Merken

Döbelner wehrt sich gegen Zwangsmitgliedschaft

Jörg Bendiks muss als Unternehmer der IHK beitreten. Seit acht Jahren weigert er sich schon dagegen.

Teilen
Folgen
© Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Am Freitag hat Jörg Bendiks einen Brief vom Gerichtsvollzieher im Postkasten gefunden. In dem Schreiben wird er aufgefordert, offene Beiträge bei der Industrie- und Handelskammer Chemnitz (IHK) zu begleichen. Es geht um mehr als 700 Euro. Der Döbelner ist selbstständiger Energieberater. Und somit IHK-Mitglied. Zwangsweise. Und genau das regt ihn auf. Seit Jahren kämpft er gegen die Erhebung der Zwangsbeiträge. „Ich nehme keine Leistungen der IHK in Anspruch. Und wenn ich doch mal eine Adressliste möchte, müsste ich dafür extra eine Gebühr zahlen“, sagt er.

Unternehmer wie Jörg Bendiks sind per Bundesgesetz von 1956 und dem Landesgesetz von 1991 verpflichtet, Mitglied in einer Industrie- und Handelskammer zu werden. Wer Handwerksleistungen anbietet, muss sich bei der Handwerkskammer anmelden. Die Höhe der Mitgliedsbeiträge richtet sich nach dem erzielten Umsatz, der auf dem Steuerbescheid ausgewiesen ist: Wer mehr Gewinne macht, der zahlt auch mehr. Laut IHK-Internetauftritt variiert aktuell der niedrigste Grundbeitrag für Kleingewerbetreibende zwischen zehn und 60 Euro pro Jahr. Für in das Handelsregister eingetragene Unternehmen beginnt der reguläre Grundbeitrag zwischen 30 und 290 Euro pro Jahr. Der durchschnittliche Beitrag liege, bezogen auf die zahlenden Mitgliedsfirmen, bei rund 296 Euro pro Jahr beziehungsweise 25 Euro pro Monat.

Das Schreiben vom Gericht sei unverhoffte gekommen. „Anfang des vergangenen Jahres hatte ich einen Brief von der IHK bekommen. Der wurde an meine Privatadresse zugestellt. Deshalb habe ich ihn zurückgeschickt, weil solch ein Schreiben an meine Geschäftsanschrift adressiert sein muss. Seitdem hatte ich nichts mehr gehört“, sagt Bendiks. Ihm geht es darum, dass die IHK die Beiträge unter anderem für Pensionsrückstellungen für Hauptgeschäftsführer und sonstige Funktionäre verwendet. „Ich muss jeden Tag um mein Geld kämpfen“, sagt er. Der Bundesverband für freie Kammern (bffk) hat im Kammerbericht 2015 aufgelistet, dass die IHK Chemnitz mehr als 75 000 Euro Pensionsrückstellungen für das Jahr 2013 eingestellt hatte. Der bffk ist die bundesweite Vereinigung von Unternehmern, Handwerksbetrieben, Freiberuflern und Pflegekräften, die den Kammerzwang – egal ob Handel und Industrie oder Handwerk – ablehnen.

Die IHK Chemnitz ist die regionale Interessenvertretung der Gewerbetreibenden der Region Südwestsachsen und damit auch für den Landkreis Mittelsachsen. „Sie hat derzeit rund 73 000 kammerzugehörige Unternehmen“, erklärt Marek Heinzig, stellvertretender Geschäftsführer Finanzen. Die Pflichtbeiträge sind die wichtigste Einnahmequelle für die IHK. Das Geld wird unter anderem für Existenzgründungsberatung, Außenwirtschaftsförderung, Stellungnahmen zu Gesetzen und Planungsvorhaben, der beruflichen Ausbildung sowie Gefahrgutfahrerschulungen ausgegeben. Erst diese gesetzliche Mitgliedschaft mache es möglich, dass die Kammern alle Gewerbetreibenden ihrer Region gleichberechtigt vertreten

Jörg Bendiks ist nicht der einzige Zahlungsverweigerer. „In Sachsen betreuen wir etwa 100 Unternehmer, bundesweit rund 1 300“, sagt bffk-Bundesgeschäftsführer Kai Boeddinghaus. Der Verein hat zahlreiche Klagen gegen Bescheide vor Gericht gewonnen. Für Bendiks kommt eine Klage aktuell nicht infrage. „Mit dem Schreiben vom Gerichtsvollzieher ist der Bescheid rechtsgültig. Gegen den nächsten werde ich definitiv Widerspruch einlegen“, sagt er. Vor acht Jahren hatte der DA erstmals über Bendiks berichtet. „Danach haben sich viele Leute bei mir gemeldet und wollten ebenfalls gegen die Zwangsmitgliedschaft vorgehen“, erinnert er sich. Sogar die Bildung eines Landesverbandes nach bffk-Vorbild war geplant. „Doch es ist bei den ersten Gesprächen und Bekundungen geblieben“, sagt er. Im Raum Döbeln sei ihm kein Unterstützer bekannt.

Laut Marek Heinzig von der IHK liege die Zahl der Beitragsverweigerer im Verhältnis zu den kammerzugehörigen Unternehmen unter einem Prozent. Das heißt, es handelt sich um weniger als 730 Unternehmer. „Wir sind bestrebt, diese Einzelfälle individuell zu klären. Sofern dies allerdings nicht möglich ist, ist die IHK Chemnitz im Sinne der Beitragsgerechtigkeit aller Beitragszahler verpflichtet, nach fruchtloser Mahnung das Beitreibungsverfahren einzuleiten“, erklärt er. Das bedeutet, sie schickt, wie im Falle von Jörg Bendiks, den Gerichtsvollzieher.