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Roßweiner Firma ist "Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb"

Zur Erlangung des Siegels mussten Auszubildende und Ausbilder über 100 Fragen beantworten. Das Ergebnis ist frappierend.

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Die Gemeinhardt Service GmbH mit den Geschäftsführern Walter Stuber (links) und Dirk Eckart ist als "Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb" zertifiziert worden.
Die Gemeinhardt Service GmbH mit den Geschäftsführern Walter Stuber (links) und Dirk Eckart ist als "Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb" zertifiziert worden. © Thomas Kretschel

Roßwein. Die Roßweiner Gerüstbaufirma Gemeinhardt Service GmbH ist von der Initiative „Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb“ zertifiziert worden.

Um vom zukünftigen Berufsnachwuchs bereits im Vorfeld als guter Ausbildungsbetrieb wahrgenommen zu werden, wollten sich Walter Stuber und Dirk Eckart, die beiden Geschäftsführer der Gemeinhardt Service GmbH, ihr Unternehmen von ihrer Handwerkskammer zertifizieren lassen. Grundlage des Wunsches war dabei das Siegel für Ausbildungsqualität der Handwerkskammer Dortmund.

„Jedoch mussten wir feststellen, dass dieses Siegel nur für Betriebe im Kammerbezirk Dortmund verliehen werden kann. Die für uns zuständige Handwerkskammer Chemnitz bietet leider nichts in dieser Richtung an“, informiert Stuber. „Sogar der DEHOGA-Landesverband Sachsen hat die Wichtigkeit der Nachwuchsförderung erkannt und verleiht seit einigen Jahren das Qualitätssiegel ‚TOP Ausbildungsbetrieb‘ als begehrte Arbeitgebermarke“, ergänzt Eckart.

Auf der Suche nach einer möglichen Zertifizierung wurden sie dann doch noch fündig aufgrund einer Empfehlung aus ihrem Netzwerk. Die Initiative „Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb“ verleiht seit 2013 ihr Gütesiegel. In den letzten Jahren haben jährlich mehr als 100 Unternehmen so die Qualität ihrer Ausbildung umfassend bewerten lassen. Die Initiative „Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb“ ist damit die größte unabhängige und neutrale Zertifizierung für Ausbildungsbetriebe in Deutschland.

Umfrage unter Azubis und Ausbildern

Zur Erlangung des Siegels mussten die Auszubildenden Ende 2021 in einer anonymen Befragung rund 100 detaillierte Fragen zur Qualität ihrer Ausbildung beantworten. Themen waren beispielsweise die Ausbildungsinhalte, der Umgang mit den Azubis im Betrieb oder die Zukunftschancen. Auch die für die Ausbildung verantwortlichen Mitarbeiter mussten selbst die Fragen beantworten.

Zusätzlich wurden mit den Personalverantwortlichen Kennzahlen erhoben, wie die Anzahl der übernommenen Auszubildenden und die Höhe der Abbrecherquote. „Durch die Kombination dieser Kennzahlen mit der Beurteilung der Azubis erhalten Jugendliche eine verlässliche Auskunft darüber, wie gut ein Ausbildungsbetrieb tatsächlich ist“, sagt Wirtschaftspsychologin Judith Grefe von der „ertragswerkstatt“, die die Vergabe des Siegels betreut.

Denn: Nur ein Betrieb, der von seinen Azubis gute Noten bekommt und sich in der Ausbildung besonders engagiert, ist ein „Ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb 2021“. "Dass die während der Zertifizierung von uns genannten Rahmen mit den direkt an ‚ertragswerkstatt‘ gesandten Antworten der Azubis so perfekt übereinstimmen, ist für uns schon eine erstklassige Wertschätzung“, so Eckart und Stuber nicht ohne Stolz.

Seit die Firma Gerüstbau Gemeinhardt am Standort Roßwein ist, sind 100 Auszubildende durch die Gerüstbauer-Ausbildungskolonnen und durchs Büro gegangen.

Investition in die Zukunft

„Wir betrachten eine Investition in die Ausbildung als langfristige Investition in unser Unternehmen“, so Stuber. „Wir möchten möglichst gute Gerüstbauer heranwachsen sehen, denen ihre Tätigkeit Spaß macht. Nur so können wir sicher sein, dass diese Jugendlichen uns möglichst lange erhalten bleiben.“ Die Azubis würden bei Gerüstbau Gemeinhardt grundsätzlich in den ersten beiden Lehrjahren in einer separaten Ausbildungskolonne betreut. Erst im dritten Lehrjahr fahren sie mit zu Einsätzen in die weite Welt.

„Seit 1993 bilden wir hier in Roßwein über den Bedarf vor Ort mit aus, um so zu helfen, dass unser Gewerbe langfristig erhalten bleibt“, sagt Stuber.

Dabei sei das Unternehmen nicht nur auf der Suche nach „Standard-Gerüstbauern“, wie der Geschäftsführer erläutert. Gebraucht würden vielmehr junge Leute, „die richtig was auf dem Kasten haben.“ Die Firma beschäftigt sich mit Spezialgerüstbau. Es gehe also um Gerüste an 170 Meter hohen Türmen, hängend unter Brücken, an Talsperren, in der Industrie und an vielen anderen Stellen.

Werbung auf Pizza-Kartons

Vor Corona waren es vor allem Infostände auf Ausbildungsmessen, bei denen der Nachwuchs für die Gerüstbaufirma akquiriert wurde. Seit dies nur noch eingeschränkt möglich ist, wird auf Pizzakartons, im regionalen Kino oder auf einem eigenen Tik-Tok-Kanal nach Nachwuchs gesucht. „Warten, bis Schüler von allein zu uns kommen, das können wir nicht“, so Eckart.

Die Investitionen in die Nachwuchs-Akquise seien nicht niedrig. „Aber wenn wir uns nicht heute die Fachkräfte von morgen heranziehen, wie wollen wir dann in Zukunft unser Gewerk am Leben erhalten?“, fragt Stuber.

Fallschirmsprung für Betriebstreue

Dabei würde den Auszubildenden bei Gerüstbau Gemeinhardt sehr viel geboten, ergänzt der Geschäftsführer. Das beginne bei einer höheren Vergütung als die Innung vorgebe und reiche bis zu einem von der Firma spendierten Fallschirmsprung für diejenigen, die ein halbes Jahr im Unternehmen sind.

Alexandra Weiß ist Auszubildende bei Gemeinhardt Gerüstbau in Roßwein. Sie ist derzeit im dritten Lehrjahr und die einzige Auszubildende im Gerüstbau in Sachsen.
Alexandra Weiß ist Auszubildende bei Gemeinhardt Gerüstbau in Roßwein. Sie ist derzeit im dritten Lehrjahr und die einzige Auszubildende im Gerüstbau in Sachsen. © Dietmar Thomas (Archiv)

„Wenn man mangels Azubi-Messen, offenen Jugendclubs und für Außenstehende nicht zugänglichen Schulen schlecht an zukünftige Azubis herankommt, dann müssen es eben andere verrückte Ideen sein. Und wenn die Auszubildenden dann da sind, bekommen sie bei uns auch immer, was jedem von ihnen weiterhilft – die Wertschätzung, die jeder von uns und von ihnen braucht“, so die Geschäftsführer.