel deutliche Worte gefunden. Und möglicherweise hat auch die Einschätzung von Stadträtin Jördis Marschner (Die Linke) dazu beigetragen. Sie bezeichnete die Zustände im Roßweiner Feuerwehrgerätehaus als „katastrophal“.

Nach der Ratssitzung soll Bürgermeister Hubert Paßehr (CDU) veranlasst haben, dass für die Jugendwehr kurzfristig eine Übergangslösung gefunden wird. Die sieht so aus, dass die Kinder und Jugendlichen vorläufig in den Schulungsräumen im Obergeschoss raus aus den Jeans und rein in die Einsatzkleidung schlüpfen werden. Eine Lösung ist das aber nicht.

Das Gesamtproblem sieht so aus, dass die Räume an der Goldbornstraße nicht mehr den Erfordernissen der Zeit entsprechen, Auflagen nicht mehr zu erfüllen sind. Denn auch die Aufgaben und Anforderungen an die Feuerwehr haben sich im Laufe der Jahre gewandelt.

Laut Brandschutzbedarfsplan müsste die Feuerwehr Roßwein mindestens 44 Einsatzkräfte vorhalten – so viele Spinde passen im Moment nicht einmal in den schon viel zu engen Umkleideraum.

Keine kurzfristige Lösung in Sicht

Um die aktuellen Mindestanforderungen erfüllen zu können, gibt es seit zwei oder drei Jahren einen Umbauplan, den das Team des Roßweiner Planungsbüros Bauer sowohl den Feuerwehrleuten als auch den Stadträten vorgestellt hat. Umgesetzt werden können diese Pläne nur, wenn für die Spielleute, die im Gerätehaus oben verschiedene Proben- und Räume für Instrumente beanspruchen, aus- und in ein anderes Domizil eingezogen sind.

„Wir verstehen nicht, woran es hängt, weshalb sich keine anderen Räume für die Spielleute finden lassen“, sagte Gunter Marschner. Der Bürgermeister wollte darauf nicht im Detail eingehen. Er sagte, dass der Musikverein erst seit kurzem eine neue Leitung hat und über ein neues Domizil alle Mitglieder befinden müssten. Das Problem mit der Doppelnutzung des Gerätehauses sei bekannt, werde wohl aber nicht kurzfristig zu lösen sein.

Mit dieser Aussage jedoch wollen sich die Feuerwehrleute nicht weiter hinhalten lassen.„Es geht hier um die Sicherheit der Einsatzkräfte und insgesamt auch der Roßweiner“, sagte der Wehrleiter. Dafür könne er unter diesen Umständen nicht länger die Verantwortung übernehmen.

Urlaub vom Ehrenamt beantragen

Sollten sich die Stadträte nicht in absehbarer Zeit zum Handeln durchringen und die Umbaupläne angehen, dann wolle sich der Wehrleiter von seinem Ehrenamt beurlauben lassen. „Dann ziehe ich mich zurück“, so René Bernhard. „Wir haben jetzt lange genug geredet.“

  • Nachrichten aus der Region Döbeln von Sächsische.de gibt es auch bei Facebook und Instagram

Der Bürgermeister nahm das Wort Erpressung in den Mund. „Wir nehmen das zur Kenntnis“, so Paßehr. Ein Umstand, mit dem sich Jördis Marschner nicht abfinden will: „Es ist schade, dass dieses Problem immer wieder nur zur Kenntnis genommen wird.“ Das Thema sei ein so wichtiges.

Armutszeugnis für die Stadt

Wie andere Stadträte hat sich auch Jördis Marschner inzwischen vor Ort ein Bild gemacht. Aus ihrer Sicht sei die Situation im Gerätehaus ein Armutszeugnis für die Stadt Roßwein. Und, haben Sie Lösungsvorschläge, wollte der Rathauschef von ihr wissen. „Die haben wir gemacht. Sie sind allesamt abgelehnt worden“, so die Stadträtin.

Die Wehrleitung hat im Nachgang der Ratssitzung noch einmal ein Schreiben verfasst, die Situation dargelegt und zum Handeln aufgefordert. Binnen vier Wochen erwartet sie eine Antwort und dann wird sie entscheiden, wie lange sie noch für die Zustände im Feuerwehrgerätehaus in Roßwein die Verantwortung übernehmen kann.