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Drei Stadträte gründen blaue Fraktion

Die Pirnaer Tim Lochner, Thomas Mache und Ulrich Kimmel formieren sich neu – unter dem Dach von Frauke Petrys Bürgerforum.

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© Norbert Millauer

Von Thomas Möckel

Pirna. Der Stadtrat wird politisch bunter: Drei Abgeordnete unterschiedlicher politischer Lager haben jetzt eine neue Fraktion gegründet. Am Freitag wollen sie die offizielle Erklärung im Rathaus einreichen und das weitere Prozedere klären. Im Rat selbst wird dabei einiges durcheinandergewirbelt. Die SZ stellt die neue Fraktion und ihre Anliegen vor.

Welchen Hintergrund hat die neue Ratsfraktion?
Die neue Fraktion heißt „Pirna kann mehr – Blaue Wende“. Ursprung ist die im Januar 2018 gegründete Wählervereinigung „Pirna kann mehr“ (PKM), die laut Chef Tim Lochner angetreten ist, um parteiunabhängig Kommunalpolitik zu machen. Für diese neue Art Politik, so Lochner, habe er seit Langem geworben und nun zwei Mitstreiter im Stadtrat gewonnen. Die neue Fraktion agiert unter dem Dach von Frauke Petrys Bürgerforum „Blaue Wende“.

Wer sind die Mitglieder der neuen Fraktion?
Zu der neuen Fraktion gehört erstens Tim Lochner, früher CDU-Stadtrat, dann Ende 2016 aus der Partei ausgetreten. Er trat als Einzelkandidat für die Pirnaer Oberbürgermeister-Wahl 2017 an. Im Stadtrat sitzt er seit seinem CDU-Austritt als fraktionsloser Abgeordneter. Im Januar gründeten er und weitere Mitstreiter die Wählervereinigung „Pirna kann mehr“.

Zweitens zählt Ulrich Kimmel zur neuen Fraktion, Stadtrat seit 2001. Kimmel war früher in der PDS, dann seit 2003 in der SPD, aus der er nach eigener Aussage am Mittwochabend ausgetreten ist. Verlassen habe er die Partei, sagt er, weil die SPD aus seiner Sicht seit Jahren völlig falsche Politikansätze verfolge. Seine politische Gesinnung habe sich dagegen kaum verändert. Er wolle sich weiter kommunalpolitisch engagieren – jetzt aber parteiunabhängig.

Dritter im Bunde ist Thomas Mache, ehemals CDU-Stadtrat, ausgetreten nach der für die Union verheerenden OB-Wahl 2017. Zunächst fraktionslos, schloss er sich später der Wählervereinigung „Wir für Pirna – Freie Wähler“ an, sieht nun aber bei „Pirna kann mehr“ größere inhaltliche Schnittmengen für sein kommunalpolitisches Engagement.

Welche Schwerpunkte will die Fraktion setzen?
Das Hauptaugenmerk liegt zurzeit auf dem geplanten Industriepark Oberelbe (IPO) am Pirnaer Feistenberg. Die Fraktion will in Kürze den Antrag stellen, dass der Stadtrat beschließen möge, dass es doch einen Bürgerentscheid zum IPO gibt. Alle drei sehen sich als Befürworter des Projekts, wollen aber, dass eine breite Bürgerschaft hinter dem neuen Gewerbegebiet steht. Mit dem Antrag, so die drei Stadträte, solle auch erreicht werden, dass das Rathaus in Sachen IPO künftig transparenter agiert.

Ulrich Kimmel will sich auch mit den Folgen des IPO auf Pirnas Infrastruktur beschäftigen – vor allem damit, wie steigende Kinderzahlen in Kitas und Schulen bewältig werden sollen. „Bei der Anzahl der Plätze muss Pirna noch eine Schippe drauf legen“, sagt er. Auch will er erreichen, dass Pirna Bauland schneller entwickelt als bisher. Lochner will sich dafür einsetzen, dass an der Grohmannstraße ein neues Parkhaus entsteht. Und Maches Anliegen ist es, Brennpunkte in Pirna zu thematisieren und zu entschärfen. Alkoholverbote, sagt er, seien schon gute Ansätze, würden aber die Ursachen nicht bekämpfen.

Warum kooperiert PKM mit der „Blauen Wende“?
Frauke Petry sieht in ihrem Bürgerforum „Blaue Wende“ eine Basis für Menschen, die sich parteiunabhängig engagieren wollen. „PKM ist für mich ein gutes Beispiel, dass Politik anders funktionieren kann, als bislang“, sagt sie. Man wolle sich künftig „abseits verkrusteter Parteistrukturen“ um inhaltliche Dinge kümmern, mit einer persönlichen Vertrauensbasis, die es bei Parteien nicht gebe. Inhaltlich, sagt Lochner, gebe es zwischen PKM und Blauer Wende viele Schnittpunkte. „Was uns eint, ist ein Forum, das Sacharbeit unabhängig von Parteigrenzen machen will“, sagt er. „Pirna kann mehr – Blaue Wende“ will in dieser Konstellation auch 2019 zur Kommunalwahl antreten.

Wie wirkt sich die neue Fraktion auf den Stadtrat aus?
Die Fraktion SPD/Grüne verliert zunächst ihren Fraktionsstatus, da sie nur noch zwei Abgeordnete hat. Bleibt es dabei, verliert sie auch die Sitze in den drei großen Ausschüssen an die neue Fraktion. Schließt sich die SPD allerdings einer anderen Fraktion an, muss die Sitzverteilung noch einmal neu überdacht werden.