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Drei Rückschläge für Sachsens Windmüller

Ökostrom wächst in Sachsen kaum noch. Die Landesregierung streitet über ihre Ziele.

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© André Braun

Von Georg Moeritz

Dresden. Das vorige Jahr war ein „außergewöhnlich schlechtes Windjahr“, sagt Gerd Lippold. Der energiepolitische Sprecher der Grünen in Sachsens Landtag hat ausrechnen lassen, dass der schwache Wind fast zehn Prozent weniger Strom lieferte als im guten Windjahr davor. Das war nicht der einzige Rückschlag für die Besitzer der 870 Windkraftanlagen in Sachsen. Im Dezember knickte eine Anlage bei Döbeln um, nachdem eines der Rotorblätter gebrochen war. Keine gute Werbung für Windkraft. Gerade mal neun große Windräder wurden voriges Jahr in Sachsen aufgebaut, aber 14 abgebaut. Lippold gibt der Landesregierung die Schuld daran, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien kaum noch vorankommt. Staatssekretär Stefan Brangs aus dem Wirtschaftsministerium bestätigt: Die Regierung ist uneins.

Landesplanung: Keine Einigung in der Koalition auf Energieprogramm

Grünen-Experte Lippold wirft der Landesregierung vor, die Pläne zum Ausbau der Windenergie noch immer am Energie- und Klimaprogramm 2012 auszurichten. Dieses Papier habe eher eine „Ausbaublockade“ festgelegt, weil die damals beteiligte FDP bei Windkraftgegnern Wähler suchte. Das alte Energieprogramm „ist noch aktuell“, bestätigt Staatssekretär Brangs. „Leider“ hätten Vorstöße zum Ausbau der erneuerbaren Energien „bereits zweimal keine Einigung in der Koalition“ erreicht.

Derzeit sei ein Kompromissvorschlag in der Abstimmung. Einstweilen gilt weiter das Ziel, 28 Prozent des Stromverbrauchs im Jahr 2023 aus Öko-Energien zu sichern. Das liegt weit hinter Zielen der Bundesregierung zurück – und ist für Sachsen auch kaum noch ein Ziel, sondern fast erreicht. 26,4 Prozent des Stromverbrauchs in Sachsen wurden voriges Jahr aus erneuerbaren Quellen gespeist – in Deutschland insgesamt allerdings zehn Prozentpunkte mehr. Lippold sieht einen Grund darin, dass die Landesregierung weiterhin ihr „umhegtes Lieblingskind Braunkohleindustrie“ pflege. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vor wenigen Tagen, die Forderung nach einem schnelleren Ausstieg aus der Kohle lege dem Osten Steine in den Weg.

Aussichten: Für dieses Jahr wenige Windräder genehmigt

In Brandenburg wurden voriges Jahr 173 neue Windkraftanlagen aufgestellt, in Thüringen 48. Der Bestand in Sachsen sei inzwischen teilweise sehr veraltet, schreibt die VEE Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien in Sachsen in einer Kurzstudie für die Grünen.

Vier von zehn Anlagen hätten nur eine Leistung von höchstens einem Megawatt. Moderne große Anlagen schaffen drei Megawatt und mehr, wenn genug Wind weht. Für dieses Jahr erwartet der Verband nicht, dass Sachsen im bundesweiten Vergleich aufholt: Für 32 Anlagen mit insgesamt 92 Megawatt Leistung gebe es bisher Baugenehmigungen. Zum Vergleich: Thüringen 237 Windräder, Niedersachsen 1 638.

Laut Lippold hat es in Ländern wie Thüringen „früher auch Blockaden“ gegeben. Mit Regierungsbeteiligung der Grünen habe sich das geändert. Investoren für Anlagen stünden bereit, doch zunächst müssten die Regionalpläne geändert werden.

Sonne, Wasserkraft, Biomasse: Kaum Zuwachs im Strommix

Der Neubau an Solaranlagen fiel in Sachsen voriges Jahr ebenfalls geringer aus als in den Nachbarländern. 1 768 Anlagen kamen dazu, mit einer maximalen Leistung von 62 Megawatt bei Sonne. Darunter war nur eine Freiflächenanlage, im Vogtland. Drei Wasserkraftanlagen wurden neu in Betrieb genommen und sieben Anlagen, die Strom aus Biomasse erzeugen – zum Beispiel aus Pflanzenresten. Das Gas aus diesen Anlagen hat einen Vorteil: Es lässt sich jederzeit nutzen, auch bei Windstille.