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Leisnig: "Zwischenstopp" ist wieder mobil

Den Teilnehmern des sozialen Projektes der Diakonie geht es genauso wie vielen Einwohnern auf dem Land: Ohne Fahrzeug wären sie aufgeschmissen.

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Das neue Fahrzeug des Projektes „Zwischenstopp“ hat Leiter Michael Köste schon gute Dienste geleistet. Unter anderem beim Auszug eines Teilnehmers, der jetzt in Döbeln neu anfängt.
Das neue Fahrzeug des Projektes „Zwischenstopp“ hat Leiter Michael Köste schon gute Dienste geleistet. Unter anderem beim Auszug eines Teilnehmers, der jetzt in Döbeln neu anfängt. © Lars Halbauer

Leisnig/Döbeln. Vor ein paar Tagen hat Projektleiter Michael Köste von Thomas Richter, dem Geschäftsführer des Diakonischen Werkes Döbeln, den Autoschlüssel überreicht bekommen. Seitdem sind auf dem Tacho des „neuen“ Fahrzeuges einige Kilometer dazugekommen.

Die Teilnehmer werden damit vom Leisniger Ortsteil Bockelwitz, wo das Projekt auf dem Mehrseithof Nummer 3 angesiedelt ist, zur Arbeit, zu Gerichtsverhandlungen und zu ihren Therapien gebracht. Und einmal waren nun sogar schon Umzugskartons im Kofferraum.

Das hat mit der Weiterentwicklung von „Zwischenstopp“ zu tun. Bei diesem von der Diakonie getragenen und von vielen Partnern unterstützten Projekt werden Männer in einer für sie schwierigen Zeit begleitet. Die Betroffenen haben eine Entziehung (Drogen oder Alkohol) hinter sich und warten auf einen Platz in der Langzeittherapie beziehungsweise Reha.

Nach der Reha neu orientieren

„Nun haben wir aber gemerkt, dass dies bisweilen nicht ausreicht. Auch nach der Reha brauchen manche Männer noch einen Anlaufpunkt. Also kommen sie nach Bockelwitz zurück“, schildert Köste.

Doch das sei keineswegs das Ende. „Wir versuchen dann gemeinsam mit dem Team des Vereins Netzwerk Mittweida sowie dem Jobcenter Döbeln, eine Beschäftigung und eine Wohnung zu finden. Damit haben sie neben weiteren Therapieangeboten wie vorher bei uns in Bockelwitz feste Strukturen und damit gute Voraussetzungen für einen Neuanfang“, so der Projektleiter.

Ziel verfehlt und doch erreicht

Er ist jetzt, in Zeiten der Pandemie, mehr als glücklich über das Helfernetzwerk, auf das er und die Diakonie zurückgreifen können. Das hat sich auch bei der Beschaffung des neuen Fahrzeuges gezeigt.

Obwohl die Geldsammelaktion übers Internet nicht den gewünschten Betrag gebracht hat, haben Köste und Annett Voigtländer, die sich der Spendensammlung federführend angenommen haben, am Ende das Ziel erreicht.

„Zu alle jenen, die uns finanzielle Unterstützung angeboten hatten, haben wir noch einmal Kontakt aufgenommen“, erzählt Michael Köste. Wird beim sogenannten Crowdfunding die gesetzte Summe am letzten Aktionstag nicht erreicht, dann wird das Geld bei den Unterstützern auch nicht abgebucht.

Mehr als 20 hätten sich nach persönlicher Ansprache trotzdem beteiligt. Darüber hinaus sei Geld über eine Weihnachtsaktion und die allgemeine Spendeneinwerbung der Diakonie zusammengekommen – insgesamt knapp 20.000 Euro. Das hat für einen Kleinbus (Erstzulassung 2019) genügt.

Corona schränkt auch soziales Projekt ein

Michael Köste ist damit hochzufrieden. Im Gegensatz zu dem Kleinwagen, mit dem er vorher für das Projekt unterwegs war, kann er mit dem neuen „Mobil“ die gesamte „Hausgemeinschaft“ transportieren. Das ist gerade in Corona-Zeiten wichtig.

Abgesehen davon, dass Bockelwitz für die Bedürfnisse der Hofbewohner nicht genug an Bus und Bahn angebunden ist, gelten jetzt wegen des Infektionsschutzes besondere Vorkehrungen. Kontakte einschränken, ist angesagt. Denn den gesamten Hof unter Quarantäne zu stellen, was im Fall einer Infektion nötig wäre, ist für den Projektleiter kaum vorstellbar.

Über die Ausbreitung des Coronavirus und über die Folgen in der Region Döbeln berichten wir laufend aktuell in unserem Newsblog.<<<

Überdies sehe er auch eine gewisse Verantwortung den Arbeitgebern gegenüber. Einige der Projektteilnehmer dürfen für gewöhnlich beim Möbelprojekt in Döbeln zum Einsatz kommen. Das lässt die Pandemie gegenwärtig nicht zu.

Deshalb wurden Alternativen im Diakonieverbund gefunden. So gibt es unter anderem Arbeit in den Werkstätten in Hartha und Roßwein. Für die Zeit nach der Reha hat einer der Suchtkranken Arbeit als Pflegehelfer gefunden, ein anderer beginnt eine Metallausbildung. Dies sei Köste zufolge ein wichtiger Punkt, um eine Rückfälligkeit zu vermeiden.

Mit festem Willen zum Erfolg

Etwa 80 Prozent der Männer, die zum „Zwischenstopp“ nach Bockelwitz kommen, schaffen es in dieser Übergangszeit, trocken oder clean zu bleiben. Davon wiederum 80 Prozent gelingt dies auch in der anschließenden Therapie.

Der Herausforderung, ein neues Leben ohne Alkohol und Drogen zu beginnen, stellen sich derzeit sechs Männer, nach Ostern kommt ein weiterer hinzu.

Die Feiertage darf der eine oder andere bei Familienangehörigen verbringen, wenn die denn in der Nähe wohnen. Die meisten haben schon seit weit vor Weihnachten kaum noch Kontakt zu ihrer Familie.

Die Gruppe und die „Zwischenstopp“-Mitarbeiter in Bockelwitz sind eine Art Familienersatz in der Entwöhnungszeit. Und es sind häufig auch diejenigen, die Mut zusprechen. „Das Wichtigste ist, dass die Betroffenen selbst ein suchtfreies Leben wollen“, sagt Michael Köste.

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